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Schwäbische Zeitung: Überraschender Papst

Ravensburg (ots)

Dieser Papst polarisiert wie kaum ein anderer zuvor. Anhänger wie Gegner von Franziskus spekulieren, hoffen oder fürchten gar, dass er die katholische Kirche langfristig verändern könnte.

Die ersten zwei Jahre seines Pontifikats waren in jeder Hinsicht überraschend. Nach außen besticht Franziskus mit seiner Bescheidenheit und seiner Warmherzigkeit, aber auch mit der Strenge, die er gegen Geistliche aufbringt, die in seinen Augen selbstgefällig ihre Aufgaben wahrnehmen. Nach innen stößt der Jesuit auf Widerstand und Unverständnis. Die offene Kritik an der Kurie wird dort als unklug und ungerecht verstanden.

Der Argentinier, der sich am wohlsten in der Rolle des Seelsorgers fühlt, wirkt wie ein Popstar, dem selbst verunglückte Äußerungen nicht übel genommen werden. Sei es das "würdevolle" Schlagen von Kindern oder dass sich Katholiken nicht am Fortpflanzungstrieb von Kaninchen orientieren sollten.

Die Kommunikationsexperten im Vatikan werden nervös, wenn sich der Papst einem Mikrofon nähert. Er stimmt sich selten ab, gilt als beratungsresistent, lässt sich spontan zu allem möglichen hinreißen. Papst Franziskus ist ein Mann, der dem Apparat, eben dieser Kurie, nichts abgewinnen kann. Er ist ein Mann aus Buenos Aires, der ganz nach der dortigen Mentalität, seinem Gegenüber direkt die Meinung sagt.

Doch es geht ihm nicht vordergründig um unbedachte Auftritte. Es geht Franziskus um deutlich mehr. Dieser Papst will eine tief greifende Veränderung der katholischen Kirche, er will eine Kurienreform. Die Kirche soll dienender werden, sie soll sich öffnen. Damit versucht Franziskus die Vertrauenskrise zu überwinden, in die die katholische Kirche aufgrund diverser Skandale, seien es die Missbrauchsverbrechen oder das Gebaren der Vatikanbank, geraten ist. Wo der Papst genau steht, dürfte im Herbst deutlich werden. Eine Bischofssynode feilt an der Lehre zu Ehe und Familie. Dann wird sich zeigen, ob Franziskus der vermeintlich progressive oder doch ein konservativer Papst ist.

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