Schwäbische Zeitung: Die Krim hat alles verändert - Leitartikel
Ravensburg (ots)
Russland entzweit unsere Gesellschaft. Als die Krim vor einem Jahr von russischen Spezialeinheiten überrannt wurde, ahnte niemand, wie sehr Wladimir Putin die westlichen Gesellschaften polarisieren würde. In Deutschland ist die Debatte zuweilen hitzig, leider von wenigen mit Leidenschaft geführt, von vielen anderen aber mit Schaum vorm Mund.
Wenn wir über Russland und Putin sprechen, ist zu klären, wie wir mit russischer Manipulation und Propaganda umgehen. Der oft destruktive deutsche Streit um Russland ist durchaus im Sinne Putins. Ein Jahr nach der Okkupation der Krim stellt sich die Frage: Wollen wir das wirklich?
Natürlich muss in Deutschland über Russland und den Krieg in der Ukraine geredet werden, aber mit Blick auf die eigenen, deutschen wie europäischen Interessen. Der Krieg im Osten, vom Zaune gebrochen durch einen russischen Potentaten, der ernst genommen werden will, wirkt sich auf unser aller Leben und unsere Sicherheit aus. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland kosten Umsatz und Arbeitsplätze. Aber sie sind eines der wenigen Mittel, die Putin versteht. Geht der Krieg im Osten weiter, ist mit Flüchtlingsbewegungen zu rechnen. Fliehende Ukrainer werden nach Polen und Deutschland kommen, ihre Traumata und ihre Konflikte bringen sie mit.
Wir werden Russland nicht ändern, und Putin ist, wie er ist. Für die einen ein Nationaler, für die anderen ein ruchloser Diktator. Wichtiger ist doch die Frage, wie die Fehler der Vergangenheit zu vermeiden sind, die Brüssel und Berlin begangen haben. Es gibt viele gute und logische Gründe, gegen Putin und sein aggressives Russland zu sein. Nur, um das zu zeigen, braucht es keinen Kuschelkurs mit ukrainischen Oligarchen wie Präsident Petro Poroschenko. Wenn die Ukraine mit Milliarden Euro und Militärausbildern gestärkt wird, ohne sie zu kontrollieren, wäre das ein schlechtes Zeichen. Eine Politik, bei der der Feind meines Feindes einmal mein Freund sein muss, ist mit einem modernen Europa nicht zu vereinbaren.
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