Schwäbische Zeitung: "Karte mit Flüchtlingsheimen ist widerwärtig" - Leitartikel
Ravensburg (ots)
"Hetzer", "Bauernfänger", "Brandstifter": Im sozialen Netzwerk Facebook schreibt eine stetig größer werdende Gruppe gegen eine rechtsextreme Kleinst-Partei an. Diese hat bei Google eine interaktive Karte veröffentlicht und Gleichgesinnte dazu aufgerufen, die Standorte von Asylbewerberheimen in Deutschland zu markieren. Tausende Menschen haben die Karte bei Google als "volksverhetzend" gemeldet. Fraglich ist, ob das etwas nützt.
Denn: Rechtlich ist den Demagogen wegen der Karte kaum beizukommen. In ihrem Erklärtext sprechen sie sich gegen Asylmissbrauch aus. Von einer konkreten Anstiftung zu Übergriffen auf die Heime ist nichts zu lesen. Wie so oft reizen die Extremisten sprachliche Grenzen aus. Was geistig Umnachtete mit den Informationen machen? Da hält sich die Partei offiziell raus - wohlwissend, welche Saat sie da gesät hat.
Dass die Karte ein widerwärtiges Zeugnis von Fremdenfeindlichkeit ist, liegt auf der Hand. Wer an der eigentlichen Intention der Partei zweifelt, der sollte sich auf deren Homepage mal das "Zehn-Punkte-Programm" durchlesen. Dort nutzen die Rechtsextremen reinstes Nazi-Vokabular, geben unter anderem einen Leitfaden an die Hand, wie man "die Errichtung eines Asylantenheims verhindert". Von daher ist es gut, diesem braunen Gedankengut entschieden entgegenzutreten. Und wenn es erst mal nur mit dem Melden einer Karte geschieht.
Gefordert sind aber nun auch die Googles und Facebooks dieser Welt. In anderen Fällen, wie beispielsweise der "APO-Kampagne" der Jungen Liberalen, bei der sich Nachwuchs-FDPler im vergangenen Jahr mit entblößtem Hinterteil für Freiheitsrechte eingesetzt haben, greifen die US-Internet-Giganten schließlich auch schnell durch und sperren. Spätestens im Vergleich zu der Google-Karte wirkt dieses Vorgehen geradezu lächerlich.
All jenen, die die Karte verteidigen oder gar selbst Markierungen vornehmen, sei gesagt: Wer Demagogen blind folgt, ohne hinter die Fassade zu blicken, macht sich mitschuldig.
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