Schwäbische Zeitung: Empört euch weniger - Leitartikel zur AfD
Ravensburg (ots)
Seit Monaten herrscht regelmäßig große Aufregung gleichermaßen in den Kommentarspalten wie in den sozialen Netzwerken der Republik. Zu Recht eigentlich, denn die ständigen Provokationen der Parteivorderen der Alternative für Deutschland (AfD) können, ja müssen all jene aufregen, die an ein offenes, an ein freies, an ein nach vorne orientiertes Land glauben. Und doch ist es ratsam und an der Zeit, nicht jede Einlassung und jeden Ausfall von Frauke Petry, Alexander Gauland, Björn Höcke oder anderen aus der AfD zu hoch zu hängen. Man geht ihnen sonst auf den Leim.
Mit Eifer stürzen sich die Gegner der AfD darauf, wenn Petry die im sozialen Netzwerk Facebook annoncierte Pilgerreise des Fußballers Mesut Özil süffisant kommentiert. Oder wenn Gauland - bewusst oder unbewusst - Slogans aus der Neonaziszene wie "Heute sind wir tolerant und morgen fremd im eigenen Land" gutheißt. Oder wenn Höcke laut "FAZ" der Bundeskanzlerin einen "Zivilisationsbruch historischen Ausmaßes" vorwirft - mit dem Begriff ordnet die Geschichtswissenschaft den Holocaust ein. Aus der Häufung solcher Aussagen ist vielleicht zu schließen, wes Geistes Kind die AfD-Granden sind. Ganz bestimmt zeigt sich vor allem aber immer klarer, welche Strategie sie verfolgen: Sie wollen die lautstarke Empörung ihrer Gegner, sie wollen zornig attackiert werden, sie wollen, dass auch ihre Gegner dabei das Maß verlieren. Sie wollen sich vor ihren potenziellen Wählern als Verfolgte stilisieren. So etwas kommt bei den eigenen Leuten gut an. So etwas verhärtet die Fronten. So etwas macht unter Umständen am Ende gar erfolgreich. Gelernt hat die AfD dieses Vorgehen unter anderem von der österreichischen FPÖ oder dem französischen Front National.
Politiker, Kommentatoren und Netzaktivisten sind deshalb gut beraten, den Provokationen der AfD mit kühlem Kopf zu begegnen. Mit Zahlen, Daten, Fakten, mit stringenter Analyse. So ist vielleicht keine Kommunikation mit den Chefprovokateuren möglich, aber vielleicht eine unaufgeregte Auseinandersetzung mit Teilen ihrer Anhänger.
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