Schwäbische Zeitung: Der Mann für die scharfen Töne - Leitartikel zu Äußerungen Strobl
Ravensburg (ots)
Was hat er sich wohl dabei gedacht, der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl? Quasi aus dem Nichts heraus prescht er mit einem Thesenpapier zur Flüchtlingspolitik vor, in dem die einen die vergiftete Handschrift der AfD erkennen, die anderen einen notwendigen Kompass für die Unionsparteien. Die Eingangsfrage lässt sich jedoch sehr einfach beantworten: Der Wahlkampf hat begonnen.
Weniger der Innenminister des Südweststaats hat die Initiative ergriffen, eher der stellvertretende CDU-Chef Thomas Strobl. Und man darf getrost davon ausgehen, dass sein Papier mit der Chefin abgesprochen war. Denn selbstverständlich braucht Angela Merkel im Wahlkampf einen, der das Politikthema innere Sicherheit als Kernkompetenz der CDU herausarbeitet und vertritt. Und sie braucht jemanden, der in der Flüchtlingspolitik den Law-and-Order-Part übernimmt, also - salopp formuliert - den harten Hund gibt. Im Prinzip waren alle deutschen Innenminister so gestrickt. Man erinnere sich nur an Otto Schily, der es vom linken RAF-Anwalt zum Bundesinnenminister gebracht hatte und in dieser Rolle für Freund und Feind nicht wiedererkennbar war.
Thomas Strobl ist ein mit ziemlich vielen Wassern gewaschener Profi und Partei-Stratege. Er weiß deshalb sehr wohl, dass viele seiner Vorschläge an rechtlichen und tatsächlichen Hürden scheitern werden. Er weiß auch, dass man in seiner Tonalität eine prekäre Nähe zu dem entdecken kann, was aus der AfD-Ecke tönt. Natürlich will er Wähler, die zwischen Union und AfD schwanken, für seine Partei gewinnen oder zurückgewinnen. Das ist legitim. Und es ist immer noch besser, die scharfen Töne kommen von einem, der in eine große Volkspartei eingebunden ist, als von politischen Hasardeuren. Populismus? Man mag die Worthülse nicht mehr hören. Wer Thomas Strobl jedoch Herzlosigkeit vorhält, sollte bedenken: Das Anforderungsprofil an einen Innenminister unterscheidet sich von dem eines Caritas-Direktors.
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