Schwäbische Zeitung: Schande für die Weltgemeinschaft - Leitartikel zu Syrien
Ravensburg (ots)
Kriegsverbrechen lohnen. Der syrische Präsident Baschar al-Assad kann zufrieden sein. Vor Kurzem musste er noch seinen Sturz befürchten, nun sind er und seine Schergen in Aleppo siegreich. Mag Assad im Westen weitgehend geächtet sein, er hat keine Konsequenzen für die Gräueltaten zu befürchten, die er zu verantworten hat. Gemeinsam mit Russland und Iran zermalmt er seine Feinde. Moskau hat im Weltsicherheitsrat alles dafür getan, dass die internationale Gemeinschaft seit Jahren handlungsunfähig ist. Die Ohnmacht der Vereinten Nationen und auch von Europa ist greifbar, Appelle verhallen ungehört.
Wahrscheinlich kann nur noch um Gnade für die letzten Überlebenden der Hölle von Aleppo gebettelt werden und vielleicht erbarmen sich jetzt tatsächlich die Zyniker im Kreml und ermöglichen den Abzug. Eine sofortige Waffenruhe wäre für die Assad-Koalition kein militärisches Risiko mehr. Die Feuerpause bietet aber die Chance für Tausende von Zivilisten, dem Tod für das Erste zu entrinnen. Deshalb flehen die syrischen Weißhelme die Welt um Hilfe an. 24 Stunden - so die Aussagen dieser Menschenretter - bräuchte man, um mit Bussen und Lastwagen die Zivilisten aus dem Inferno herauszubekommen.
Die Schande der sogenannten Weltgemeinschaft ist nicht mehr zu steigern. Sie schaut seit Jahren live zu und betrauert pflichtschuldig die Massaker ("Kernschmelze der Menschlichkeit"). Dass der Stellvertreter-Krieg in Syrien gestoppt werden könnte, aber weder Amerikaner und Russen, noch Saudi-Arabien oder Iran dafür bereit sind, wird verschwiegen. Ausreden gibt es schon lange nicht mehr. Daran sollte erinnert werden, wenn in ein paar Jahren Gedenkveranstaltungen organisiert werden, die das tausendfache Leiden und Sterben von unschuldigen Menschen in Aleppo thematisieren. Eine solche Heuchelei wird zum Himmel stinken. "Entscheidungen des zivilen Anstands", wie sie der Papst jüngst gefordert hat, sind nicht zu sehen. Dem Drama von Aleppo werden noch viele folgen.
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