Schwäbische Zeitung: An der Realität vorbei - Kommentar zu Abschiebungen nach Afghanistan
Ravensburg (ots)
Vor Reisen nach Afghanistan wird dringend gewarnt. Wer dennoch reist, muss sich der Gefährdung durch terroristisch oder kriminell motivierte Gewaltakte bewusst sein." Es bedarf keines großen Recherche-Aufwandes, um diese Einschätzung des Auswärtigen Amtes zur Sicherheitslage in Afghanistan im Internet zu finden. Doch der Bundesinnenminister scheint davon keine Kenntnis zu haben. Sonst müsste man ja Thomas de Maizière Zynismus unterstellen, wenn er Menschen dorthin abschieben lässt.
Der Innenminister begründet seine Aktion mit angeblich sicheren Gegenden in Afghanistan. Doch das ist ein Scheinargument. Die Sicherheitslage im Land ist nach wie vor schlecht, jährlich sterben mehrere Tausend Zivilisten eines gewaltsamen Todes. Doch anders als andere Länder hat sich Afghanistan bereit erklärt, abgelehnte Asylbewerber zurückzunehmen. Im Gegenzug fließt viel Geld an den Hindukusch. Das nennt sich dann wohl Realpolitik.
Die Flüchtlingskrise ist der Bundesregierung offensichtlich dermaßen über den Kopf gewachsen, dass sie bereit ist, auf rechtsstaatliche Verfahren politischen Einfluss zu nehmen. Humanitäre Kriterien werden zweitrangig, wenn es darum geht, Flüchtlingen aus Afghanistan zu signalisieren, dass sie am besten zu Hause bleiben sollen.
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