Schwäbische Zeitung: Eine vertane Chance - Leitartikel zur EU-Abgasregel
Ravensburg (ots)
Das Schicksal des einst bedeutendsten Foto-Konzerns der Welt als Menetekel: Kodak verschlief den Trend zur Digitalfotografie und versank in der Bedeutungslosigkeit. Im Hinblick auf dieses Beispiel könnte sich die Entscheidung der Europäischen Kommission, die geplanten Abgasregeln auf Drängen der Autoindustrie im letzten Moment zu verwässern, als gefährlicher Bummerang erweisen. Denn die Konkurrenz in den Vereinigten Staaten und vor allem in China investiert schon jetzt massiv in die Entwicklung von Elektroantrieben. Peking hat sogar eine verbindliche Quote für emissionsarme Autos beschlossen, die von 2019 an gelten soll.
Die Autoindustrie hat in der Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen: Ohne Druck von außen wird sie sich nicht verändern - geschweige denn dazu bereit sein, sich vom so lukrativen Verbrennungsmotor zu verabschieden. Vielmehr haben die Topmanager der Autobauer klare Vorgaben, Regeln und Gesetze eher als nicht bindende Diskussionsanregung betrachtet und alles daran gesetzt, sie illegal oder halb legal zu umgehen.
Nicht nur, dass die Einhaltung der selbstauferlegten Ziele des Pariser Klimaabkommens nun noch unrealistischer wird, die Europäische Kommission hat auch eine Chance vertan, indem sie die Flottenvorgaben für Kohlendioxidemissionen entschärft und auf eine verbindliche Quote für emissionsfreie Autos verzichtet hat. Strengere Vorgaben mit einer verbindlichen Kontrolle wären möglich gewesen - und hätten die Autobauer zu mehr Anstrengungen gezwungen. Anstrengungen, die auf lange Sicht die zwölf Millionen Jobs in der europäischen Autoindustrie nachhaltiger gesichert hätten. Jobs, die immerhin für vier Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung stehen.
Automobilexperte Ferdinand Dudenhöfer führt die Tatsache, dass die deutschen Autobauer heute weltweit die besten Spritsparsysteme bauen, auf die Einführung von Abgasregeln zurück. Seine Folgerung: Der Elektropionier Tesla hätte eine deutsche Firma sein können, wenn der Gesetzgeber die Vorgaben damals strenger gemacht hätte.
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