Schwäbische Zeitung: Auf dem Rücken der Tiroler - Leitartikel zu Brennerroute
Ravensburg (ots)
Anlieger an der Brennerroute zu sein, hat etwas mit Masochismus zu tun: Tag für Tag lässt man sich von immer mehr Verkehr quälen. Keine alpine Verkehrsroute ist mehr frequentiert. Bizarr dabei erscheint, dass diese Feststellung auch schon seit Jahrzehnten gilt. Zu einer entscheidenden Entlastung der Menschen entlang der Strecke ist es aber nicht gekommen. Auch der Brenner-Gipfel von Montagnachmittag verspricht keine rasche Abhilfe. Da kann Tirols Landeshauptmann Günther Platter noch so viel Druck machen.
Ungünstig für ihn, dass beim Brenner viele mitmischen. Seinen Südtiroler Kollegen Arno Kompatscher kann er noch gut mitnehmen. Gerade das Eisacktal südlich des Brenners ist auch nichts anderes als ein Brennpunkt verfehlter Verkehrspolitik. Von überbordender Bedeutung für die Tiroler Alpentransitfrage sind aber die Deutschen. Ihnen geht es um freie Fahrt durchs Gebirge. Güter müssen vorwärts kommen. So bleibt die Wirtschaft am Rotieren. Weshalb der deutsche Verkehrsminister Christian Schmidt bereits knallhart betont hat, jede Behinderung des Verkehrs durch Tirol verstoße gegen den EU-Grundsatz des freien Warenverkehrs.
Womöglich nervt den CSU-Politiker aber auch, wenn es lange Rückstaus in den weiß-blauen Freistaat gibt. Dann protestieren plötzlich die eigenen Leute. Dies mag schwerer wiegen als Aufstände der Tiroler. Denen bleibt bei realistischer Betrachtung nur noch die Hoffnung auf das Fertigstellen des Brennerbasis-tunnels. In acht Jahren soll es soweit sein. Dummerweise ist aber kein glaubwürdiges Konzept absehbar, wie möglichst viel Güter wirklich auf die Schiene zu bringen sind.
Die Bayern haben noch nicht einmal einen Plan für den Ausbau der Zulaufstrecke von München Richtung Tiroler Inntal und Brenner. Von ihrer Seite heißt es, die bisherige Kapazität würde ausreichen. Wenn der Verkehr auf der Straße gehalten werden soll, liegen sie vielleicht sogar richtig. Ausbaden müssen es vor allem die Tiroler und Südtiroler in ihren engen Tälern.
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