Fraunhofer Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF
Mit Halbleiter-Scheibenlasern zum Quanteninternet
Quantencomputer vernetzen und ihre Leistungsfähigkeit erhöhen, Kommunikationskanäle abhörsicher verschlüsseln oder Atomuhren synchronisieren, um hochgenaue Zeitmessungen für Satellitennavigation oder wissenschaftliche Experimente durchzuführen: Das Quanteninternet verspricht signifikante Verbesserungen in verschiedenen technologischen Schlüsselbereichen. Um das Quanteninternet im bestehenden Glaserfasernetz zu realisieren, sind jedoch Quantenfrequenzkonverter nötig, die die Wellenlänge von Photonen an das Telekomband (1550 nm) anpassen können. Das Fraunhofer IAF hat einmodige GaSb-Scheibenlaser mit Bestwert-Ausgangsleistungen von bis zu 2,4 W entwickelt, die als rauscharme Pumpquelle Quantenfrequenzkonversion ermöglichen.
Weltweit schreitet der Glasfaserausbau voran, wodurch nicht nur die Bandbreite herkömmlicher Internetanschlüsse steigt, sondern auch die Realisierung eines globalen Quanteninternets näher rückt. Das Quanteninternet kann dazu beitragen, das Potenzial bestimmter Technologien voll auszuschöpfen. Dazu gehören wesentlich leistungsstärkeres Quantencomputing durch die Verknüpfung von Quantenprozessoren und -registern, sicherere Kommunikation durch Quantenschlüsselverteilung oder präzisere Zeitmessungen durch die Synchronisierung von Atomuhren.
Eine Hürde auf dem Weg bilden indes die Differenzen zwischen dem Glaserfaserstandard von 1550 nm und den Systemwellenlängen der verschiedenen, bisher realisierten Quantenbits (Qubits), die meist im sichtbaren oder nahinfraroten Spektralbereich liegen. Überwinden wollen Forschende diese Hürden mithilfe der Quantenfrequenzkonversion, die Frequenzen von Photonen gezielt verändern können und dabei alle anderen Quanteneigenschaften erhalten. Dadurch ist eine Umwandlung in den 1550-nm-Telekombereich für die verlustarme, langreichweitige Übertragung der Quantenzustände möglich.
Projekt »HiFi«: Enabling-Technologien für die Quantenfrequenzkonversion
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekt »HiFi – Hochintegrierter Quantenfrequenzkonverter höchster Fidelität auf Basis innovativer Laser-, Faser- und Produktionstechnologie« arbeiten Forschende deshalb an der Realisierung aller nötigen Technologien, um Quantenfrequenzkonverter (QFK) mit hoher Effizienz und geringem Rauschen für erste Teststrecken zur Verfügung zu stellen. Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF hat mit der erfolgreichen Entwicklung von Scheibenlasern (auch: vertical-external-cavity surface-emitting-laser, VECSEL) auf Basis von Galliumantimonid (GaSb) zum Projekt beigetragen. Es handelt sich um optisch gepumpte, oberflächenemittierende Halbleiterlaser mit externem Resonator und Intracavity-Filter für die Wellenlängenselektion.
2,4 W Ausgangsleistung bei unter 100 kHz absoluter Frequenzstabilität
»Die von uns im Rahmen von ›HiFi‹ entwickelten Scheibenlaser sind spektral schmalbandige Pumpquellen, die je nach verwendeter Ausgangswellenlänge der Qubits gezielt eine Wellenlänge zwischen 1,9 und 2,5 µm abdecken und bei einer Stabilität der absoluten Wellenlänge von unter 2 fm bis zu 2,4 W Ausgangsleistung erreichen. Das entspricht einer Frequenzstabilität von unter 100 kHz und unterschreitet klar die Frequenzstabilitätsklasse 1E-9. Dieses Ergebnis stellt einen internationalen Bestwert für diese Laser-Art dar«, erklärt Dr. Marcel Rattunde, »HiFi«-Teilprojektkoordinator und Abteilungsleiter für Optoelektronik am Fraunhofer IAF.
»Ermöglicht hat das Ergebnis die enge Kooperation mit dem Projektpartner MENLO Systems GmbH. Gemeinsam haben wir den Scheibenlaser auf einen Frequenzkamm gelockt, der wiederum an eine 10-MHz-Referenz gekoppelt war«, betont Rattunde.
Bei ihren Versuchen haben die Forschenden die Emissionswellenlänge exakt auf die Zielwellenlänge für Demonstrationsexperimente an der Faserstrecke der Universität des Saarlandes eingestellt (2062,40 nm), an die das Fraunhofer IAF das Lasermodul mittlerweile übergeben hat. Neben der Leistungsskalierung bilden das genaue Verständnis des Modenverhaltens der Laser sowie die Identifizierung und Elimination der Rauschquellen die wichtigsten Forschungsaufgaben des Fraunhofer IAF im »HiFi«-Projekt.
Quantenfrequenzkonversion mithilfe von Pumplasern
Bei der Quantenfrequenzkonversion wird durch einen Differenzfrequenzprozess in einem nichtlinearen optischen Kristall die Energie des Pumpphotons vom Signalphoton abgezogen. Um einen rauscharmen Prozess zu gewährleisten, muss dabei die Energie der Pumpphotonen unterhalb der Zielwellenlänge (meist 1550 nm) liegen, da sonst der Pumplaser durch parasitäre Effekte Photonen im Ausgangssignal erzeugen kann.
Die am Fraunhofer IAF entwickelten Scheibenlaser erfüllen in Kombination mit dem Frequenzkamm von MENLO die hohen Anforderungen der Quantenfrequenzkonversion, da ihre Schmalbandigkeit und Wellenlängenstabilität Fluktuationen der Pumpwellenlänge und folglich Veränderungen der Zielwellenlänge der Qubits verhindern. Bei einer Abweichung oberhalb der natürlichen Linienbreite wäre die Ununterscheidbarkeit der Qubits nicht mehr gegeben, wodurch eine Grundvoraussetzung für die nachfolgende quantenmechanische Verarbeitung wegfiele.
Fraunhofer IAF auf der Photonics Europe 2024
Vom 7. bis 11. April 2024 präsentieren Forschende des Fraunhofer IAF ihre neuesten Forschungsergebnisse aus dem Bereich Optoelektronik bei der diesjährigen SPIE Photonics Europe in Straßburg. Über die »HiFi«-Projektergebnisse spricht Steffen Adler am 11. April um 14 Uhr in seinem Vortrag »High-power 2 μm GaSb-based VECSEL with an absolute wavelength stability below 1 MHz«.
Alle Präsentationen im Überblick:
- Marko Härtelt: »Multiplexed dual-core QCL-based sensor for real-time standoff-spectroscopy in crime scene investigations« (8. April, 16:30 Uhr, Schuman, Level 1)
- Thorsten Passow: »Optimization of AlGaAs-based Bragg-reflection waveguides for entangled photon sources« (9. April, 18:10 Uhr, Galerie Schweitzer, Level 0)
- Peter Holl: »Light Source based on Adiabatic Frequency Conversion in Whispering Gallery Resonators tailored for holographic metrology« (10. April, 10:00 Uhr, Rome, Level 0)
- Steffen Adler: »High-power 2 μm GaSb-based VECSEL with an absolute wavelength stability below 1 MHz« (11. April, 14:00 Uhr, Dresde/Salon 13, Level 1)
Weitere Informationen
Programm der SPIE Photonics Europe 2024: Browse the 2024 SPIE Photonics Europe programme
Optoelektronik am Fraunhofer IAF: Optoelektronik - Fraunhofer IAF
»HiFi«-Projektstreckbrief: HiFi - Fraunhofer IAF
Über das Fraunhofer IAF
Das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF ist eine der weltweit führenden Forschungseinrichtungen auf den Gebieten der III/V-Halbleiter und des synthetischen Diamanten. Auf Basis dieser Materialien entwickelt das Fraunhofer IAF Bauelemente für zukunftsweisende Technologien, wie elektronische Schaltungen für innovative Kommunikations- und Mobilitätslösungen, Lasersysteme für die spektroskopische Echtzeit-Sensorik, neuartige Hardware-Komponenten für Quantencomputer sowie Quantensensoren für industrielle Anwendungen. Mit seinen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten deckt das Freiburger Forschungsinstitut die gesamte Wertschöpfungskette ab – angefangen bei der Materialforschung über Design und Prozessierung bis hin zur Realisierung von Modulen, Systemen und Demonstratoren.
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Dr. Armin Müller Marketing und Kommunikation +49 761 5159-670 www.iaf.fraunhofer.de