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Neue Hunger-Zahlen für Somalia: Millionen Kinder akut gefährdet

Mogadischu/Nairobi (ots)

Trotz zahlreicher Hilfsaufrufe breitet sich der Hunger in Somalia immer weiter aus. Nach neuen Zahlen vom Dienstag könnten bis April mehr als eine halbe Million Kinder von schwerer akuter Mangelernährung betroffen sein, der gefährlichsten Form der Mangelernährung. Die Kinderrechtsorganisation Save the Children, die in Somalia seit mehr als 70 Jahren mit Projekten vor Ort ist, fordert eine dringende Aufstockung der finanziellen Mittel, um eine Hungersnot wie im Jahr 2011 zu verhindern.

"Seit mehr als einem Jahr warnen wir vor einer Katastrophe in Somalia und vor der Bedrohung, die dies für das Leben von Millionen von Kindern bedeutet", sagt Binyam Gebru, stellvertretender Länderdirektor von Save the Children in Somalia. "Dies ist eine der schlimmsten Krisen, die wir je erlebt haben. Fünf nacheinander ausgebliebene Regenzeiten haben dazu geführt, dass die Menschen keine Nahrung haben. Millionen weiterer Kinder sind von Mangelernährung, lebensverändernden Krankheiten und Tod bedroht."

Am Dienstag wurden die neuen sogenannten IPC-Daten veröffentlicht, die mit Hilfe eines Fünf-Stufen-Modells den Grad der Ernährungsunsicherheit einordnen. Demnach wird bis April 2023 die Hälfte der somalischen Bevölkerung, das heißt 8,3 Millionen Menschen, von einer Hungerkrise (IPC-Stufe 3 und höher) betroffen sein, darunter 1,8 Millionen Kinder. 513.500 Kinder werden laut der Prognose an schwerer akuter Mangelernährung leiden. Schon jetzt sind in Somalia 5,6 Millionen Menschen von akuter Ernährungsunsicherheit (mindestens IPC-Stufe 3) betroffen.

Die wesentlichen Gründe für die Ernährungskrise sind Dürren, die die Lebensgrundlage von Millionen von Menschen zerstört haben, sowie Konflikte, Vertreibungen und der Anstieg der Lebensmittelpreise.

Eine der am stärksten betroffenen Regionen Somalias ist Baidoa. Martina Dase, Kommunikationsleiterin von Save the Children Deutschland, hat dort Projekte besucht und mit Betroffenen gesprochen. Sie berichtet von den schwerwiegenden Auswirkungen der Mangelernährung:

"Noch ist keine offizielle Hungersnot für Somalia erklärt worden, aber Kinder sterben jeden Tag. In unserem Gesundheitszentrum in Baidoa spielen sich herzzerreißende Szenen ab. Da stehen schon früh morgens Mütter mit ihren mangelernährten Kindern auf den Armen, in langen Schlangen, in der Hoffnung, dass ihre Kinder behandelt werden können und sie Lebensmittel erhalten. Unsere Mitarbeitenden tun, was sie können, aber der Bedarf ist einfach zu groß. Das Schlimmste, was ich gesehen habe, sind die Kinder, deren Arme und Beine aussehen, als hätten sie schwerste Verbrennungen erlitten. Es sind aber keine Verbrennungen, es sind Zeichen der Hungerkrankheit Kwashiorkor. Solche Bilder habe ich das letzte Mal aus Biafra gesehen, das war 1967."

Die IPC-Übersicht mit den aktuellen Daten finden Sie hier.

Weitere Eindrücke aus Baidoa von Martina Dase:

Ein Friedhof für Kinder

"Wir waren dabei, wie es ein Kind nicht geschafft hat. Das ist in unserem Stabilisierungszentrum in Baidoa in diesem Jahr schon 700-mal passiert. Bei meinem letzten Besuch sind wir auf eine Grabstätte am Rande des Camps gestoßen, und haben dort 230 Kindergräber gezählt. Und das ist nur ein Friedhof, in einem der rund 500 Camps. So sieht die Realität dort aus."

Baidoa: Stadt des Todes - Stadt der Hoffnung

"Schon einmal, Anfang der 1990er Jahre, suchte eine verheerende Dürre Baidoa heim. Damals starben wohl eine halbe Million Menschen, Baidoa ging als 'Stadt des Todes' in die Geschichte ein. In der jetzigen Dürre ist Baidoa im Herzen Somalias erneut das Epizentrum der Hungerkrise. 600.000 Menschen leben aktuell in improvisierten Hütten, abgedeckt mit bunten Stoffresten und orangefarbenen Plastikplanen. Rund 500 Camps umringen die Stadt. Wenn man das von oben sieht, macht es einen sprachlos. Für die Menschen, die in langen, entbehrungsreichen Tagesmärschen vor der Dürre und dem anhaltenden Konflikt mit militanten Gruppen geflohen sind, ist die 'Stadt des Todes' die letzte Hoffnung, denn sie wissen, dass wir Hilfsorganisationen dort Zugang haben und unterstützen können."

Das gerettete Mädchen

"Es gibt auch Begegnungen, die zuversichtlich stimmen. Ich habe vor kurzem ein Mädchen getroffen, deren Rettung uns geglückt ist. Sie war im Juni von unseren Kollegen in einem lebensbedrohlichen Zustand mit Symptomen schwerster Mangelernährung entdeckt und buchstäblich in letzter Minute in ein Krankenhaus gebracht worden. Weil es überfüllt war, musste die Mutter mit Yasmine auf einer Matte unter einem Baum im Innenhof des Krankenhauses ausharren. Heute ist sie ein fröhliches Mädchen, das mit anderen Kindern im Camp spielt, wenn auch unter den dürftigsten Lebensumständen. Zu sehen, dass die kleinsten Mittel über Leben und Tod entscheiden, das macht mir Hoffnung, trotz allem."

Martina Dase (aktuell in Nairobi) und Binyam Gebru stehen für Interviews zur Verfügung. Bitte wenden Sie sich für Anfragen an unsere Pressestelle.

Über Save the Children

Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin und Kinderrechtlerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet, in der alle Kinder gesund und sicher leben sowie frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.

Pressekontakt:

Save the Children Deutschland e.V.
Marie-Sophie Schwarzer
Tel.: +49 (0)30 - 27 59 59 79 - 226
Mail: marie.schwarzer@savethechildren.de

Original-Content von: Save the Children Deutschland e.V., übermittelt durch news aktuell

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