Save the Children Deutschland e.V.
Bericht von Save the Children: 468 Millionen Kinder leben in Konfliktgebieten
Verbrechen an Kindern nehmen zu
Berlin/London (ots)
Kinder in Konfliktgebieten sind immer mehr Gefahren ausgesetzt. Im letzten Jahr wuchsen 468 Millionen Kinder weltweit in einer Konfliktregion auf und es wurden insgesamt 27.638 Verbrechen an Kindern dokumentiert - die höchste Zahl seit Beginn der Erfassung im Jahr 2005. Laut dem neuen Bericht " Krieg gegen Kinder: Kinder brauchen Frieden" von Save the Children waren die drei gefährlichsten Konfliktländer für Kinder die Demokratische Republik Kongo, Mali und Myanmar.
"Alle Kinder haben das Recht auf Schutz - ohne Wenn und Aber", sagt Florian Westphal, Geschäftsführer von Save the Children Deutschland. "Jedoch zeigt unser Bericht, dass immer mehr Kinder Opfer von schweren Verbrechen in Konfliktgebieten werden. Das ist nicht hinnehmbar. Hinzu kommt: Die Zahlen dürften durch aktuelle Ereignisse wie die Kämpfe im Sudan und im Gazastreifen weiter steigen. Kinder in Konflikten müssen vor Verbrechen geschützt werden und ihre Perspektiven und Stimmen müssen in Entscheidungen einbezogen werden. Wir dürfen nicht zulassen, dass diesen Kindern die Zukunft geraubt wird."
Afrika war der Kontinent, auf dem 2022 in absoluten Zahlen die meisten Kinder lebten, die von einem bewaffneten Konflikt betroffen waren (183 Millionen). Es folgten Asien (145 Millionen), Amerika (69 Millionen), der Nahe Osten (63 Millionen) und Europa (9 Millionen). Im Verhältnis ist der Anteil der von Konflikten betroffenen Kinder jedoch im Nahen Osten am höchsten: Hier lebte 2022 jedes dritte Kind in einem Konfliktgebiet.
"Wir haben jeden Tag Angst, schon das kleinste Geräusch erschreckt uns, selbst wenn nur ein Luftballon platzt. Das liegt am Knallen der Waffen und an den Explosionen, die es fast täglich gibt", sagt ein 14-jähriges Mädchen aus Burkina Faso, und sie ist damit nicht allein.
Im letzten Jahr wurden pro Tag durchschnittlich 76 Verbrechen an Kindern dokumentiert, was einem Anstieg von 13 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Die Länder, in denen die meisten dieser Verbrechen nachgewiesen wurden, waren die Demokratische Republik Kongo, die Palästinensischen Gebiete, Somalia, Syrien, die Ukraine, Afghanistan und der Jemen.
Die häufigsten Verbrechen an Kindern im Jahr 2022 waren die Tötung und Verstümmelung mit 8.647 dokumentierten Fällen. Die höchsten Opferzahlen stammen aus der Ukraine - dort wurden 477 Kinder getötet und 909 Kinder verstümmelt. Dahinter folgten die Palästinensischen Gebieten mit insgesamt 1.134 getöteten und verstümmelten Kindern, die meisten davon wurden im Gazastreifen verwundet (diese Zahlen schließen den aktuellen Nahost-Krieg nicht mit ein). Gegenüber 2021 stieg im vergangenen Jahr auch die Rekrutierung von Kindern und deren Einsatz durch Streitkräfte und bewaffnete Gruppen drastisch an - um 20 Prozent auf 7.610 Fälle. Die Zahl der dokumentierten Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser stieg von 2021 bis 2022 um 74 Prozent von 1.323 auf 2.308.
Save the Children ruft Regierungen weltweit dazu auf, Kinder in Konfliktgebieten vor schweren Verbrechen zu schützen und Verantwortliche für Kinderrechtsverletzungen zur Rechenschaft zu ziehen. Staaten und bewaffnete Akteure müssen die Regeln des humanitären Völkerrechts einhalten und dies von allen Konfliktparteien einfordern.
Zudem muss die Priorität darauf liegen, gegen die zunehmende Verweigerung von humanitärer Hilfe anzukämpfen. Drei Viertel aller Fälle seit 2005, in denen Hilfe verhindert wurde, ereigneten sich allein in den vergangenen fünf Jahren.
"Viel zu oft verhindern Kriegsparteien und ihre Unterstützer, dass die Hilfe jene Menschen erreicht, die sie am meisten brauchen, vor allem Kinder. Das muss ein Ende haben", betont Florian Westphal. "Klar ist auch: Der Bedarf an humanitärer Hilfe weltweit steigt. Das muss bei den Haushaltsberatungen berücksichtigt werden. Deutschland muss seiner Rolle als eines der wichtigsten Geberländer gerecht werden und die Gelder für humanitäre Hilfe erhöhen. Solidarität und Menschlichkeit dürfen keine Verhandlungsmasse sein."
Hinweise für die Redaktion:
- Save the Children stützt sich bei dem Bericht auf Daten des "Peace Research Institute Oslo" (PRIO) und des Uppsala Conflict Data Program's Georeferenced Event Dataset (UCDP GED) sowie auf eigene Analysen der Berichte des UN-Generalsekretärs zu Kindern und bewaffneten Konflikten (UN CAAC) von 2005 bis 2022. Anders als in den UN-Berichten wurden zusätzlich verifizierte Fälle der militärischen Nutzung von Krankenhäusern und Schulen bei den Verbrechen gegen Kinder aufgenommen. Es handelt sich bei den Zahlen um Schätzungen, außer bei der Zahl der dokumentierten Verbrechen an Kindern.
- Unter einem Konfliktgebiet versteht der Bericht den Bereich im Radius von 50 Kilometern um einen Ort, an dem in einem Jahr mindestens ein Konfliktereignis stattfand, also eine Einzelsituation mit Toten - entweder durch die Auseinandersetzung zwischen bewaffneten Gruppen oder durch einen Anschlag auf die Zivilbevölkerung durch eine oder mehrere Gruppen.
- In diesem Jahr hat der internationale humanitäre Sektor nur ein Drittel der benötigten Gelder erhalten. Für das Jahr 2024 rufen die Vereinten Nationen zu 46,4 Milliarden Dollar auf, um 180,5 Millionen Menschen in 72 Ländern mit humanitärer Hilfe zu unterstützen.
Zusatzmaterial zum Download:
- Den Bericht im Original können Sie hier herunterladen.
- Die wichtigsten Fakten stehen Ihnen hier auf Deutsch zur Verfügung.
- Detaillierte Daten und Informationen finden Sie hier (aktualisiert ab 14.12.2023): https://data.stopwaronchildren.org
Über Save the Children
Im Nachkriegsjahr 1919 gründete die britische Sozialreformerin und Kinderrechtlerin Eglantyne Jebb Save the Children, um Kinder in Deutschland und Österreich vor dem Hungertod zu retten. Heute ist die inzwischen größte unabhängige Kinderrechtsorganisation der Welt in rund 120 Ländern tätig. Save the Children setzt sich ein für Kinder in Kriegen, Konflikten und Katastrophen. Für eine Welt, die die Rechte der Kinder achtet, in der alle Kinder gesund und sicher leben sowie frei und selbstbestimmt aufwachsen und lernen können - seit über 100 Jahren.
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