Agrarpaket der Bundesregierung - Bewertung aus Sicht der Genossenschaften
Agrarpaket der Bundesregierung - Bewertung aus Sicht der Genossenschaften
Paket mit wenig Licht und viel Schatten
- Gewinnglättung kann nur ein erster Schritt sein. Denn mit den Agrargenossenschaften profitiert ein großer Teil der ostdeutschen Landwirtschaft nicht von den neuen Regelungen.
- Eingriff in funktionierende Genossenschaftsstrukturen in der Landwirtschaft (Art. 148 GMO) wird abgelehnt.
- Konsequenter Bürokratieabbau ist gut. Die Wirksamkeit muss sich in der Umsetzung zeigen. Es fehlt vor allem ein Auflagenmoratorium.
- Gesamtentlastung reicht nicht aus.
Fazit zum Agrarpaket der Ampelregierung nach einem genossenschaftlichen Schnellcheck: Die enthaltenen Verbesserungen sind ein Ergebnis des langen Atems der landwirtschaftlichen Verbände. In der Gesamtbilanz ist das Paket unzureichend. Das Genossenschaftsmodell in der Landwirtschaft wird weiterhin nicht verstanden.
Auf das von der Bundesregierung vorgestellte Agrarpaket wurde lange gewartet. Es finden sich Punkte darin wieder, die der Genoverband e.V. schon seit Jahren fordert. Aus Sicht des Verbandes stoßen vor allem zwei Regelungen auf Unverständnis:
- Die angekündigte Gewinnglättung geht nicht weit genug und gilt nicht für alle Betriebsformen, wie z.B. Agrargenossenschaften.
- Die Maßnahmen reichen bei weitem nicht aus und greifen mit Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung in gut funktionierende Genossenschaftsstrukturen ein.
Die landwirtschaftlichen und Agrargenossenschaften fordern dringende Nachbesserungen.
Als Prüfungsverband und Experte für Wirtschaftsprüfung und Steuern fordert der Genoverband e.V. seit Jahren, die Schwankungen im Unternehmensergebnis über mehrere Jahre zu betrachten. Andenfalls werden selbst in guten Jahren Investitionen verhindert und Betriebe durch hohe Steuervorauszahlungen in Folgejahren in ihrer Liquidität deutlich geschwächt. „Jeder in der Landwirtschaft weiß, dass auf gute Jahre schlechte folgen. Wer kann, sorgt für angespannte Zeiten vor. Eine Verteilung der Gewinne auf mehrere Perioden ermöglicht eine verantwortliche, wirtschaftliche Unternehmensführung und Investitionen in die Betriebe. Deswegen fordern wir seit Jahren eine echte Risikoausgleichrücklage”, sagt Marco Schulz, Wirtschaftsprüfer und zuständiges Vorstandsmitglied beim Genoverband e.V. für Agrargenossenschaften in den ostdeutschen Bundesländern.
„Die Agrargenossenschaften werden bei der Gewinnglättung nicht berücksichtigt – eine deutliche Ungleichbehandlung im Vergleich zu Einzellandwirten. Als Verband werden wir die nun vorgesehene Neuregelungen genau in den Blick nehmen und auf Korrekturbedarf hinwirken. Es ist nicht hinnehmbar, dass mit den Agrargenossenschaften große Teile der ostdeutschen Landwirtschaft von der Gewinnglättung nicht profitieren können. Die Gewinnglättung kann auch nach einer Ausweitung auf Agrargenossenschaften nur ein erster Schritt sein. Denn den Wegfall der Dieselbeihilfe hebt sie nicht im Ansatz auf“, so Schulz weiter.
Dass die Bundesregierung den Abbau der Bürokratie konsequent aufgreift, begrüßen alle. Was fehlt, ist ein tatsächliches Auflagenmoratorium, um den Bürokratiewahnsinn für die Zukunft zu unterbinden. Mit unseren Mitgliedern und Partnerverbänden haben wir Hemmnisse und Absurditäten gesammelt und an die Politik gegeben. Bürokratie hält die landwirtschaftlichen Betriebe von ihrer eigentlichen Aufgabe ab. „Dass wir in Deutschland besonders gut darin sind, Auflagen zu erfüllen und überzuerfüllen, ist kein Geheimnis. Die Ankündigung der Bundesregierung stimmt uns erwartungsvoll. Wie so oft kommt es auf die Qualität und Konsequenz in der Umsetzung an“, sagt Peter Götz, zuständiges Vorstandsmitglied beim Genoverband e.V. für die landwirtschaftlichen Genossenschaften.
Aus genossenschaftlicher Sicht ist der angekündigte Eingriff in die gut funktionierenden und seit Jahrzehnten praktizierten Genossenschaftsstrukturen schwierig nachzuvollziehen. Landwirte sind in Genossenschaften organisiert. Als Eigentümer bestimmen sie die Regeln und Geschäftsstrategie der Genossenschaft mit. Mit der nationalen Umsetzung vom Artikel 148 der Gemeinsamen Marktordnung soll diese Praxis nun verändert werden. Die Bundesregierung meint, darüber die Position der Landwirte in der Wertschöpfungskette zu stärken. Hier zeigt sich, dass die Politik die Strukturen von Genossenschaften schlicht nicht versteht. Landwirte treffen Entscheidungen in den Genossenschaften, die die Mehrheit befürwortet. Ein urdemokratisches Vorgehen, das die Ampelregierung als problematisch ansieht. „Genossenschaften sind ein Modell, das die Stellung der Landwirte stärkt, sagt Götz. „Dass die Politik nun hier eine Schwächung sieht, ist für uns schwierig nachzuvollziehen.”
Als Genoverband e.V. vertreten wir aus der Landwirtschaft über 500 Agrargenossenschaften und mehr als 400 landwirtschaftliche Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften.
Die Agrargenossenschaften prägen als Mehrfamilienbetriebe die Landwirtschaft in Ostdeutschland maßgeblich. Über 19.000 landwirtschaftliche Mitglieder sind als Mitunternehmer aktiv. Sie bieten vielen Mitgliedern und Beschäftigten einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz und leisten einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung der ländlichen Räume.
Die landwirtschaftlichen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften verstehen sich als Dienstleistungsunternehmen der Landwirtschaft. Sie verwerten die gesamte Bandbreite der tierischen und pflanzlichen Erzeugnisse. Sie bündeln Angebot und Nachfrage in der Landwirtschaft und stärken so die Marktstellung ihrer Mitglieder gegenüber Handel und Industrie. Ihre Mitglieder – und damit ihre Eigentümer – sind Landwirte, Fischer, Gärtner und Winzer.
Es gilt unser Datenschutzhinweis: https://www.genoverband.de/datenschutz/ Mit freundlichen Grüßen i. V. Daniel Illerhaus
Genoverband e.V.
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