Fahranfänger: Wer während der Fahrt mit dem Handy in der Hand telefoniert, fährt wahrscheinlich häufiger auch betrunken
Fahranfänger: Wer während der Fahrt mit dem Handy in der Hand telefoniert, fährt wahrscheinlich häufiger auch betrunken
Junge Fahranfängerinnen und Fahranfänger, die während der Fahrt das Smartphone zum Telefonieren in der Hand halten, fahren wahrscheinlich auch häufiger unter Alkohol- oder Drogeneinfluss, ohne Führerschein oder über rote Ampeln. Das hat eine repräsentative Studie der TH Köln und der Universität Limerick (Irland) unter 700 jungen Autofahrerinnen und Autofahrern in Deutschland ergeben.
„Durch unsere Studie sind wir auf eine Kohorte von Befragten gestoßen, die verschiedene Arten von hochriskantem Verhalten an den Tag legen. Ausgegangen sind wir von jungen Fahrerinnen und Fahrern, die angaben, dass sie während der Fahrt mit dem Handy in der Hand telefonieren. Anschließend haben wir geschaut, ob diese Personen auch häufiger andere problematische Fahrverhalten aufweisen“, erläutert Tim Jannusch vom Institut für Versicherungswesen (ivwKöln) der TH Köln.
Die Studie weist darauf hin, dass junge Fahrer, die während der Fahrt telefonieren, auch häufiger unter Alkohol- oder Drogeneinfluss fahren, rote Ampeln ignorieren und mit mehr Passagieren fahren als Sicherheitsgurte vorhanden sind. Zudem gab fast die Hälfte (44 Prozent) aller Befragten in der Studie an, ihr Smartphone zu verstecken, wenn sie es während der Fahrt benutzen. „Neben der eigentlichen Aktivität am Smartphone kommt das Verbergen der Nutzung als weitere Ablenkung hinzu. Was ohnehin schon riskant sein kann, wird dadurch potenziell noch lebensbedrohlicher“, so Michaele Völler, Leiterin der Forschungsstelle Versicherungsmarkt am ivwKöln.
Nach Ansicht des internationalen Forschungsteams der TH Köln und der Universität Limerick könnten Verkehrssicherheitsbehörden auf der Grundlage dieser Ergebnisse Informationskampagnen gezielt auf die jüngere Klientel ausrichten. „Unter anderem müssen wir erreichen, dass die Nutzung des Handys während der Fahrt als sozial inakzeptabel angesehen wird und jüngere Fahrerinnen und Fahrer sich nicht gezwungen fühlen, zum Beispiel auf eine WhatsApp zu reagieren“, sagt Jannusch. Darüber hinaus könnten die Studienergebnisse dazu genutzt werden, nutzungsbasierte Autoversicherungen weiter an die Kohorte der hochriskanten Personen anzupassen und diese mit finanziellen Anreizen und gezieltem Feedback zu einer vorsichtigen Fahrweise zu motivieren.
Das Smartphone als Musikanlage
Ein ebenfalls hoher Anteil von mehr als 55 Prozent aller Befragten gibt an, mit dem Smartphone etwa Musik-Titel zu suchen oder zu wechseln – eine Aktivität die ebenfalls mit einem hohen Grad an Ablenkung verbunden ist. „Dieses Verhalten ist erstaunlicherweise auch bei Fahranfängern zu beobachten, die sonst keinerlei risikobehaftetes Verhalten an den Tag legen. Daher vermuten wir, dass musikbezogene Aktivitäten als eher unproblematisch und vielleicht sogar sicher angesehen werden“, sagt Darren Shannon von der Emerging Risk Group der Universität Limerick.
Eine weitere Erklärung des internationalen Teams: Fahrer dürfen das Autoradio während der Fahrt benutzen, was implizieren könnte, dass das Wechseln oder Suchen von Musik sicher ist. „Dennoch kann die Beschäftigung mit Musik auf dem Smartphone während der Fahrt, ähnlich wie das Lesen oder Schreiben von Textnachrichten, zu kognitiver, visueller und physischer Ablenkung führen und das Risiko für Kollisionen im Straßenverkehr deutlich erhöhen", so Jannusch.
Das Team der TH Köln und der Universität Limerick nutzte für die Erhebung die weiterentwickelte Version eines etablierten englischsprachigen Fragebogens für Fahranfänger. Jannusch hatte im Rahmen seiner Doktorarbeit das ursprünglich 2010 von Bridie Scott-Parker entworfene Instrument für den deutschen Sprachraum übersetzt und an das Verhalten heutiger Fahrer angepasst. So sind Entertainment-Systeme oder Smartphones viel gängiger als vor zehn Jahren und eine zentrale Quelle der Ablenkung geworden.
Im Rahmen seiner Promotion wird Jannusch von Prof. Dr. Michaele Völler des ivwKöln betreut. Sie leitet dort gemeinsam mit Prof. Horst Müller-Peters die Forschungsstelle Versicherungsmarkt.
Original-Publikation:
Tim Jannusch, Darren Shannon, Michaele Völler, Finbarr Murphy, Martin Mullins (2021): Smartphone Use While Driving: An Investigation of Young Novice Driver (YND) Behaviour, Transportation Research Part F: Traffic Psychology and Behaviour, Volume 77
Die TH Köln zählt zu den innovativsten Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. Sie bietet Studierenden sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus dem In- und Ausland ein inspirierendes Lern-, Arbeits- und Forschungsumfeld in den Sozial-, Kultur-, Gesellschafts-, Ingenieur- und Naturwissenschaften. Zurzeit sind rund 27.000 Studierende in etwa 100 Bachelor- und Masterstudiengängen eingeschrieben. Die TH Köln gestaltet Soziale Innovation – mit diesem Anspruch begegnen wir den Herausforderungen der Gesellschaft. Unser interdisziplinäres Denken und Handeln, unsere regionalen, nationalen und internationalen Aktivitäten machen uns in vielen Bereichen zur geschätzten Kooperationspartnerin und Wegbereiterin.
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