Rogert & Ulbrich Rechtsanwälte
VW-Gasbehälterexplosion mit Erdgasantrieb (CNG): Rechtliche Konsequenzen der Nutzungsuntersagung durch VW - Was können betroffene Fahrzeugbesitzer tun?
Düsseldorf (ots)
Die Düsseldorfer Rechtsanwaltskanzlei Rogert & Ulbrich teilt gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Michael Winter, Kornwestheim, zu den Vorfällen von VW-Fahrzeugen mit explodierten Gastanks mit Erdgasantrieb (CNG) zu den Ansprüchen der Geschädigten folgendes mit:
Bei weltweit 5.900 Fahrzeugen des Touran EcoFuel aus dem Bauzeitraum 2006-2009 besteht die Möglichkeit, dass die Außenhaut des Drucktanks durch äußere Einflüsse rostet und der Gastank bei der Betankung explodiert. In Deutschland sind mindestens 3.800 Fahrzeuge von dieser Problematik betroffen.
Das Göttinger Tageblatt berichtete über den jüngsten Vorfall am 09.09.2016: "Bei einer Verpuffung am vergangenen Freitagabend wurde ein Touran-Fahrer aus Clausthal-Zellerfeld verletzt. Der 58-Jährige wird im Duderstädter Krankenhaus stationär behandelt. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei soll der Mann den Ölstand kontrolliert haben, als sich die Gasexplosion ereignete: "Ansonsten hätte es schlimmer ausgehen können." Durch die Wucht der Druckwelle hob der Wagen vom Boden ab, Trümmerteile flogen durch die Luft, die Überdachung der Zapfsäulen wurde ebenso beschädigt wie ein Wohnmobil und ein VW Polo auf dem Tankstellengelände. Der Knall war bis Gerblingerode und Tiftlingerode zu hören, berichteten Einwohner."
Ein Gasbehälter habe die Sprengkraft von rund sechs Kilo TNT, sagte der Geschäftsführer des Bergungsunternehmens UKM laut dem Bericht.
Ähnliche Fälle hatten sich bereits früher ereignet: Im September 2015 wurde ein Münchener beim Betanken seines VW Touran Ecofuel durch eine Gasexplosion schwer verletzt. Im August 2012 ereignete sich ein derartiger Unfall im südbayerischen Wolfratshausen an einer Erdgastankstelle des Chemieunternehmens Tunap. Dabei wurde ein 43-jähriger Münchner ebenfalls schwer verletzt. Auch aus dem Ausland wurden bereits derartige Vorkommnisse bekannt. In Göteborg-Angered erfolgte am 04.07.2016 eine derartige Explosion. Der Focus berichtet, dass VW bereits 2012 Touran-Modelle der Baujahre 2005-2009 mit Erdgasantrieben in die Werkstätten gerufen hatte. Der Grund damals sei laut Kraftfahrt-Bundesamt gewesen, dass Korrosionsschäden an CNG-Hochdruckzylindern zum Bersten der Zylinder führen können.
Nach übereinstimmenden Medienberichten habe VW den Besitzern entsprechender Fahrzeuge nunmehr mit sofortiger Wirkung zur Nichtbenutzung des Gasantriebs aufgefordert und eine Rückrufaktion angekündigt, ohne einen genauen Zeitpunkt hierfür zu nennen. Soweit VW empfehle, den Benzinantrieb zu nutzen, gehe diese Empfehlung ins Leere, da nach Auskunft ihrer Mandanten der Benzinantrieb nur mit leerem Gastank zu nutzen sei. Daher liege in der Aufforderung nach ihrer Auffassung eine faktische Nutzungsuntersagung. Betroffene Autofahrer fragen sich nunmehr, welche Ansprüche ihnen zustehen.
Der Bundesgerichtshof stellte in seinem Urteil vom 16.12.2008 (VI ZR 170/07), in dem es um Krankenhausbetten ging, die unter bestimmten Voraussetzungen überdurchschnittlich brandgefährdet waren, fest, dass der Hersteller nach dem Inverkehrbringen des Produkts zur Beobachtung des Produkts auf nicht bekannte schädliche Eigenschaften und zur Information über die Gefahrenlage und Verwendungsfolgen verpflichtet ist. Zudem stellte das höchste deutsche Zivilgericht klar, dass sich die Sicherungspflichten des Herstellers nach dem Inverkehrbringen nicht auf Warnhinweise beschränken.
Drohen von dem Produkt Gefahren für Rechtsgüter der Abnehmer oder Dritter, kann neben einem Rückruf eine umfassende Information der Abnehmer und eine Aufforderung zur Nichtbenutzung und Stilllegung geschuldet sein. Ein Anspruch auf kostenlose Nachrüstung wurde in dem dortigen Fall hingegen abgelehnt, weil es angesichts der weiteren Nutzbarkeit der Betten an einer bestehenden Rechtsgutverletzung fehlte.
Das verhält sich in den VW-Gasexplosionsfällen nunmehr nach Auffassung der Rechtsanwälte Rogert & Ulbrich anders, denn es bestehe eine Eigentumsverletzung, weil die Nutzung der Fahrzeuge faktisch untersagt wurde. Es sei somit das deliktsrechtlich geschützte Integritätsinteresse betroffen.
Es bestehe mithin eine Pflicht zum Rückruf und zur Nachrüstung. Für den Fall, dass diese Pflicht nicht oder nicht in angemessenem Zeitraum erfüllt wird, sehe das Allgemeine Schuldrecht weitere Schadensersatzansprüche vor, die bis hin zum Abkauf des Fahrzeugs zum Neupreis abzgl. einer Nutzungsentschädigung reichen könnten. Es solle auch geltend gemacht werden, dass die Eigentumsverletzung zu einem Nutzungsausfallschaden führt, der für jeden Tag bis zur Abstellung des Eingriffs in das Eigentum zu zahlen sei.
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Prof. Dr. Marco Rogert
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