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Universität Konstanz

Hummeln durch Pestizide bedroht, PI Nr.105/2023

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Hummeln durch Pestizide bedroht

Forschende der Universität Konstanz zeigen in einer neuen Studie den enormen Einfluss eines neuen Pestizids auf die Brut von Hummeln: Das Koloniewachstum geht um über 50 Prozent zurück.

Pestizide gehören zu den wichtigsten anthropogenen Stressfaktoren, die für den gut dokumentierten Insektenrückgang verantwortlich gemacht werden. Konstanzer Wissenschaftlerinnen haben nun die Auswirkungen eines neuartigen Pestizids auf Hummeln untersucht. Hummeln sind soziale Bienen, die ihre Brut gemeinschaftlich aufziehen. Ein wichtiger Aspekt der kollektiven Brutpflege bei diesen einjährigen Arten ist die Fähigkeit, die Temperaturen im Nest stabil und hoch genug zu halten, damit die Brut sich rasch entwickeln kann und das Wachstum der Kolonie beschleunigt wird. Durchgeführt wurde die Untersuchung von Anja Weidenmüller sowie Kolleginnen und Kollegen von der Universität Konstanz und dem Exzellenzcluster "Kollektives Verhalten".

Rückgang des Koloniewachstums um über 50 Prozent

Liliana Fischer und Anja Weidenmüller stellten fest, dass das neuartige Pestizid Flupyradifuron die kollektive Wärmeregulation deutlich beeinträchtigt. „Der Rückgang der Bruttemperatur führte zu verlängerten Brutentwicklungszeiten und einem Rückgang des Kolonienwachstums um über 50 Prozent“, so Fischer. „Dieses verringerte Wachstum könnte die Fortpflanzungschancen von Hummelvölkern in freier Wildbahn erheblich beeinträchtigen.“ Weidenmüller fügt hinzu: „Die Fähigkeit zur kollektiven Temperaturregulation in Hummel-Mikrokolonien ist ein zuverlässiger Indikator für subletale, aber potenziell verheerende Auswirkungen von Agrochemikalien.“

In einer früheren Studie hatten Weidenmüller und Kolleg*innen von der Universität Konstanz subletale kognitive Effekte für eine andere Agrochemikalie, Glyphosat, dokumentiert: Bumblebees exposed to glyphosate showed an impairment in aversive learning.

Die neuesten Ergebnisse, die in Science of The Total Environment veröffentlicht wurden, basieren auf einem von den Forschenden entwickelten, breit anwendbaren Biotest, mit dem subletale Auswirkungen von Agrochemikalien und andere Stressfaktoren auf das kollektive Verhalten von Hummel-Mikrokolonien bewertet werden können. Sie maßen die Bruttemperatur und die Brutentwicklung in 53 Mikrokolonien über einen Zeitraum von 35 Tagen. „Wir haben untersucht, wie die Fähigkeit zur kollektiven Thermoregulation durch die langfristige Belastung mit verschiedenen Agrochemikalien und deren Kombination beeinflusst wird“, sagt Fischer. „Wichtig ist, dass wir diese Auswirkungen untersucht haben, während die Bienenvölker dem natürlichen Stressor der Ressourcenbeschränkung ausgesetzt waren – einem natürlichen Stressfaktor, der häufig bei wilden Hummelvölkern auftritt.“

Risikobewertung muss dringend verbessert werden

Derzeit werden die Risiken neuartiger Agrochemikalien anhand einfacher Toxizitätstests bewertet, bei denen das Überleben von wohlgenährten, parasitenfreien Individuen einiger Arten nach Exposition gemessen wird. „Unsere Studie zeigt subletale Effekte, die das Potenzial haben, den Fortpflanzungserfolg wildlebender Kolonien zu beeinträchtigen, und die bei den derzeitigen Risikobewertungsverfahren unentdeckt bleiben würden“, erklärt Weidenmüller. Deshalb fordert sie, dass eine aussagekräftige Risikobewertung auch solche subletalen Wirkungen sowie eine Kombination gängiger Stressoren wie z. B. Pestizidexposition unter Ressourcenbeschränkung berücksichtigen muss. „Und bei sozialen Arten wie Hummeln sind kollektive Messwerte eine Notwendigkeit für die Risikobewertung“, betont Weidenmüller. „Unsere Ergebnisse zeigen klar, dass verbesserte Risikobewertungsverfahren notwendig sind.“

Faktenübersicht

  • Verwandte Veröffentlichungen:
    1. Liliana R. Fischer, Divya Ramesh, Anja Weidenmüller: Sub-lethal but potentially devastating - The novel insecticide flupyradifurone impairs collective brood care in bumblebees, Science of The Total Environment, Volume 903, 2023, https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2023.166097.
    2. M. Nouvian, J.J. Foster and A. Weidenmüller, Glyphosate impairs aversive learning in bumblebees, Science of the Total Environment (2023), https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2023.165527
    3. Anja Weidenmüller, Andrea Meltzer, Stefanie Neupert, Alica Schwarz, Christoph Kleineidam, Glyphosate impairs collective thermoregulation in bumblebees, Science, DOI: 10.1126/science.abf7482

Hinweis an die Redaktionen:

Ein Foto kann im Folgenden heruntergeladen werden:

Bild: https://www.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2023_EXSTRA/hummeln_durch_pestizide.jpg

Bildunterschrift: Hummel auf einer Cosmea.

Copyright: Universität Konstanz/Elisabeth Böker

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