BGH-Urteile: Wer zahlt für Erhaltungsmaßnahmen einer WEG?
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Der BGH klärt die Kostenverteilung am Gemeinschaftseigentum in zwei Urteilen
Münster, 22.03.2024. Kaputte Fenster, defekte Ölheizung oder Feuchtigkeit im Fahrradkeller des Mehrfamilienhauses – Wenn es darum geht, beschädigtes oder abgenutztes Gemeinschaftseigentum zu reparieren oder zu ersetzen, streiten Wohnungseigentümer nicht selten über die anfallenden Kosten.
Das gilt insbesondere dann, wenn nicht alle Wohnungseigentümer von der Renovierung profitieren. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte über zwei Fälle zu entscheiden, in denen einzelne Wohnungseigentümer alleine zur Kasse gebeten wurden und sich hiergegen wehrten – zu Unrecht, wie Deutschlands höchstes Zivilgericht heute klärte. Die Karlsruher Richter definierten dabei näher, unter welchen Voraussetzungen die Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten für Erhaltungsmaßnahmen einzelnen Eigentümern auferlegen kann.
Gesetzesänderung im Jahr 2020 maßgeblich
Ausgangspunkt ist, dass sich nach dem Gesetz alle Wohnungseigentümer gemeinschaftlich an den Kosten für Erhaltungsmaßnahmen beteiligen. Die Verteilung richtet sich dabei grundsätzlich nach den Miteigentumsanteilen. Die Modernisierung des Wohnungseigentumsrechts im Jahr 2020 machte allerdings den Weg frei für hiervon abweichende Kostenregelungen. Insbesondere können Kosten für bestimmte Maßnahmen auch auf einzelne Eigentümer übertragen werden. Voraussetzung ist, dass der Beschluss einer „ordnungsgemäßen Verwaltung“ entspricht. Die Gemeinschaft darf also nicht willkürlich Zahlungspflichten auf einzelne Eigentümer abwälzen, sondern muss gute Gründe für die Übertragung der Kostenpflicht vorbringen. Wann diese vorliegen, hat der BGH nun erstmals näher konkretisiert.
BGH: Übertragung der Erhaltungskosten wirksam beschlossen
Der erste Fall aus Niedersachsen (V ZR 81/23) behandelt sogenannte Doppelparker in der Tiefgarage einer Wohnanlage. Mittels einer Hebeanlage fanden darin je zwei Autos übereinander Platz – bis die Hebeanlage einen Defekt erlitt und reparaturbedürftig war. Lästig war dies für diejenigen Wohnungseigentümer, die die Anlage nutzten. Die übrigen Eigentümer wollten die Kosten für die Reparatur nicht mittragen. Im Juni 2021 beschloss die Wohnungseigentümergemeinschaft daher eine Änderung der Kostenverteilung, nach der die Kosten für eine Sanierung und Reparatur der Doppelparker nicht mehr von allen Wohnungseigentümern, sondern ausschließlich von den Teileigentümern der insgesamt zwanzig Doppelparker zu tragen sind. Ein Teileigentümer ging gegen diesen Beschluss mittels Anfechtungsklage vor und zog bis vor den BGH.
Deutschlands höchstes Zivilgericht erklärte die neue Kostenregelung nun für zulässig. Die Regelung entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung, weil dadurch nur Teileigentümer der Doppelparker mit Kosten belastet werden, die – im Gegensatz zu den übrigen Wohnungseigentümern – auch einen Nutzen aus der Erhaltung des Gemeinschaftseigentums ziehen. Ihnen kommt die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums wirtschaftlich zugute.
Zugriffsmöglichkeit auf Fenster entscheidend
Das zweite Verfahren, über das die Karlsruher Richter entschieden, wurde durch einen Eigentümer einer Dachgeschosswohnung aus Hessen in die Wege geleitet, nachdem ihm die Kosten für den Austausch von defekten Dachflächenfenstern alleine auferlegt wurden (V ZR 87/23). Bei Fenstern besteht ebenso wie bei Wohnungstüren und Balkonen die Besonderheit, dass diese zum Gemeinschaftseigentum gehören, auch wenn sie einem konkreten Mitglied der WEG, nämlich dem jeweiligen Wohnungseigentümer, zugeordnet werden können. Der gesetzliche Regelfall liegt also auch hier in der gemeinschaftlichen Tragung der Erhaltungskosten durch alle Eigentümer. Hiervon wollte die Wohnungseigentümergemeinschaft abweichen und beschloss im Rahmen einer Eigentümerversammlung im August 2021 die alleinige Kostentragung durch den Eigentümer der Dachgeschosswohnung. Diesen Beschluss focht der betroffene Eigentümer an. Zu Unrecht, wie der BGH entschied. Auch hier entsprach die Entscheidung der Eigentümerversammlung einer ordnungsgemäßen Verwaltung. Weil alleine der Kläger die Dachgeschossfenster in Gebrauch hat, ist es sinnvoll, dass er für die Instandhaltung aufkommt.
Verursacher- und Nutzerprinzip
„Die Urteile des BGH tragen damit dem Verursacher- und Nutzerprinzip Rechnung, das zugleich Anlass für die gesetzliche Regelung im Jahr 2020 war“, ordnet Rechtsanwältin Charlotte Peitsmeier von Koenen Bauanwälte die Beschlüsse ein. „Es soll verhindern, dass stets sämtliche Wohnungseigentümer mit Kosten für eine Maßnahme belastet werden, von der sie nicht profitieren.” Gerade in Bezug auf die Instandhaltung von Fenstern haben auch bereits zahlreiche Wohnungseigentümergemeinschaften vergleichbare Regelungen beschlossen, wie Peitsmeier erläutert: „Die Entscheidung des BGH ist damit von hoher Bedeutung für die Praxis: Sie legt einen Maßstab dafür, wann Kosten generell und dauerhaft bestimmten Eigentümern zugeordnet werden können. Im Grundsatz soll der Wohnungseigentümergemeinschaft dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zukommen.“
Eine wirksame Umverteilung durch Beschluss kann demnach in erster Linie dann erfolgen, wenn nur eine bestimmte Personengruppe durch die Maßnahme Vorteile erfährt oder die Maßnahme einen abgrenzbaren Bereich betrifft, auf den nur diese Personengruppe Zugriff hat. Kosten für Instandhaltung von Fenstern, Türen und Balkonen auf die Eigentümer der jeweiligen Sondereigentumseinheiten zu übertragen, ist also in der Regel zulässig. „Geht es hingegen um Maßnahmen, die für alle Wohnungseigentümer erforderlich sind, etwa um den Austausch einer Heizung oder die Reparatur eines Daches, so handelt es sich um klassische Fälle, in denen eine Übertragung der Kosten auf den Einzelnen nicht wirksam möglich sein wird.”
Über die Koenen Bauanwälte
Koenen Bauanwälte ist eine auf Bau- und Immobilienrecht spezialisierte Kanzlei, die im gesamten Bundesgebiet tätig ist. Das Leistungsspektrum der vielfach prämierten Kanzlei mit Standorten in Essen, Hannover, Münster und Bielefeld umfasst ausgehend vom klassischen Baurecht alle juristischen Angelegenheiten rund um den Bauprozess – von der baubegleitenden Rechtsberatung bis hin zur Prozessführung. In holistischer Arbeitsweise mit Fokus auf private und institutionelle Bauherren decken die juristischen Expert:innen-Teams alle Bereiche rund um Kosten, Termine und Qualität ab. Von einem im Kanzleigewerbe unüblichen, teamorientierten Menschen- und Arbeitsbild ausgehend, gründete Prof. Dr. Koenen 2004 seine Kanzlei in Essen mit der Idee, das althergebrachte Arbeitsverhältnis tradierter Kanzleien zu ändern.
Dem kulturellen Wandel hin zu New Work folgend, setzte Koenen seine Vision 2022 in die Tat um, fokussierte die Teamarbeit in seinem Unternehmen und stockte seine Anzahl der Mitarbeitenden um fast das Doppelte auf aktuell 17 Rechtsanwält:innen und weitere juristische Fachkräfte auf. Mehr Details zur Kanzlei und aktuelle Informationen zu juristischen Themen über die Publikationen der Reihe KOENEN.LEGAL unter bauanwaelte.de.
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