Interessenverband Unterhalt u. Familienrecht - ISUV
Offener Brief an Familienministerin Lisa Paus
Wenn Demokratie gefordert, aber offener pluralistischer Dialog verweigert wird
Nürnberg (ots)
Sehr geehrte Frau Ministerin, sehr geehrte Frau Paus,
wir haben bereits mehrfach wegen Vorschlägen zur Familienpolitik, Kritik an familienpolitischen Vorhaben aus der Perspektive unserer Mitglieder versucht, mit Ihnen in Kontakt zu treten. Leider kam nie eine Reaktion aus Ihrem Ministerium, nicht einmal eine Eingangsbetätigung erhielten wir. Von anderen Ministerien kennen wir das nicht so, da stehen wir in selbstverständlichem demokratischem Dialog, können unsere basisdemokratischen Informationen Sichtweisen und Meinungen als Verband zu Gehör bringen.
Ich habe berechtigte Sorge, dass bei der Kindergrundsicherung einseitig "Ihre" Klientel bevorzugt wird. ISUV ist in Deutschland die mitgliederstärkste Interessenvertretung für getrennt-erziehende Eltern. Ich habe Sorge, dass Getrennterziehende bei der Gestaltung der Kindergrundsicherung vergessen, verschwiegen, übergangen werden. Der Focus liegt einseitig auf den Interessen von "Alleinerziehenden", deren Verband Sie, Frau Paus, ja auch angehören. In meisten Fällen, entpuppen sich bei näherem Hinsehen Alleinerziehende als Getrennterziehende, weil beide Elternteile in die Betreuung eingebunden sind, jedoch teilweise nur ein Elternteil Kindesunterhalt leistet.
Die Statistik übergeht diese soziale Wirklichkeit. Dass es statistisch so viele "Ein-Eltern-Familien" gibt, liegt an unserem Melderecht, Kinder werden "allein" einem Elternteil zugeordnet. Die entscheidende "Kindergrundsicherung", die Sozialisation und Enkulturation der Kinder bleiben statistisch unberücksichtigt. Fakt ist in den allermeisten Fällen ist man in diesen Haushalten auf die eine oder andere Weise getrennterziehend. Dabei gibt es Variationen in Bezug auf Kinderbetreuung, von paritätischer Aufteilung oder 40 oder 30 Prozent Betreuungsanteil. Dieser Tatsache muss Rechnung getragen werden. Auch die Tatsache muss berücksichtigt werden, dass beiden Elternteilen Kosten entstehen, die mit der Kinderbetreuung verbunden sind und die bei der Kindergrundsicherung berücksichtigt werden müssen.
Ich fordere, dass die Interessen von Trennungsfamilien gleichberechtigt berücksichtigt auf die öffentliche politische Agenda gesetzt werden. Alle Kinder haben einen Anspruch auf Kindergrundsicherung, alle Eltern müssen wissen, welche konkreten Auswirkungen Ihre Vorstellungen von Kindergrundsicherung für sie hat.
Eigentlich ist die gleichberechtigte pluralistische Willensbildung in einer Demokratie selbstverständlich. Sie, Frau Paus, gehen mit einem "Demokratieförderungsgesetz" in die Öffentlichkeit, betreiben aber selbst einseitige Klientelpolitik, klammern dadurch einen Großteil sozialer Interessen aus.
Ich fordere, dass Sie mit der Interessenvertretung von Trennungseltern genauso in Dialog treten wie mit der Interessenvertretung von Alleinerziehenden.
Melanie Ulbrich
ISUV-Vorsitzende
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