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Eine Kreislaufwirtschaft für Seltene Erden: Wie kann das gelingen?

Eine Kreislaufwirtschaft für Seltene Erden: Wie kann das gelingen?
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Eine Kreislaufwirtschaft für Seltene Erden: Wie kann das gelingen?

Seltene Erden stecken in Smartphones, Plasmabildschirmen, Festplatten und sogar in künstlichen Gelenken. Für die Produktion sauberer Energie und somit für den Kilmaschutz spielen sie eine wichtige Rolle, etwa als Bestandteil von Energiesparlampen, Solarzellen, Windkraftturbinen oder Elektromotoren. Auf dem Weltmarkt ist der Kampf um diese wertvollen Ressourcen bereits in vollem Gange. In einem Kommentar für das renommierte Fachmagazin Nature zeigen drei Forschende aus Deutschland, China und den USA neue Wege auf, wie trotz geopolitischer Krisen eine globale Kreislaufwirtschaft für Seltene Erden auf den Weg gebracht werden könnte. Raimund Bleischwitz, Experte für Kreislaufwirtschaft am Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen, ist einer der Autoren. Er sagt: „Um die steigende Nachfrage zu befriedigen, ohne die Umwelt zu schädigen, muss die gesamte Industrie rund um die Seltenen Erden überdacht werden.“

Die Nachfrage nach Metallen der Seltenen Erden steigt seit Jahren an. Ihr weltweiter Verbrauch wird Prognosen zufolge wohl noch um das Fünffache steigen – von etwa 60.000 Tonnen im Jahr 2005 auf 315.000 Tonnen im Jahr 2030. Soll die Energiewende gelingen, braucht es Seltene Erden – für die Erzeugung von einem Megawatt Windenergie beispielsweise werden etwa 170 Kilogramm der kostenbaren Elemente benötigt.

Gleichzeitig sind Seltenerdmetalle nicht frei verfügbar. Mehr als die Hälfte (56%) der weltweiten Reserven und über drei Viertel (76%) der Produktion wird von den drei Großmächten China, USA und Russland kontrolliert.

Die grünen Industrien in den Vereinigten Staaten und Europa sind mit Engpässen bei diesen wichtigen Materialien konfrontiert, da sie aus politischen Gründen auf chinesische und russische Exporte verzichten. Die USA und die EU haben Metalle der Seltenen Erden als kritische Rohstoffe eingestuft. Im Konkurrenzkampf um Seltenerdmetalle rückt nun sogar der Ozeanboden in den Fokus, wie die derzeitigen Verhandlungen über den Tiefseebergbau zeigen.

„Es gibt einen geopolitischen Wettlauf um die Kontrolle dieser besonderen Ressourcen. Länder versuchen, sich gegenseitig zu verdrängen“, sagt Prof. Dr. Raimund Bleischwitz vom ZMT. „Der Markt der Seltenen Erden ist aktuell ein Nullsummenspiel, bei dem Gewinne für eine Nation gleichzeitig Verluste für eine andere Nation bedeuten, ohne dass ein Nutzen für die Allgemeinheit entsteht.“

Viele Länder förderten die Suche nach Seltenen Erden und den Abbau im eigenen Land und schränkten gleichzeitig die Exportmöglichkeiten ein, so der Wissenschaftler.

Zudem schadet die Verarbeitung von Seltenerdmetallen zunehmend der Umwelt. Denn die Wertschöpfungskette verbraucht große Mengen an Energie und Wasser und setzt Schadstoffe und Kohlenstoffemissionen frei. „Laut einer US-Studie können bei der Raffination von einer Tonne Seltene-Erden-Oxids nicht nur 1,4 Tonnen radioaktiver Abfall entstehen, sondern auch 2.000 Tonnen Abfallmaterial und 1.000 Tonnen schwermetallhaltiges Abwasser“, berichtet Bleischwitz.

Nur etwa 1% der Seltenen Erden werden recycelt

Indes werden derzeit nur etwa 1 % der Seltenerdmetalle recycelt, da es nirgendwo auf der Welt Strategien oder Programme für das Recycling von Seltenen Erden aus Produkten gibt. Viele Geräte, die Seltene Erden in relativ hohen Konzentrationen enthalten, wie Batterien von Elektroautos und Magnete in Windkraftanlagen, sind noch in Gebrauch und Jahre davon entfernt, ausgemustert zu werden.

Gemeinsam mit renommierten Kollegen aus China und den USA hat sich Raimund Bleischwitz, Experte für Kreislaufwirtschaft am ZMT, jetzt Gedanken gemacht, wie man das globale Recycling von Seltenen Erden anheizen könnte, um so gleichsam Feuer aus dem Kessel des geopolitischen Wettlaufs zu nehmen und Ressourcen zu schonen.

In ihrem Artikel für das angesehene Fachjournal Nature zeigen die Wissenschaftler konkrete Beispiele der Umsetzung auf, wägen Für und Wider ab und brechen eine Lanze für Investitionen in Forschung und innovative Recycling-Technologien. Bleischwitz und seine Kollegen identifizieren drei übergeordnete Handlungsoptionen und beschreiben detaillierte Maßnahmen, für die sie auch Politik und Regierungen weltweit in der Pflicht sehen.

„Strategien und Praktiken der Kreislaufwirtschaft können die Nullsummen-Mentalität überwinden“, meint Bleischwitz. „Eine Einigung über solche Fragen, etwa auf dem nächsten G20-Treffen im September in Neu-Delhi, könnte den internationalen Handel neu beleben und globale Partnerschaften für die Energiewende ausbauen“, so der Experte weiter. „Auch Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen könnten so Zugang zu Seltenen Erden erhalten, um ihre Energiewende zu beschleunigen. Wir müssen illegalen Abbau und Handel stoppen, die oft genug im Globalen Süden stattfinden. Ein wichtiger Anreiz für bessere Kreislaufwirtschaft, auch bei kritischen Materialien wie Seltenen Erden, wäre auch ein Moratorium im Tiefseebergbau“, fordert Bleischwitz.

Übersicht einiger der beschriebenen Handlungsempfehlungen und Maßnahmen

1. Globales Recycling von Seltenen Erden ankurbeln indem…

  • …Regierungen verpflichtende Rücknahmeregelungen für Produkte mit hohem Seltene-Erden-Gehalt einführen und lizenzierte Recyclingunternehmen aufbauen.
  • … verbindliche Quoten für den Anteil von rückgewonnenen Seltenerdmetallen festgelegt werden.
  • …Regierungen sich auch auf einen globalen Standard für die Produktkennzeichnung einigen, damit Hersteller und andere Personen die Arten und Mengen von Seltenerdmetallen in Produkten besser verstehen können.

2. Rückgewinnung und Rückverfolgung von Seltenen Erden durch Investitionen…

  • … in Systeme und Technologien für die Rückverfolgung von Seltenen Erden, die Sammlung von Produkten, die Automatisierung von Demontagetechnologien und die Trennung und Rückgewinnung von Seltenerdmetallen, auch und gerade in grünen Hafenentwicklungen.
  • …in öffentlich-private Partnerschaften, die Gelder für das Recycling von Seltenen Erden aus Produkten wie Permanentmagneten von Festplattenlaufwerken, Motoren von Windturbinen und Elektrofahrzeugen, Lautsprechern, Magnetresonanztomographen und Satellitenkommunikationsgeräten aufbringen könnten.
  • … in eine Infrastruktur zur Rückverfolgung der Mengen von Seltenen Erden auf individueller Produktebene, was langfristig die Sekundärmärkte und die Kreislaufwirtschaft fördern würde.

3. Überarbeitung der REE-Lieferketten durch…

  • …Neugestaltung von Geschäftsmodellen und Lieferketten, bis hin zu Rückverfolgungssystemen, die das Leasing von Seltenen-Erden-Mineralien ermöglichen.
  • …Entwicklung von Recycling-Infrastrukturen, Finanzen, Plattformen, Rückverfolgbarkeit und Standards für den Informationsaustausch.
  • ...Schaffung einer globalen Datenplattform für Sekundärmaterialien und Szenarien.

Publikation:

Yong Geng, Joseph Sarkis und Raimund Bleischwitz (2023) How to build a circular economy for rare-earth elements. In: Nature. 619, pp. 248-251, DOI: https://doi.org/10.1038/d41586-023-02153-z

Kontakt:

Prof. Dr. Raimund Bleischwitz

Wissenschaftlicher Geschäftsführer | Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)

Professor für Globale Nachhaltige Ressourcen | Universität Bremen

E-Mail: raimund.bleischwitz@leibniz-zmt.de

Andrea Daschner
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel: +49 (0)421 238 00 - 72
Fax: +49 (0)421 238 00 - 30
E-Mail:  andrea.daschner@leibniz-zmt.de
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Über das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Das Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) in Bremen widmet sich in Forschung und Lehre dem besseren Verständnis tropischer Küstenökosysteme wie Mangroven, Seegraswiesen, Korallenriffen, Ästuaren und Auftriebsgebieten. Im Mittelpunkt stehen Fragen zu ihrer Struktur und Funktion, ihren Ressourcen und ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber menschlichen Eingriffen und natürlichen Veränderungen. Mit seiner Arbeit schafft das Institut eine wissenschaftliche Grundlage für den Schutz und die nachhaltige Nutzung dieser Lebensräume. Das ZMT führt seine Forschungsprojekte in enger Kooperation mit Partnern in den Tropen durch, wo es die Entwicklung von Expertise und Infrastruktur auf dem Gebiet des nachhaltigen Küstenzonenmanagements unterstützt. Das ZMT ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Weitere Informationen unter  www.leibniz-zmt.de.
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) GmbH
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