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Schriftsteller Saša Stanišić erhält den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2024

Schriftsteller Saša Stanišić erhält den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2024
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Schriftsteller Saša Stanišić erhält den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2024

Presseinformation, 10. September 2024

Der vom Deutschlandfunk und der Stadt Braunschweig gestiftete und mit 30.000 Euro dotierte Wilhelm Raabe-Literaturpreis geht an Saša Stanišić für sein Buch „Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne“ (erschienen im Luchterhand Literaturverlag, 2024). Braunschweigs Oberbürgermeister Dr. Thorsten Kornblum und Deutschlandradio-Intendant Stefan Raue überreichen Saša Stanišić den Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2024 am 3. November im Rahmen eines Matinee-Festaktes im Kleinen Haus des Braunschweiger Staatstheaters. Die Preisverleihung wird im Radio übertragen.

Zur Begründung erklärte die Jury: „‚Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne‘, ein Buch, das man als Erzählband und gleichermaßen als Roman lesen kann, fügt sich in das bisherige Werk Saša Stanišićs in den Inhalten genauso wie in den Tonlagen, die dieser ebenso leidenschaftliche wie virtuose Erzähler beherrscht, in der Mischung aus Reflektion und Witz, aus Lakonie und Menschenfreundlichkeit.

Saša Stanišić erzählt von Brüchen im Leben von jungen und alten Menschen, von migrantischen Schicksalen, verstörten Familienvätern oder Witwen, die sich ihr Leben neu erfinden müssen. Seine Geschichten konfrontieren diese Figuren mit Träumen und Möglichkeiten – und sehr oft zugleich auch mit dem, was ihnen für immer vorenthalten bleiben wird.

Die große Gabe von Saša Stanišić besteht darin, dass er das Existentielle und das vermeintlich Nebensächliche, das gesellschaftspolitisch Relevante und das Private auf gleiche Weise ernst nehmen und mit einem sehr eigenen Humor erzählen kann: der saturierte Hamburger Familienvater, der daran verzweifelt, gegen seinen kleinen Sohn nicht im Memory gewinnen zu können, wird nicht ausgespielt gegen die Nöte von Jugendlichen aus prekären Lebensverhältnissen, die in tristen Hochhaussiedlungen aufwachsen und aufgrund ihrer migrantischen Familiengeschichten alltäglichen Schikanen und Marginalisierungserfahrungen ausgesetzt sind.

Präzision im beobachteten Detail und Präzision in der sprachlichen Umsetzung je nach den Milieus, die er ausleuchtet, verschmilzt Saša Stanišić in diesem Buch zudem mit einer intensiven Auseinandersetzung mit älteren und neueren literarischen Referenzen. Darin ruft er wach, wie sehr ihn selbst die Literatur in die deutsche Sprache hineingesogen hat, nachdem er als junger Jugendlicher mit seiner Familie vor dem Krieg in Bosnien nach Heidelberg geflohen ist. Er verschmilzt aber auch Sphären, die nicht selbstverständlich zusammengehören, wenn er die Geschichte einer türkischen Reinigungskraft mit einer Novelle von Artur Schnitzler verschneidet oder sein eigenes fiktives Alter Ego mit Texten von Heinrich Heine ins Gespräch bringt. Das ist immer überraschend, manchmal auch geradezu postmodern gebrochen.

‚Möchte die Witwe angesprochen werden, platziert sie auf dem Grab die Gießkanne mit dem Ausguss nach vorne‘ birgt nichts weniger als die frühromantische Utopie: Das Dasein lässt sich durch Literatur in etwas anderes, besseres verwandeln. „Die Welt muss romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder“, so hat es der frühromantische Dichter Friedrich von Hardenberg, besser bekannt als Novalis, einst formuliert.

Das Werk Saša Stanišićs, das im Jahr 2024 mit dem Wilhelm Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet wird, ist der berückende Beweis dafür, dass dieses Credo noch immer den Glutkern von Poesie ausmachen kann.“

Die Jury des Wilhelm Raabe-Literaturpreises setzt sich in diesem Jahr zusammen aus Prof. Dr. h. c. Gerd Biegel (Präsident der Internationalen Raabe-Gesellschaft e.V.), Dr. Hanna Engelmeier (UdK Berlin), Thomas Geiger (Literaturvermittler), Samuel Hamen (freier Literaturkritiker), Prof. Dr. Anja Hesse (Dezernentin für Kultur und Wissenschaft der Stadt Braunschweig), David Hugendick (Die ZEIT und ZEIT ONLINE), Dr. Michael Schmitt (3sat), Prof. Dr. Julia Schöll (Institut für Germanistik, TU Braunschweig) und Dr. Wiebke Porombka (Deutschlandfunk).

Mit der Verleihung dieses Preises zeichnen die Stadt Braunschweig und der Deutschlandfunk jährlich ein in deutscher Sprache verfasstes erzählerisches Werk aus. Mit der Auszeichnung soll exemplarisch das bis zum Zeitpunkt der Preisverleihung publizierte literarische Schaffen gewürdigt werden. Ein neues Buch des Preisträgers muss im laufenden Kalenderjahr der jeweils aktuellen Vergabe erschienen sein.

Zu den bisherigen Preisträgern gehören Rainald Goetz, Jochen Missfeldt, Ralf Rothmann, Wolf Haas, Katja Lange-Müller, Andreas Maier, Sibylle Lewitscharoff, Christian Kracht, Marion Poschmann, Thomas Hettche und Clemens J. Setz, Heinz Strunk, Petra Morsbach, Judith Schalansky, Norbert Scheuer, Christine Wunnicke, Gert Loschütz, Jan Faktor und Judith Hermann.

Der Digitalkanal Deutschlandfunk Dokumente und Debatten überträgt die Preisverleihung am Sonntag, 3. November, 11:00 Uhr, live im Radio und im Netz, eine Aufzeichnung ist später auch im Deutschlandfunk zu hören.

Pressekontakt: Tobias Franke-Polz,

tobias.franke-polz@deutschlandradio.de, Tel. 030-85036163

Christian Sülz (Pressesprecher)
Raderberggürtel 40, 50968 Köln
T +49 221 345-2161
 
Tobias Franke-Polz (Redakteur Presse)
Xenia Sircar (Redakteurin Presse)
Hans-Rosenthal-Platz, 10825 Berlin
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