Umformen und Fügen in nur einem Schritt: Otto von Guericke-Preis 2017 der AiF geht nach Hannover
Berlin/Köln (ots)
Für die Herstellung von Blechbauteilen, von Getränkedosen bis hin zu Karosserieteilen, ist das so genannte Tiefziehen das am weitesten verbreitete Fertigungsverfahren. Dabei werden Metallbleche mithilfe von Zug und Druck in großen Anlagen umgeformt. Bislang waren nach dem Tiefziehen immer zusätzliche Schritte im Rahmen des Herstellungsprozesses notwendig. So benötigten Schalldämpfer im Abgasbereich von Verbrennungsmotoren für die Automobilbranche insgesamt fünf einzelne Schritte, bis die gewünschte Baugruppe verschweißt und zum Einsatz bereit war.
Im Rahmen eines Projekts der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) (https://www.aif.de/igf) haben drei Wissenschaftler vom Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM) der Leibniz Universität Hannover (https://www.ifum.uni-hannover.de) diesen mehrstufigen, aufwändigen Prozess nun optimiert, so dass die verschiedenen Verfahrensschritte in einem einzigen Schritt zusammengeführt werden können. Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens, Dr.-Ing. Sven Hübner und Dipl.-Ing. Masood Jalanesh vom IFUM wurden dafür heute in Berlin während der jährlichen AiF-Veranstaltung "FORSCHER Mittelstand" mit dem Otto von Guericke-Preis der AiF (https://www.aif.de/ovg) ausgezeichnet. Der Preis wird einmal im Jahr für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der IGF vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. Die vorwettbewerbliche IGF wird im Innovationsnetzwerk der AiF und ihrer 100 Forschungsvereinigungen organisiert und vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) (www.bmwi.de) mit öffentlichen Mitteln gefördert.
Aufgrund der Ergebnisse des ausgezeichneten IGF-Projekts, das vom AiF-Mitglied Europäische Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e.V. (EFB) (https://www.aif.de/efb) koordiniert wurde, können unterschiedlichste Alltagsgegenstände, wie auch Zulieferteile für die Automobilindustrie, die zumeist von kleinen und mittelständischen Unternehmen gefertigt werden, jetzt schneller und preiswerter hergestellt werden. Das neue Werkzeugsystem kann in jeder konventionellen Presse angewendet werden und ermöglicht zudem ein extrem schnelles Ergebnis: Tiefziehen, Fügen und Kalibrieren von Baugruppen dauern nur noch drei Sekunden bei gleichzeitiger Kostenreduzierung um 50 Prozent. Zudem ist das Verfahren hochpräzise und kann beispielsweise für die Baugruppenfertigung im Bereich der Elektromobilität verwendet werden.
Bevor das neue Verfahren gelingen konnte, mussten die Ingenieure eine schwierige Hürde nehmen: Schweißprozesse sind nicht vollständig spritzerfrei und verhinderten dadurch bislang eine Integration ins Umformwerkzeug. "Jetzt ist es uns gelungen, das Buckelschweißen spritzerfrei weiterzuentwickeln und direkt in die Ziehstufe zu integrieren.", freut sich Hübner. "Endlich können wir alle Prozessoperationen in einem einzigen Werkzeug vereinen, um damit hochpräzise Werkzeuggruppen zu fertigen."
"Unser Unternehmen war von Anfang an im Projektbegleitenden Ausschuss des IGF-Projekts mit viel Elan engagiert. Für mich als mittelständischen Unternehmer bedeutet das optimierte Verfahren einen echten Wettbewerbsvorteil. Nicht nur das Einsparpotenzial, auch das extrem weite Anwendungsgebiet begeistert mich.", betont Ralf Bothfeld, Geschäftsführer der Harms & Wende GmbH & Co. KG in Hamburg. EFB-Geschäftsführer Dr.-Ing. Norbert Wellmann ergänzt: "Die neuen Erkenntnisse lassen sich auf weitere Produktionsprozessschritte in vielen Branchen übertragen. Die 17 am Projekt beteiligten Unternehmen sind hochzufrieden mit der Arbeit im Netzwerk und den Ergebnissen dieses IGF-Projekts."
Einen dreiminütigen Film zum Projekt finden Sie auf der Homepage der AiF unter https://www.aif.de/ovg2017.
Ansprechpartner zum Projekt
Prof. Dr.-Ing. Bernd-Arno Behrens, Institut für Umformtechnik und Umformmaschinen (IFUM), Leibniz Universität Hannover, E-Mail: behrens@ifum.uni-hannover.de, Telefon: +49 511 762 2164
Dr.-Ing. Norbert Wellmann, Europäische Forschungsgesellschaft für Blechverarbeitung e.V. (EFB), E-Mail: info@efb.de, Telefon: +49 511 971750
Über die AiF
Die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. ist das Forschungsnetzwerk für den deutschen Mittelstand. Sie fördert Forschung, Transfer und Innovation. Als Dachverband von 100 gemeinnützigen Forschungsvereinigungen mit mehr als 50.000 eingebundenen Unternehmen und 1.200 beteiligten Forschungsstellen leistet sie einen wichtigen Beitrag, die Volkswirtschaft Deutschlands in ihrer Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig zu stärken. Die AiF als gemeinnütziger Verein organisiert die Industrielle Gemeinschaftsforschung und betreut über die AiF Projekt GmbH und die AiF FTK GmbH, ihre einhundertprozentigen Tochtergesellschaften, weitere Förderprogramme der öffentlichen Hand. Im Jahr 2016 setzte die AiF rund 533 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln ein.
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