Energieagentur Rheinland-Pfalz GmbH
Pfaff-Gelände: Eine Wanderung zwischen Vergangenheit und Gegenwart
Auf dem Pfaff-Gelände in Kaiserslautern kann die Entwicklung von einer Industriebrache hin zu einem klimaneutralen Quartier nachvollzogen werden.
"Klimagerecht planen: Pfaff-Areal entdecken"
Fachveranstaltung mit Exkursion für Mitarbeiter:innen aus kommunalen KKP-Planungsämtern am 03. April in Kaiserslautern
Wie eine klimagerechte Quartiersentwicklung in der Praxis aussehen kann, erfuhren rund 40 Mitarbeitende aus Bauämtern bei einer Veranstaltung, die die Energieagentur Rheinland-Pfalz speziell für die Verwaltungen organisierten, die Partner im Kommunalen Klimapakt (KKP) der Landesregierung sind.
Bei strahlendem Sonnenschein hatten die teilnehmenden Akteure Anfang April die Möglichkeit, unter fachkundiger Führung das Gelände des ehemaligen Pfaff-Nähmaschinenherstellers im Rahmen einer Exkursion zu erkunden und einen Blick hinter die Kulissen zu werfen. Wie eine klimagerechte Bauleitplanung funktionieren kann und welche Herausforderungen hierbei genommen werden müssen erläuterten Diana Neubert und Christian Persohn vom Leuchtturmvorhaben EnStadt:Pfaff.
Die Teilnehmenden konnten sich einen Eindruck von der Aufenthaltsqualität des sanierten „alten“ Verwaltungsgebäudes verschaffen. Darin sind unter anderem Veranstaltungsräume und eine Ausstellung zur Entwicklung des Geländes in Form eines Reallabors untergebracht. Besucher lernen hier mehr über die Bausteine einer Quartiersentwicklung zu den Themen Energie, Gebäude, Mobilität sowie Mensch und Technik.
Klimagerechte Quartiersentwicklung
Pia Schlößl von der Energieagentur Rheinland-Pfalz erläuterte, dass die Kommunen die entscheidenden Akteure sind, wenn es um die Umsetzung von Maßnahmen zur klimagerechten Quartiersentwicklung geht: „Neben einer guten Kenntnis der gesetzlichen Möglichkeiten zur Anwendung von Planungsinstrumenten, Städtebau- und Energiefachrecht, kommt den kommunalen Vertretern die anspruchsvolle Aufgabe zu, Akteure für das Thema zu sensibilisieren. Um den derzeit linear ansteigenden Flächenverbrauch und die damit einhergehende Versiegelung zu stoppen, muss dringend das Augenmerk auf den Bestand gelegt werden“.
EnStadt:Pfaff: Von der Industriebrache zum klimaneutralen Quartier - Erfolgsfaktoren und Hemmnisse
Diana Neubert, Projektmanagerin der Stadt Kaiserslautern für das vom BMWK und BMDF geförderte Leuchtturmprojekt „EnStadt:Pfaff“, veranschaulichte, wie das historisch bedeutsame Areal des ehemaligen Nähmaschinenherstellers „Pfaff“ unter wissenschaftlicher Begleitung zu einem modernen, vielfältig nutzbaren und vor allem klimaneutralen Quartier umgestaltet wird.
Durch die hervorragende Infrastruktur und die Innenstadtnähe ist das Gelände für vielfältige Nutzungen attraktiv. Deshalb soll dort ein modernes klimagerechtes Mischquartier für Arbeiten, Wohnen und Gewerbe entstehen, das sich durch eine innovative Wärmeversorgung auszeichnet. Möglich ist dies durch die Mitarbeit zahlreicher Institutionen und Unternehmen, die wissenschaftliche Begleitung der Hochschulen und nicht zuletzt finanzielle Förderung des Bundes (mehr dazu: https://pfaffquartier-klimaneutral.de/). Unter der Leitung der Stadt sollen so Ansätze einer nachhaltigen Quartiersentwicklung erprobt werden, die künftig auf die gesamte Stadt übertragen werden sollen.
Aber auch die Hemmnisse bei der Umsetzung des Planung verschwieg die Projektmanagerin nicht: “Die europaweite Ausschreibung war zeitraubender als erwartet, der Ukraine-Krieg verursachte Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Materialien und erwünschte Entsiegelung ist aufgrund der enormen Vorbelastung der Böden nicht möglich, da das Grundwasser dann noch stärker belastet würde. Ohnehin muss dieses über 30 Jahre saniert werden“. Auch das Energiekonzept aus dem Jahr 2019 musste immer wieder angepasst werden, weil sich beispielsweise die Nutzung industrieller Abwärme aus einem nahegelegenen Betrieb als nicht wirtschaftlich darstellbar erwies.
Um die Vermarktung weiter voranzubringen und Ängste abzubauen müsse der Dialog mit der Lokalpolitik gestärkt und es sei notwendig die Vorteile der Klimaneutralität stärker herauszuarbeiten.
Frühe Einbindung von Energieeffizienzplanern: Kostenreduzierung und klare Schnittstellen im Bau
Die Bedeutung des Pfaff-Areals als „Leuchtturmprojekt“, bei dem eine klimaneutrale thermische und elektrische Energieversorgung erreicht werden soll, hob Christian Persohn, Geschäftsführer der Ingenieur- und Gutachtergesellschaft Christian Persohn mbH, hervor. Aufgrund des hohen Anteils an denkmalgeschützter Bausubstanz und den hohen gestalterischen Anforderungen, aber auch wegen den Anforderungen der neuen Nutzer mussten für die verschiedenen Bereiche des Areals individuelle und innovative Lösungen entwickelt werden. „Im ‚neuen‘ denkmalgeschützten Verwaltungsgebäude ist beispielsweise ein medizinisches Versorgungszentrum untergebracht, das neben einem hohen Energiebedarf auch für die sensiblen medizinischen Geräte auf eine gleichbleibende Spannungsqualität angewiesen ist. Durch die durchgeführten Maßnahmen wie Überdachung, Dämmung und den Einbau von Spezialfenstern konnte der Primärenergieverbrauch um 33 Prozent gesenkt werden“, so Persohn.
„Energieagentur und Energieeffizienzplaner bei Sanierungs- und Bauprojekten frühzeitig involvieren, um Kosten zu reduzieren“, war sein konkreter Tipp an die Planerinnen und Planer. Dabei solle aus seiner Sicht weniger auf Zwang gesetzt werden, erfolgversprechender sei eine gute und fachlich fundierte Überzeugungsarbeit, bei der die langfristigen Kosteneinsparungen sichtbar werden.
Austausch wichtig
Viele Kommunen stehen vor der schwierigen Aufgabe, wie sie Entwicklungen im Innenbereich vorantreiben und insbesondere Brachflächen revitalisieren können. Dies war auch die Motivation vieler Teilnehmenden der Veranstaltung, sich die Entwicklungen auf dem Pfaff-Areal genauer anzuschauen und miteinander in den Austausch zu treten. Die Energieagentur Rheinland-Pfalz hat bereits angekündigt, dass sie die Reihe der Netzwerktreffen für Bauamtsmitarbeitende fortsetzen wird.
Exkursion Pfaff-Gelände: Entdeckungsreise zu historischer Industrie-Architektur mit neuen Nutzungen
Das ehemalige „neue“ und denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude aus dem Jahr 1958 wird heute als medizinisches Versorgungszentrum genutzt. Vor allem aus energetischen Gesichtspunkten wurde der Innenhof mit Glas überdacht – so entstand ein wettergeschütztes Entrée mit eindrucksvoller Raumwirkung, das auf vielfältige Weise genutzt werden kann.
Aber die Besucher konnten auch die besondere Optik und Atmosphäre des neu gebauten und in dieser Form in Europa einzigartigen Parkhauses in modularer Holzbauweise kennenlernen. Christian Persohn informierte darüber, dass die Standsicherheit bei der Holzkonstruktion im Brandfall länger gewährleistet ist und somit eine höhere Sicherheit besteht als bei einem herkömmlichen Parkhaus in Betonbauweise. Hier wird der hohen Verkehrsbelastung durch die medizinische Versorgung Rechnung getragen und zur innovativen Holzbauweise werden auch Ladesäulen für E-Fahrzeuge sowie über 350 Fahrradstellplätze realisiert.
Rot ist damals wie heute die bestimmende Farbe auf dem Pfaff-Areal – und eine farbliche Vorgabe in der Gestaltungssatzung. An der Hauswand des alten Verwaltungsgebäudes wurden dementsprechend eingefärbte Solarmodule angebracht. Diese fördern die Akzeptanz und integrieren sich unaufdringlich in das Gebäudeäußere, sodass hier auch dem architektonischen Anspruch der Denkmalämter Rechnung getragen wird. Dies eröffnet dem Klimaschutz mehr Möglichkeiten.
Das Nebeneinander von historischer Industriearchitektur und innovativen Neubauten prägt den Eindruck des Geländes.
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