Befragung von Hochschulen: Familiengerechtigkeit verringert Fairnessdebatten
Frankfurt (ots)
Die Debatten um ein faires Führungsverhalten und faire Vereinbarkeitsangebote haben an Hochschulen zwar während der Coronapandemie zugenommen, die systematische Gestaltung familiengerechter Arbeits-, Forschungs- und Studienbedingungen wirkt den Diskussionen aber erfolgreich entgegen. Das ist eins der zentralen Ergebnisse der Befragung von 22 Hochschulen, die aktuell das Zertifikat zum audit familiengerechte hochschule tragen.
In der von Juli bis August 2022 online von der berufundfamilie Service GmbH durchgeführten Umfrage "Familien-gerecht? - Moderne Studien- und Arbeitsbedingungen auf dem Fairness-Prüfstand" gaben rund 70 Prozent an, dass Fairness- bzw. Gerechtigkeitsdebatten während der Coronapandemie an ihrer Hochschule häufiger aufgetreten sind - bei 9,1 Prozent haben sie sogar stark zugenommen. Bei 31,8 Prozent der Hochschulen sind die Fairnessdebatten stark ausgeprägt, bei 59,1 Prozent sind sie teilweise und bei 9,1 Prozent wenig ausgeprägt.
Fairnessdebatten bestehen insbesondere zwischen Beschäftigten des wissenschaftlichen und des technisch-administrativen Bereichs: Bei 45,5 Prozent geht es um die unterschiedliche Anzahl der angebotenen Vereinbarkeitsmaßnahmen bei diesen Mitarbeitendengruppen. Diese ist im wissenschaftlichen Bereich oft geringer. Bei vier von zehn Hochschulen (40,9 Prozent) sind unter technisch-administrativen und wissenschaftlichen Mitarbeitenden Debatten hinsichtlich des gleichberechtigten Zugangs zu den Vereinbarkeitsangeboten vorhanden und bei 22,7 Prozent ist zwischen diesen Beschäftigtenbereichen die Qualität der Vereinbarkeitsangebote ein Diskussionspunkt.
31,8 Prozent der Hochschulen stellen Fairnessdebatten bzgl. der Vereinbarkeitsangebote zwischen Beschäftigten und Studierenden fest - sowohl was deren Anzahl als auch den gleichberechtigten Zugang zu ihnen und deren Qualität angeht.
Inhaltlich geht es bei den Fairnessfragen vor allem um die Performance der Führung - 63,6 Prozent berichten davon. Bei 59,1 Prozent der Hochschulen machen sich die Fairnessdebatten am personalpolitischen Handlungsfeld Arbeits-, Forschungs- und Studienort fest. Ebenfalls sechs von zehn Hochschulen (59,1 Prozent) haben die Befristung von Verträgen im wissenschaftlichen Bereich zum Thema. Bei 54,5 Prozent der Hochschulen entfachen sich Fairnessdebatten an der Arbeits-, Forschungs- und Studienzeit. An 45,5 Prozent beziehen sich die Gerechtigkeitsfragen auf das Handlungsfeld Arbeits-, Forschungs- und Studienorganisation. Weitere Themen bzw. Handlungsfelder, in denen eine faire Behandlung diskutiert wird, sind: Gleichstellung der Geschlechter (36,4 Prozent), Information und Kommunikation (31,8 Prozent), Service für Familien (31,8 Prozent), Personalentwicklungund wissenschaftliche Qualifizierung (22,7 Prozent) sowie Entgeltbestandteile, geldwerte Leistungen und Studienfinanzierung (22,7 Prozent).
Vereinbarkeitspolitik denkt fair
Auf der Suche nach probaten Strategien, Fairnessfragen zu dezimieren, zeigt eine strategische Vereinbarkeitspolitik großes Potenzial: Für nahezu acht von zehn Hochschulen (81,1 Prozent) besteht eine starke oder sehr starke Verbindung zwischen Fairness und familiengerechten Arbeits- und Studienbedingungen. Zudem sagen sechs von zehn Hochschulen (59,1 Prozent), dass ihre Vereinbarkeitspolitik zur Verringerung von Fairnessdebatten wichtig sein, 40,9 Prozent halten sie sogar für sehr wichtig. Keine der Hochschulen sieht ihr Vereinbarkeitsengagement als weniger wichtig oder etwa absolut irrelevant an, wenn es darum geht, Fairnessdebatten zu verringern.
Entsprechend nutzen die nach dem audit familiengerechte hochschule zertifizierten Organisationen ihre Vereinbarkeitspolitik auch, um Fairnessdebatten gezielt zu begegnen. Zu den konkreten Maßnahmen zählen bei 90,9 Prozent beispielsweise die Förderung der Geschlechtergleichbehandlung, z.B. im Rahmen von Professor*innenprogrammen, durch einen Karriereservice für Frauen*, einen Gleichstellungsplan, Fördermittel für Frauen und Geschlechterforschung. Jeweils 77,3 Prozent der Hochschulen haben ein Gleichstellungsbüro bzw. ein Familienbüro, dessen Arbeit sie im Sinne des fairen Miteinanders einsetzen. Acht von zehn Hochschulen (81,8 Prozent) setzen auf die Sensibilisierung der Führungskräfte und Lehrenden im Hinblick auf unterschiedliche Vereinbarkeitsbedarfe der diversen Statusgruppen.
Zu den auf bestimmte Statusgruppen zugeschnittenen Angeboten gehört der Nachteilsausgleich für Studierende mit Sorgeaufgaben (bei 90,9 Prozent). Ebenfalls an 63,6 Prozent der Hochschulen ist ein Teilzeitstudium möglich. 59,1 Prozent bieten Blended Learning.
Für Beschäftigte im technisch-administrativen Bereich wurden an 63,6 Prozent der Hochschulen Regelungen zur flexiblen Wahl des Arbeitsorts etabliert, mit denen Transparenz und gleiche Bedingungen gewahrt werden.
45 Prozent der befragten Hochschulen haben eine Selbstverpflichtungserklärung zur Reduzierung von befristeten Arbeitsverträgen im wissenschaftlichen Bereich bzw. zum Angebot alternativer Stellenangebote etabliert.
Weitere 45 Prozent passen den Semesterbeginn an Ferienzeiten an. Vier von zehn Hochschulen (40,9 Prozent) unterbreiten Dual-Career-Angebote. Und fast ein Drittel (31,8 Prozent) hat klare Regelungen für längere Auszeiten bzw. Sabbaticals - etwa hinsichtlich Urlaubssemester oder Forschungszeit - erstellt.
Fair kommuniziert: Durchdringung und Passgenauigkeit zählt
Mit einer konsequenten und durchdringenden Information bzw. Kommunikation bilden Organisationen eine unerlässliche Grundlage für ein faires Miteinander - so auch die Hochschulen. Um sicher zu stellen, dass alle Statusgruppen erreicht werden, nutzen die Hochschulen vor allem Internetauftritt/e (95,5 Prozent). Das am zweithäufigsten genannte Kommunikationsangebot der Hochschulen sind mit 81,8 Prozent Infoveranstaltungen, gefolgt von Intranet sowie Gremienarbeit, die Beteiligung ermöglicht - mit jeweils 77,3 Prozent. 68,2 Prozent der Hochschulen informieren intensiv über Aktionstage zu ausgewählten Themen.
59,1 Prozent setzen Studierendenevaluationen zur Erfassung der Bedarfe und zur Kommunikation ein. 40,9 Prozent nutzen in der Kommunikation Befragungen zu unterschiedlichen Themen.
54,5 Prozent der Hochschulen bieten Materialien, die über die Angebote bzgl. privater Aufgaben (Pflege, Elternschaft, Hobbies, Ehrenamt etc.) aufklären. 59,1 Prozent der Hochschulen erstellen Informationen, die speziell auf die Bedarfe der jeweiligen Statusgruppe (Beschäftigte im technisch-administrativen Bereich, Lehrende, Forschende, Studierende) zugeschnitten sind.
Zum aktuellen berufundfamilie Scout
Unter dem Dach berufundfamilie Scout führte die berufundfamilie Service GmbH vom 11.07.2022 bis 19.08.2022 die Online-Kurzumfrage "Familien-gerecht? -Moderne Studien- und Arbeitsbedingungen auf dem Fairness-Prüfstand"durch. Vertreter*innen von 22 Hochschulen, die aktuell das Zertifikat zum audit familiengerechte hochschule tragen, nahmen teil. Bei gut 40 Prozent der befragten Hochschulen sind zwischen 501 und 1.500 Beschäftigte tätig. 31,8 Prozent haben zwischen 101 und 500 Mitarbeitende, 18,2 Prozent über 3.000 und 9,1 Prozent zwischen 1.501 und 3.000 Beschäftigte. Bei 40,9 Prozent der teilnehmenden Hochschulen sind bis 5.000 Studierende immatrikuliert. Jeweils 22,7 Prozent haben zwischen 5.001 und 10.000 bzw. über 20.000 Studierende. Bei 13,6 Prozent der Hochschulen sind zwischen 10.001 und 20.000 Studierende eingeschrieben.
Die Präsentation der Umfrageergebnisse ist (in Chartform) abrufbar auf der berufundfamilie-Website: https://bit.ly/3AWQHbM
Die berufundfamilie Service GmbH ist Dienstleister und Think Tank im Themengebiet Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Sie begleitet erfolgreich Unternehmen, Institutionen und Hochschulen bei der Umsetzung einer nachhaltigen familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik und der Gestaltung familiengerechter Forschungs- und Studienbedingungen. Ihr zentrales Angebot ist das audit berufundfamilie bzw. audit familiengerechte hochschule, das von der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung initiiert wurde. Das audit ist das strategische Managementinstrument, welches Arbeitgeber dazu nutzen, ihre Personalpolitik familien- und lebensphasenbewusst aufzustellen und ihre Arbeitgeberattraktivität zu stärken. Seit 1998 wurden rund 1.900 Organisationen mit dem Zertifikat zum audit ausgezeichnet. Bundesfamilienministerin Lisa Paus MdB trägt die Schirmherrschaft für das audit. www.berufundfamilie.de
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