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Mit Wahlbenachrichtigungen können keine Stimmen für Fremde abgegeben werden

Derzeit wird in den sozialen Medien ein Foto verbreitet, das ein Bündel Wahlbenachrichtigungen zeigt. Diese 14 Briefe sollen laut einem Facebook-Post vom 12. Mai angeblich am 30. April 2019 in einer Krankenhausstation für Wachkoma-Patienten eingegangen sein. Unter anderem suggeriert der Account "Bekenntnis zu Deutschland II" damit, dass es zu Manipulationen bei der bevorstehenden EU-Wahl kommen könnte. "Alle komatöse Patienten beteiligen sich an der Wahl", heißt es.

BEWERTUNG: Anhand einer Wahlbenachrichtigung kann niemand für einen anderen eine Stimme abgeben. Den Schreiben liegen nämlich keine Wahlscheine bei, auf denen man Parteien ankreuzen kann. Fremde können nur mit unterschriebener Vollmacht den Wahlschein für einen anderen Wahlberechtigten beantragen. Pfleger sind keine Vormunde von Patienten - und dürfen von sich aus keinen Antrag stellen.

FAKTEN: Laut Facebook-Post (http://dpaq.de/fsw2v; archiviert: http://dpaq.de/EsnA2) soll eine Pflegerin einer Krankenstation mit Wachkoma-Patienten das Foto der Wahlbenachrichtigungen geschossen haben. Wo und in welchem Krankenhaus das passiert sein soll, wird nicht mitgeteilt. Es gibt keinen Beleg dafür, dass die Geschichte stimmt.

In seltenen Fällen ist es durchaus möglich, dass Patienten ihre Wahlbenachrichtigung an ein Krankenhaus gesandt bekommen. Nach Angaben einer Referentin des Bundeswahlleiters ist dafür aber Voraussetzung, dass sie in keiner anderen Wohnung in Deutschland gemeldet sind. Das sieht das Bundesmeldegesetz so vor (http://dpaq.de/mXCdf). Das gilt ebenso für Alten- und Pflegeheime.

Das heißt in Bezug auf den Facebook-Post: Alle 14 dargestellten Briefe hätten an Koma-Patienten gehen müssen, die keinen anderen Wohnsitz außerhalb dieses Krankenhauses haben. Das ist zwar theoretisch möglich, praktisch jedoch sehr unwahrscheinlich.

Jeder Wahlberechtigte in Deutschland bekommt eine Benachrichtigung und ist im Wählerverzeichnis eingetragen (http://dpaq.de/8W8Pf). Zudem wird in dem Schreiben erst einmal nur mitgeteilt, wo, wann und worüber am Wahltag abgestimmt wird. Ein Wahlschein, auf dem man eine Partei ankreuzen könnte, liegt der Benachrichtigung nicht bei.

Die Schreiben auf dem Foto ermöglichen zunächst also nur, sich einen Wahlschein für die Abstimmung zusenden zu lassen, um überhaupt per Briefwahl abstimmen zu können. Einen solchen Antrag aber muss der Wahlberechtigte persönlich unterschreiben und an das zuständige Bezirkswahlamt senden. Wachkoma-Patienten sind dazu nicht in der Lage.

Zwar können auch Dritte einen Wahlschein für einen Wahlberechtigten beantragen oder beim Bezirksamt abholen, brauchen dafür aber eine unterschriebene Vollmacht. Auch diese Vollmacht dürfte nur schwer von einenm Wachkoma-Patienten zu erhalten sein. (Muster einer Wahlbenachrichtigung: http://dpaq.de/17VNG)

Gewählt werden darf in Deutschland nur persönlich. Das heißt: Kein anderer darf ohne Zustimmung für den Wahlberechtigten entscheiden, welcher Partei er seine Stimme gibt (http://dpaq.de/07obf). Ist der Wille des Wählers nicht zu erfahren, darf kein Wahlschein ausgefüllt werden.

Auch Betreute behalten ihr persönliches Wahlrecht. Zwar dürfen sich Menschen beim Ausfüllen des Wahlscheins helfen lassen, dabei gilt aber ausschließlich der Wille des Wählers - nicht der des Helfers.

Der gebündelte Erhalt von Wahlbenachrichtigungen ist natürlich keine Straftat. Strafbar macht sich allerdings, wer für einen anderen den Wahlschein ohne dessen Wissen beantragt oder ausfüllt. So drohen unter anderem für Wahlfälschung oder die Fälschung von Wahlunterlagen, Wahlbehinderung oder Wählernötigung Gefängnisstrafen von mehreren Jahren (Paragrafen 107/108 StGB: http://dpaq.de/JGELK)

Der irreführende Facebook-Post wurde unter anderem über die Accounts "AfD Spree-Neiße" (http://dpaq.de/Cqd1F) und "Alternative für Deutschland - Kreisverband Nordwestmecklenburg" (http://dpaq.de/WLifs) weiterverbreitet.

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- Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com

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