Das Kind war zusammen mit seiner Mutter auf der Flucht
Berlin (ots)
Ein in sozialen Medien geteiltes Foto zeigt ein Kind in einer wüstenartigen Landschaft, das eine Plastiktüte trägt. Der Text darunter behauptet, es wandere von Syrien nach Jordanien aus und trage nur die Kleider seiner getöteten Mutter und Schwester bei sich. Außerdem sind mehrere Erwachsene zu sehen, die sich offenbar um das Kind kümmern. Als Quelle ist ein Link zu einem "Guardian"-Artikel angegeben (https://perma.cc/U7H7-MVVP).
BEWERTUNG: Das Foto stammt tatsächlich von der syrisch-jordanischen Grenze. Der gezeigte Junge war jedoch nicht allein unterwegs, sondern zusammen mit seiner Mutter in einer größeren Gruppe.
FAKTEN: Der "Guardian"-Artikel vom 18. Februar 2014, der als Quelle angegeben ist, deckt sich nicht mit den Angaben aus dem Text (http://dpaq.de/DapOe). Demnach war der Junge weder allein in der Wüste, noch war er ohne seine Familie unterwegs, sondern als Teil einer Flüchtlingsgruppe, die von UN-Mitarbeitern begleitet wurde.
Die Geschichte des Fotos geht auf einen Tweet vom 16. Februar 2014 zurück. Im Text heißt es dort, "der vier Jahre alte Marwan, der kurzzeitig von seiner Familie getrennt war" werde von UNHCR-Mitarbeitern dabei unterstützt, nach Jordanien zu gelangen (http://dpaq.de/D2edq).
Der Tweet stammt von Andrew Harper, damals Chef des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Jordanien (http://dpaq.de/9nvBj). Laut "Guardian" gab das UNHCR dem Jungen den Namen Marwan, um dessen Identität zu schützen.
Die Information, der Junge sei von seiner Familie getrennt, wurde mehrfach fehlinterpretiert. So teilte am 17. Februar 2014 die CNN-Korrespondentin Hala Gorani das Foto auf Twitter und fügte folgenden Kommentar hinzu: "UN-Mitarbeiter fanden den vierjährigen Marwan, der allein die Wüste kreuzte, nachdem er aus Syrien flüchtend von seiner Familie getrennt wurde." (http://dpaq.de/8RiBC)
Einen Tag später veröffentlichte Harper bei Twitter ein weiteres Foto. Darauf sieht man eine Gruppe von Menschen, die durch die Wüste wandern. In einer Ausschnittvergrößerung ist ein Kind zu erkennen, das gekleidet ist wie der Junge auf dem ersten Foto. Harper schrieb dazu: "Er ist getrennt - er ist nicht allein" (He is separated - he is not alone) (http://dpaq.de/and11).
Der Junge sei in den chaotischen Massenbewegungen der Flucht kurzzeitig von seiner Familie getrennt gewesen, berichtete Harper dem australischen Nachrichtenportal "news.com.au". Dies käme häufig vor. Kurz nach Überquerung der jordanischen Grenze sei er wieder mit seiner Mutter vereint worden (http://dpaq.de/UIEaY).
---
Links:
Beitrag: https://www.instagram.com/p/B55FFNUCdaA/ (archiviert: https://perma.cc/U7H7-MVVP)
Verlinkter "Guardian"-Artikel: https://www.theguardian.com/world/2014/feb/18/image-syrian-boy-desert-un-refugees-tweet (archiviert: http://dpaq.de/DapOe)
Original-Tweet mit Foto: https://twitter.com/And_Harper/status/435656670317150208 (archiviert: http://dpaq.de/D2edq)
Harper-Interview UNHCR: https://www.unhcr.org/news/stories/2018/4/5acf7d874/must-believe-difference-things-better-andrew-harper.html (archiviert: http://dpaq.de/9nvBj)
Tweet von Hala Gorani (archiviert): https://web.archive.org/web/20140217223009/https://twitter.com/HalaGorani/status/435427156244439040
Weiteren Tweet von Andrew Harper: https://twitter.com/And_Harper/status/435656670317150208 (archiviert: http://dpaq.de/and11)
Bericht bei news.com.au: https://www.news.com.au/technology/online/how-unhcr-worker-andrew-harpers-tweet-of-syrian-refugee-boy-went-viral-for-the-wrong-reason/news-story/d4de1508567a3759d3a1f6a62058be63 (archiviert: http://dpaq.de/UIEaY)
---
Kontakt zum dpa-Faktencheckteam: faktencheck@dpa.com
© dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH. Die vorstehenden Inhalte sind urheberrechtlich geschützt. Jegliche Nutzung von Texten, Grafiken und Bildern ohne vertragliche Vereinbarung oder sonstige ausdrückliche Zustimmung der dpa ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für die Verbreitung, Vervielfältigung und öffentliche Wiedergabe sowie Speicherung, Bearbeitung oder Veränderung. Alle Rechte bleiben vorbehalten.