„Eine Reform zum Nulltarif ist nicht möglich“
Hubertus Jaeger, Kaufmännischer Vorstand der DGD-Stiftung, sieht die geplante Reform der Krankenhausfinanzierung „weder als Revolution noch als großen Wurf“.
Marburg. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat Pläne für eine Reform der Krankenhausfinanzierung vorgestellt: „Die Medizin wird wieder in den Vordergrund der Therapie gestellt und folgt nicht der Ökonomie“, sagte er.
Doch für Hubertus Jaeger, Kaufmännischer Vorstand der DGD-Stiftung in Marburg, steht fest: „Diese Reform ist weder eine Revolution noch der große Wurf.“ Die Krankenhausfinanzierung müsse dringend reformiert werden – wie auch das Gesundheitssystem insgesamt an vielen Stellen eklatante Schwächen habe. „Aber viele Probleme, die es gibt, werden mit diesem Ansatz nicht gelöst.“ Die ausreichende Finanzierung der Investitionen bleibe ebenso auf der Strecke, wie die von notwendigen Digitalisierungsstrategien. „Auch die Überwindung der Grenze zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor ist nicht gelöst“, zählt Jaeger auf.
Und an der Personalnot in den Krankenhäusern könne das neue Finanzierungskonzept ebenfalls nichts ändern. „Diese ist auch dem demografischen Wandel geschuldet. Die vorgestellte Reform trägt zur Linderung des Personalproblems nichts bei“, verdeutlicht er. Zudem werde der „überbordende Bürokratismus, der zudem mit Restriktionen belegt ist“, komplett ausgeklammert.
In Jaegers Augen haben die Pläne einen eklatanten Geburtsfehler: „Die Reform soll keine Mehrkosten verursachen – vielmehr will man nur das vorhandene Budget anders verteilen, weil angeblich genug Geld im System ist.“ Eine Reform zum Nulltarif sei jedoch nicht möglich. Denn: Die Berechnungen basieren auf Zahlen aus dem Jahr 2021, „als es ohnehin schon eine strukturelle Unterdeckung gab. Die Pläne sind nicht geeignet, die Kostensteigerungen zu refinanzieren, die alleine schon durch jährliche Tarifentwicklungen stattfinden.“ Das gelte grundsätzlich und nicht nur in der jetzigen Inflationskrise, deren zusätzlichen Belastungen in der Reform ebensowenig eingepreist seien, wie die gestiegenen Energiekosten.
Die Idee, mit einem Sockelbetrag Vorhaltekosten zu tragen, „halten wir für sinnvoll. Doch wird das DRG-System ja nicht überwunden, wie es Lauterbach eigentlich angekündigt hatte“. Vielmehr müssten die Krankenhäuser immer noch 40 respektive 60 Prozent ihrer Kosten, die über die Sockelfinanzierung hinaus gehen, durch abgesenkte Fallpauschalen erwirtschaften. „Dadurch sind die Effekte, die man vonseiten der Politik nicht mehr will, weiterhin da.“
Das Fallpauschalen-System werde „zu Unrecht so verteufelt. Das Problem resultiert aus der ständigen Unterfinanzierung der Krankenhäuser – weil die Länder ihrer Finanzierungsverpflichtung der Investitionskosten schon seit Jahren nicht nachkommen“, sagt Hubertus Jaeger. Um diese Unterdeckung und steigende Kosten zu erwirtschaften, müssten Kliniken zwangsläufig mehr Patienten behandeln, was zur Kritik des Systems führe. „Mit einer auskömmlichen Finanzierung wäre das jedoch nicht notwendig.“
Dr. Claudia Fremder, Fachlicher Vorstand der DGD-Stiftung, fügt hinzu: „Auch die Infrastruktur außerhalb der Krankenhäuser muss bei der Reform in den Blick genommen werden. Diese ist nämlich häufig zu schlecht entwickelt.“ Dazu zählen beispielsweise Patiententransporte, das Case-Management oder eine sektorenübergreifende Überleitungspflege. „Dafür braucht es Berufsgruppen, deren Bezahlung auch bei der Finanzierung mit berücksichtigt werden muss.“ Zudem plädiert Dr. Fremder dafür, die Basis der Krankenkassenfinanzierung auszuweiten. „Dort sollten alle Einkunftsarten einbezogen werden.“
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