Hohe Auszeichnung für Adipositaszentrum im DGD Krankenhaus Sachsenhausen
Klinik gilt nun als einziges Referenzzentrum in Hessen / Chefarzt Dr. Plamen Staikov: „In Deutschland wird bei starker Fettleibigkeit zu spät operiert“
Frankfurt am Main-Sachsenhausen. Die Anzahl der Menschen, die an Übergewicht leiden, steigt stetig an. Erst im vergangenen Frühjahr schlug die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Alarm: Demnach leben fast 60 Prozent der Erwachsenen in Europa mit Übergewicht oder Fettleibigkeit (Adipositas). Letzteres steht unter anderem mit 13 verschiedenen Krebsformen im Zusammenhang, könnte in den kommenden Jahrzehnten gar das Rauchen als Hauptrisikofaktor für Krebs ablösen. Zudem zähen zu den gesundheitlichen Folgen Diabetes, chronische Atemwegserkrankungen wie Asthma, Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Leber- und Nierenkrankheiten, aber auch psychische Probleme und Rückenschmerzen.
Für die WHO gelten Menschen ab einem Body Mass Index (BMI) von 25 als übergewichtig, ab 30 sprechen die Experten von Fettleibigkeit oder Adipositas. Der BMI wird aus Körpergröße und -gewicht berechnet. Mit einem BMI von 30 beginnt eine krankhafte Fettleibigkeit – häufig gepaart mit teils schweren Folgeerkrankungen und einer eingeschränkten Lebensqualität.
Wenn Diäten oder eine Umstellung der Gewohnheiten keinen bleibenden Effekt erbringen, bieten die Spezialisten des Adipositaszentrums im DGD Krankenhaus Sachsenhausen den Betroffenen ein Therapiekonzept. Nun ist das langjährige Kompetenzzentrum, das bereits seit gut zwei Jahrzehnten besteht, von der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie nicht nur re-zertifiziert, sondern zum Referenzzentrum hochgestuft worden. Das Adipositaszentrum ist somit eines von lediglich 21 Referenzzentren bundesweit – und das Einzige in Hessen.
Chefarzt Dr. Plamen Staikov freut sich über die Hochstufung. Die komme nicht von ungefähr: „Wir nehmen hier als eines der größten Zentren in Deutschland im Jahr um die 1.000 Adipositas-Operationen vor, genießen nicht nur bundesweit, sondern auch im Ausland eine sehr hohe Reputation“, erklärt er. Etwa 700 davon seien Erst-OPs, „bei den anderen 30 Prozent handelt es sich um Revisions-Operationen, für die eine hohe Expertise nötig ist“, sagt Staikov. Doch was macht diese so herausfordernd? „Sie sind komplexer und risikobehafteter, erfordern ein hohes Maß an Erfahrung. Denn diese Patienten, die aus ganz Deutschland zu uns kommen, wurden bereits ein- oder gar mehrmals operiert.“ Doch hätten diese Operationen nicht den gewünschten Erfolg gehabt, „die Patienten nehmen wieder deutlich zu. Also müssen wir schauen, welche chirurgischen Optionen noch möglich sind – dafür braucht es viel Know-how“.
Der Mediziner bemängelt, dass in Deutschland im internationalen Vergleich „viel zu spät und viel zu wenig bei krankhafter Fettleibigkeit operiert wird“. Schaue man etwa nach Belgien oder in die skandinavischen Länder, „dann finden dort bis zu acht Mal mehr Operationen bei vergleichbarer Adipositas-Rate in der Bevölkerung statt“. Und in der Schweiz, in der Dr. Plamen Staikov lange tätig war, „haben wir die Patienten etwa acht bis zehn Jahre früher operiert“. Mit der Konsequenz, dass die Folgeerkrankungen, die mit starkem Übergewicht einhergehen, weniger stark ausgeprägt seien – und entsprechend die Kosten für diese Erkrankungen das Gesundheitssystem nicht belasteten.
Der Durchschnitts-BMI für Operationen liege in Deutschland ungefähr bei 50. „Die Patienten sind also älter, kranker und immobiler“, sagt Staikov. Der Gewichtsverlust durch eine Adipositas-OP sei indes immer gleich. „Wenn ich einen BMI von 40 habe, nehme ich 70 Prozent des Übergewichts ab – und mit einem BMI von 50 ebenfalls“, erläutert Staikov. Folglich sei es logisch, „dass ich am Ende mit einem BMI von 50 zwar mehr Kilos verloren habe – aber immer noch mehr Übergewicht habe, als jemand, der mit einem BMI von 40 in die OP gegangen ist.“
Er erläutert dies an zwei Fällen: „Wenn jemand mit 180 Kilogramm bei einer Größe von 1,80 Metern operiert wird, hat er 100 Kilo Übergewicht. Das ist ein recht typischer Fall mit einem BMI über 50.“ Wenn dieser Patient am Ende 70 Prozent des Übergewichts verliere, „dann hat er zwar 70 Kilogramm abgenommen, ist aber immer noch 30 Kilogramm zu schwer“, rechnet Staikov vor. Hätte der Patient bereits vorher operiert werden dürfen, als er „50 Kilogramm Übergewicht hatte, dann bleiben am Ende noch 15 Kilogramm zu viel übrig. Er ist also näher am Normalgewicht – und hat ein kleineres Risiko, wieder zuzunehmen.“ Denn letztlich falle es dem zweiten Patienten wesentlich leichter, wieder aktiv zu sein, sich mehr zu bewegen.
Für Staikov liegt „die magische Grenze bei einem BMI von 40. Denn ab diesem Wert stehen die Chancen, dass man mit konservativer Behandlung ohne OP eine bleibende und ausreichende Gewichtsreduktion erreicht, bei weniger als drei Prozent“.
Doch wo liegen in Deutschland die Grenzen für Operationen? „Wer einen BMI ab 50 hat, kann direkt operiert werden. Bei einem BMI ab 40 erfolgt die direkte Operation indes nur, wenn der Patient auch einen Diabetes entwickelt hat“, zählt der Arzt auf. Wer einen BMI zwischen 40 und 50 mit anderen Begleiterkrankungen ohne Diabetes hat, muss zunächst ein konservatives Programm absolvieren. „Wir bieten in unserem Adipositaszentrum dieses halbjährige, multimodale Konzept an, das eine Ernährungstherapie ebenso, wie eine Bewegungs- und Verhaltenstherapie beinhaltet.“ Sollte dieses nicht ausreichend anschlagen, „darf dann operiert werden“. Zu den operativen Behandlungen gehören Schlauchmagen und klassischer Magenbypass ebenso, wie der Omega-Bypass oder die anspruchsvollen Varianten der biliopankreatischen Diversion, bei der der Restmagen entfernt wird.
Der Chefarzt weiß: „Studien belegen, dass eine dauerhafte Gewichtsreduktion mit Diäten und mehr Bewegung allein nicht möglich ist. Für viele werden alltägliche Dinge wie etwa das Einkaufen zu einem Spießrutenlauf.“ Zahlreiche Patienten hätten auch unzählige Diäten hinter sich, „manche auch mit beachtlichen Erfolgen, indem sie 50, 60 oder mehr Kilo abgenommen haben“, weiß Staikov. Doch dann sei der Jojo-Effekt gekommen – „und am Ende waren sie schwerer, als vorher“. Das sei auch psychisch eine hohe Belastung. Denn die Menschen würden häufig stigmatisiert. „Man wirft ihnen vor, sie würden sich gehen lassen oder nicht genug anstrengen, sie seien willensschwach. Doch eines ist ganz sicher: Die Patienten sind hoch motiviert, das erleben wir in unserem Adipositaszentrum Tag für Tag. Denn sie haben keinen sehnlicheren Wunsch, als abzunehmen.“ Allerdings weiß Dr. Plamen Staikov auch: „Um dieses Ziel nachhaltig erfolgreich zu erreichen, brauchen die Betroffenen unsere Hilfe.“
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