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Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung e.V. (DPtV)

Umfangreicher Patientenfragebogen nach Therapieabschluss nicht sachgerecht!

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Bvvp, DPtV, VAKJP und DGPT kritisieren Qualitätssicherungsverfahren des IQTiG

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat am 18. August 2022 den Abschlussbericht des Instituts für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) zur „Entwicklung einer Patientenbefragung für das Qualitätssicherungsverfahren zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung gesetzlich Krankenversicherter“ zur Veröffentlichung freigegeben. Dieser wurde im Rahmen der Beauftragung des Instituts durch den G-BA zur Entwicklung eines Qualitätssicherungsinstruments für die ambulante Psychotherapie erstellt. Der Fragebogen enthält 40 – mit allen Unterfragen insgesamt 62 – Items, die von Patient*innen nach Abschluss einer Psychotherapie beantwortet werden sollen.

Der Bundesverband der Vertragspsychotherapeuten (bvvp), die Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT), die Deutsche PsychotherapeutenVereinigung (DPtV) und die Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten (VAKJP) bewerten den Fragebogen als ungeeignet, die Qualität einer psychotherapeutischen Behandlung zu ermitteln und damit die Behandlungsqualität zu verbessern. Darüber hinaus bestehe die Gefahr, dass er den therapeutischen Prozess ungünstig beeinflusse und dass es in Folge seiner Einführung zu einer Selektion zu Ungunsten solcher Patient*innen kommen könne, bei denen ein schwieriger Therapieverlauf absehbar oder die Erfolgsprognose unsicher sei.

„Es gehört bereits jetzt zu jedem Therapieprozess als Standardintervention dazu, Rückmeldungen der Patient*innen regelmäßig einzuholen“, so die Verbände, „doch eine Erhebung im Nachgang kann nicht mehr der Verbesserung der laufenden Behandlung dienen.“ Um dieses Ziel müsse es aber bei der Einführung eines sinnvollen Qualitätssicherung (QS)-Instruments gehen.

Die Verbände kritisieren:

  • Das statistische Problem der geringen Fallzahlen in psychotherapeutischen Praxen. Die Anzahl abgeschlossener Behandlungen im fokussierten Zeitraum liegt nochmals deutlich darunter. Hinzu kommt die zu erwartende geringe Rücklaufquote. Statistisch valide Aussagen können auf dieser Grundlage nicht getroffen werden.
  • Es fand keine Operationalisierung der Indikatoren unter Einbeziehung von Expert*innen aus der Praxis statt.
  • Es finden sich manipulative Fragen- und Antwortformulierungen, da viele Fragen negativ-suggestiv konnotiert sind.
  • Es kann zu Verzerrungen aufgrund fehlender Erinnerung an den Therapiebeginn kommen. Zudem richtet sich ein erheblicher Teil der Fragen auf die Aufklärung und Information der Patient*innen vor Beginn der Therapie. Sie entsprechen einer reinen Checkliste, die ermittelt, ob die Anforderungen gemäß Berufsordnung und Patientenrechtegesetz erfüllt sind. Es ist aber nicht Aufgabe eines Qualitätssicherungsinstruments, die Erfüllung gesetzlicher Vorgaben zu kontrollieren.
  • Das Gesamtergebnis wird von Subjektivität geleitet, denn eine Vielzahl der Fragen bezieht sich auf rein subjektive Eindrücke und Einschätzungen der Patient*innen. Die Justiziabilität, insbesondere hinsichtlich der daraus folgenden Sanktionen für Psychotherapeut*innen, ist daher fraglich.
  • Es gibt keinen Nutzen für die aktuelle Therapie, denn die Ergebnisse liegen erst Monate nach Beendigung der Therapien vor. Demgegenüber steht die bereits praktizierte Qualitätssicherung der Profession: Rückmeldungen werden erhoben, um gegebenenfalls Änderungen im laufenden Therapieprozess vorzunehmen, dies auch zeitnah mit Unterstützung von Super- und Intervision und fachlichem Austausch.
  • Eine Risikoadjustierung nach Krankheitsdauer oder -schwere, Vor- und Mitbehandlungen oder sonstigen hemmenden und fördernden Faktoren für eine psychotherapeutische Behandlung ist anhand der erhobenen Variablen nicht möglich.
  • Es besteht ein erhebliches Risiko, dass psychotherapeutische Praxen im Rahmen des geplanten QS-Verfahrens vorrangig „gute Risiken“ zur Behandlung auswählen (Risikoselektion).
  • Die Angemessenheit der Referenzbereiche für die Qualitätsindikatoren ist fraglich, da diese vom IQTIG ohne fundierte fachliche Begründung festgelegt wurden.
  • Wenn psychotherapeutische Behandlungen abgeschlossen werden und es wird anschließend eine Rezidivprophylaxe durchgeführt, wird die externe Patientenbefragung mitten im laufenden Therapieprozess stattfinden und diesen negativ beeinflussen können, denn die Rezidivprophylaxe ist weiterhin Bestandteil der Behandlung. Dies muss ausgeschlossen werden.
  • Die Durchführung eines QS- Verfahrens stellt für die beteiligten Stellen einen erheblichen Zuwachs an bürokratischem Aufwand dar.

Die Verbände fordern:

Die angeführten Punkte sowie die Stellungnahmen zum Zwischenbericht bei der Neubeauftragung und Überarbeitung der Patientenbefragung müssen berücksichtigt werden. Das gesamte Verfahren muss nochmals auf den Prüfstand! Sollte das IQTiG sich dazu nicht in der Lage oder dies nicht als seine Aufgabe sehen, dann fordern die Verbände eine umfangreiche Evaluation über mehrere Jahre in einer Modellregion. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren an sich eine Intervention darstellt, deren (Neben-)Wirkungen dringend überprüft werden müssen. Die Befragung von Psychotherapeut*innen und Patient*innen darf kein Laborexperiment sein! Außerdem sind die Bürokratiekosten differenziert zu erheben und zu bewerten. Es stellt sich grundsätzlich die Frage, für welche Qualitätsmerkmale substanzielle Qualitätsdefizite in der gegenwärtigen ambulanten psychotherapeutischen Versorgung wissenschaftlich nachgewiesen werden konnten. Nur diese gilt es – mit geeigneten Mitteln – zu evaluieren.

Die komplette Stellungnahme finden Sie hier: www.dptv.de/iqtig2022

Pressekontakt/Interview-Anfragen:

bvvp

Anja Manz

presse[at]bvvp.de

Mobil: 0177 6575445

Telefon: 030 88725954

DGPT

Dr. Felix Hoffmann

psa[at]dgpt.de

Telefon: 030 887163930

DPtV

Hans Strömsdörfer

presse[at]dptv.de

Mobil: 0157 73744828

Telefon: 030 23500927

VAKJP

Kerstin Graupner

k.graupner[at]hamburglive.com

Mobil: 0171 5329633

Pressekontakt/Interview-Anfragen:
Hans Strömsdörfer
Pressesprecher / Leiter Kommunikation
DPtV Deutsche PsychotherapeutenVereinigung
Am Karlsbad 15
10785 Berlin
Tel. 030 235 009-27
Fax 030 235009-44
Mobil 0157 73744828
 presse@dptv.de
 www.dptv.de
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