Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
Entspannte Reise mit dem Fernbus: Weiterkommen trotz Ausfall, Verspätung und Überbuchung
Prag, Paris, Barcelona oder Mailand: Angesagte Reiseziele lassen sich gut mit dem Fernbus erreichen. Zum Beispiel mit FlixBus, Eurolines, Blablabus oder RegioJet. Die Vorteile liegen auf der Hand: Keine Wartezeit beim Flughafen-Check-In, kein Stress im Stau hinter dem Steuer, umweltfreundlich, preisgünstig und auch noch flexibel. All das macht Fernbusfahren zu einer idealen Reisemöglichkeit für Menschen jeden Alters. Ideal, solange der Bus nicht verspätet ist, ausfällt oder ohne Sie losfährt. Doch was dann? Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland informiert.
Die Situation
Stellen Sie sich vor, Sie haben mit Ihrer Freundin eine Reise mit dem Fernbus inklusive Sitzplatz von Leipzig nach Amsterdam gebucht. Der Bus ist pünktlich, Sie checken gemeinsam ein. Als Sie zu Ihren Plätzen gehen, ist einer davon besetzt und im gesamten Bus auch nur noch ein Sitzplatz frei. Eine Beschwerde beim Fahrer hilft nicht. Die ganze Reise lang stehen? Nein. Außerdem ist das nicht erlaubt. Sie steigen wieder aus, und der Bus fährt ohne Sie ab. Da Sie teure Konzerttickets für den gleichen Tag haben, nehmen Sie kurzentschlossen einen Mietwagen und kommen gerade noch pünktlich zur Veranstaltung. Am Ende wäre alles gut, wären da nicht der Stress und die Kosten, die das Busunternehmen nicht erstattet; weder für das nicht genutzte Busticket, noch für den Mietwagen. Und nun?
EU-einheitliche Busgastrechte für Fahrten ab 250 km
Die Busgastrechte, die einheitlich in der gesamten EU für Fahrten ab 250 km gelten, verpflichten das Unternehmen, Ihnen bei Überbuchung eine kostenlose Weiterfahrt anzubieten. Alternativ können Sie sich aber auch den Ticketpreis und die Mehrkosten für eigene Buchungen erstatten lassen, sofern das neu gebuchte Transportmittel mit dem Fernbus vergleichbar ist. Vergleichbar sind Fahrten mit Bus und Zug. Ein Mietwagen und vor allem ein Taxi zählen nur in Ausnahmefällen dazu.
Informiert das Unternehmen Sie nicht über diese Rechte, kommen zusätzlich 50 % des Fahrpreises als Entschädigung oben drauf. Geschieht all das auch noch nachts und Sie drohen zu stranden, haben Sie Anspruch auf maximal zwei Übernachtungen à 80 Euro pro Person.
Gleiches gilt, wenn der Bus ausfällt oder sich dessen Abfahrt um mehr als 120 Minuten verspätet. Die 120-Minuten-Regelung ist allerdings tückisch. Wurden Sie über eine solch große Verspätung informiert und kommt der Bus dann doch früher, gilt er nicht als verspätet. Beschließen Sie also, die Wartezeit nicht an der Haltestelle zu verbringen, sondern im Café, weil draußen kaltes Regenwetter herrscht und Sie mit kleinen Kindern unterwegs sind, haben Sie am Ende das Nachsehen, wenn der Bus ohne Sie abfährt. Genau genommen müssten Sie die ganze Zeit an der Haltestelle warten. Hilfreich kann es sein, die Fahrt über die Smartphone-App des Unternehmens zu verfolgen, um dann pünktlich zur Abfahrt des Busses wieder an der Haltestelle zu sein.
Nachweise von alternativen Fahrten aufbewahren
Im Falle der beschriebenen Konzertreise helfen Ihnen die Busgastrechte allerdings nur begrenzt. Ihr Bus war pünktlich. Vielleicht wurde eine Umbuchung übersehen und Ihr Platz war deshalb belegt, oder ein Fahrgast hätte bereits an einer früheren Haltestelle aussteigen müssen. Warum auch immer. Das Hauptproblem ist ein anderes: Sie waren bereits für die Reise eingecheckt. Und nun verlangt das Busunternehmen von Ihnen den Nachweis, dass Sie nicht mit dem Fernbus gefahren sind und das entwertete Ticket nicht genutzt haben.
Unabhängig von der Frage, wer etwas beweisen muss; „Heben Sie die Nachweise über Ihre alternative Fahrten immer gut auf bzw. machen Sie ein Foto von sich im alternativen Verkehrsmittel oder, wenn Sie nicht mitfahren, am Abfahrtsbahnhof“, rät Sabine Blanke, Juristin beim Europäischen Verbraucherzentrum Deutschland.
Zeitpuffer einplanen
Hätten Sie es nicht mehr pünktlich zum Konzert geschafft, wären Sie wahrscheinlich auf den Ticketkosten sitzengeblieben. Gleiches gilt, wenn Sie mit dem Bus zum Flughafen fahren wollten und aufgrund der Verspätung den Flug verpasst hätten. „Planen Sie immer ausreichend Zeitpuffer ein, idealerweise so, dass Sie Ihre Weiterreise oder Ihren Termin noch mit einer späteren Fahrt erreichen können.“, sagt Sabine Blanke. Zwar kennen die Busgastrechte einen sogenannten weitergehenden Schadenersatz, mit dem Sie versuchen könnten, Kosten aufgrund der Abfahrtsprobleme des Busses zurück zu bekommen. Dies durchzusetzen ist jedoch oft schwierig und erfordert meist den Gang vor Gericht, allerdings ohne Garantie auf Erfolg.
Beschwerde beim Busunternehmen
Sie haben drei Monate Zeit, um Ihre Beschwerde beim Busunternehmen einzureichen. Wie immer gilt: Je früher, desto besser. Fügen Sie der Beschwerde Kopien von Fahrscheinen und Quittungen bei, und bewahren Sie die Originale für Rückfragen auf.
Kostenlose Hilfe
Wer unsere Reise-Tipps beherzigt, hat gute Chancen, im Falle einer Reklamation erfolgreich zu sein. Wenn Sie Probleme mit einem Busunternehmen haben, das seinen Sitz in einem anderen EU-Land, Island, Norwegen oder dem Vereinigten Königreich hat, und Sie alleine nicht weiter kommen, können Sie sich über das Formular „ Fragen und Beschwerden“ an das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland wenden. Der Service ist kostenlos. Auch die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr e. V. kann Ihnen kostenlos bei Problemen mit einem Fernbusunternehmen helfen. Voraussetzung: Das Busunternehmen ist dort Mitglied. Werden fahrgastrechtliche Regelungen verletzt, ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) Ihr Ansprechpartner. Das EBA ist allerdings nicht zuständig, wenn es sich um allgemeine Beschwerden zu Verspätungen oder Ausfällen handelt.
Übrigens: Auch bei kürzeren Fahrten sind Sie nicht schutzlos. Hier gilt, je nachdem, welche Strecke Sie gebucht haben, nationales Recht.
Weitere Informationen
Informationen rund ums Thema Busreisen finden Sie auf der Internetseite des Europäischen Verbraucherzentrums Deutschland. Hier können Sie auch unsere kostenlose Broschüre „ Mit dem Bus durch Europa“ als pdf-Datei herunterladen.
Für Interview-Anfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.
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