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Die afghanischen Warlords entwaffnen
medico international: Hilfe konzentriert sich zu sehr auf Kabul

Frankfurt (ots)

Nicht verborgene Kampfeinsätze der Bundeswehr
gegen die versprengten Reste der Taliban sind in Afghanistan
vonnöten, sondern Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung, so die
Hilfsorganisation medico international. Langfristige Hilfsprogramme,
eine konsistente Politik und ein ernstzunehmendes
Wiederaufbauprogramm in Afghanistan lassen sich nur verwirklichen,
wenn es gelingt, die Macht der Warlords zurückzudrängen, erklärte der
medico Geschäftsführer Thomas Gebauer nach seiner Rückkehr aus
Afghanistan. "Ohne die möglichst rasche Entwaffnung der Kriegsherren
dienen alle Ankündigungen eines Marschallplans für Afghanistan nur
der nachträglichen Legitimierung des Krieges", erklärte Gebauer. Denn
groß angelegte Hilfsprogramme seien nicht zu realisieren, solange die
Warlords das Land kontrollieren. Bislang konzentriere sich deshalb
ein Großteil der Hilfsbemühungen auf Kabul, das "einem UN-Protektorat
gleicht, in dem einige hundert ISAF-Soldaten, den Schutz eher
vorspiegeln als wirklich gewährleisten". Dies reicht, um der
Bevölkerung in Europa ein Bild von wohlmeinender Hilfe zu vermitteln,
aber nicht, um eine Zukunftsperspektive für Afghanistan aufzubauen.
Keine Befreiungseuphorie
Nirgendwo, so Gebauer, sei er bei den afghanischen Partnern von
medico auf Befreiungseuphorie gestoßen. Im Gegenteil, die Afghanen
fürchten, dass sich der Westen mit dem Verweis auf die Warlords und
deren Kriegslust aus der Verantwortung für eine friedliche Zukunft
Afghanistans stehlen werde. "Dann hat man die alten Kriegsherren
wieder an die Macht gebombt und läßt die afghanische Bevölkerung
wieder einmal die Rechnung bezahlen", so der medico-Geschäftsführer.
Hilfsbusiness statt Hilfe
medico fordert deshalb eine konsistente, langfristige Politik für
den Wiederaufbau Afghanistan, die nicht von geostrategischen und
Rohstoff-Interessen geleitet sein darf. Diese Politik muss die
Entwaffnung der Warlords und den Aufbau einer afghanischen Armee
beinhalten, die nicht unter dem Kuratel der Nordallianz stehen darf.
Die UNO muss als zentrale und unabhängige Instanz und Schutzmacht für
die zivilen afghanischen Kräfte gestärkt werden. Und diese zivilen
Kräfte müssen so schnell wie möglich finanzielle Unterstützung
erhalten. Die versprochene Gelder wandern zum Teil in undurchsichtige
Kanäle des Hilfsbusiness. medico-Partner OMAR, der seit 10 Jahren
Minen in Afghanistan räumt und medizinische Notversorgung für die
Bevölkerung durchführt, berichtet, dass die Büromieten ins
Unermeßliche gestiegen sind. Die Gehälter der Angestellten mussten
aus einem von medico finanzierten Notfonds bezahlt werden, um eine
weiter Abwerbung qualifizierter Mitarbeiter zu verhindern. "Die
Hilfspolitik ist kurzatmig", so Gebauer. "Offensichtlich glauben die
Geberländer selbst nicht an eine friedliche Perspektive."
Weitere Informationen und Interviewwünsche über : 
Katja Maurer (Presse)
069 944 38 29, 
0171 122 12 61

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