Leibniz-Institut für Bildungsverläufe
[Pressemitteilung] Homeschooling und Elternzufriedenheit in Corona-Zeiten: Sonderbefragung in Nationalen Bildungspanel (NEPS)
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Homeschooling: Eltern, die mit der Unterstützung durch die Schule zufrieden sind, sehen größere Lernfortschritte bei ihren Kindern
Durch die temporären Schließungen von Schulen im Frühjahr dieses Jahres kam es deutschlandweit dazu, dass Eltern das Homeschooling ihrer Kinder betreuen mussten. Die vierte Auswertung der Corona-Zusatzbefragung im Rahmen des Nationalen Bildungspanels (NEPS - National Educational Panel Study), der größten Langzeit-Bildungsstudie in Deutschland, untersucht nun, wie zufrieden die Eltern mit der Unterstützung der Schule in dieser Zeit waren und wie sie den Lernerfolg ihrer Kinder in dieser Zeit einschätzten. Die Daten aus Befragungen von 1.452 Eltern von Schülerinnen und Schülern der 8. Klasse zeigen, dass die generelle Zufriedenheit der Eltern mit der Unterstützung durch die Schule und der wahrgenommene Lernerfolg ihrer Kinder eng zusammenhängen. Hingegen spielen der Bildungshintergrund der Eltern und die Zufriedenheit der Eltern mit den Lernmaterialien sowie die Schulform ihrer Kinder eine untergeordnete Rolle.
Wie zufrieden waren die Eltern mit der allgemeinen Unterstützung durch die Schulen, der Informationspolitik der Schulen, mit den Lernmaterialien für das Homeschooling und welchen Lernzuwachs haben sie bei ihren Kindern wahrgenommen? Die aktuellen NEPS-Auswertungen bieten differenzierte Antworten auf diese Fragen und vermitteln dabei ein positiveres Bild, als angesichts der bisherigen Diskussion über das Homeschooling zu erwarten wäre.
Informationspolitik der Gymnasien wird besser beurteilt
In der Hochphase der Pandemie kam den Schulen als Übermittlerinnen von aktuellen Informationen eine wichtige Rolle zu. Mit der Weitergabe von Informationen zur aktuellen Situation, zur Umsetzung von Maßnahmen und Hilfen zum Lernen zuhause war immerhin die Hälfte der befragten Eltern zufrieden oder sehr zufrieden, die andere Hälfte fühlte sich jedoch schlecht oder nur einigermaßen informiert. Hier gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Schulformen: Eltern, deren Kinder das Gymnasium besuchen, gaben mehrheitlich an, dass sie sich gut (46 %) bis sehr gut (10 %) von der Schule informiert fühlten. Von den Eltern mit Kindern auf nicht-gymnasialen Schulformen fühlten sich hingegen nur 27 % gut und 12 % sehr gut informiert. Im Hinblick auf die Zufriedenheit mit den Lernmaterialien, die von den Schulen zur Verfügung gestellt wurden, war jedoch kein solcher Unterschied zwischen den Schulformen erkennbar. Hier war fast die Hälfte der Eltern sehr oder eher zufrieden, ein Viertel war mit den Materialien (eher) unzufrieden.
Elternzufriedenheit und Lernerfolg gehören zusammen
Auch bei der Frage nach dem von den Eltern wahrgenommenen Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler in der Zeit der Schulschließungen zeigte sich unter Kontrolle weiterer familiärer Faktoren (wie Bildungshintergrund und die eingeschätzte Fähigkeit der Eltern, ihre Kinder beim Lernen zu unterstützen) sowie unter Berücksichtigung der Zufriedenheitseinschätzung der Eltern kein bedeutsamer Unterschied zwischen den Schulformen. Aber auch die Zufriedenheit mit den Lernmaterialien und die Zufriedenheit mit der Informationsweitergabe spielen überraschenderweise keine entscheidende Rolle für den wahrgenommenen Lernerfolg. Die Beurteilung der Eltern zum Lernerfolg ihrer Kinder in den Hauptfächern hängt vielmehr damit zusammen, wie gut sie sich allgemein von der Schule unterstützt fühlten. Je zufriedener sie hiermit waren, desto eher gaben sie auch einen mindestens vergleichbaren Lernfortschritt zur normalen Schulzeit an. Die Hälfte der Eltern, die sich sehr gut unterstützt fühlten, sagte demnach, dass ihre Kinder während der Schulschließungen mehr oder genauso viel wie in der Schule gelernt hätten. Nur 11 % dieser Eltern gaben an, die Kinder hätten deutlich weniger gelernt.
Die tatsächliche Kompetenzentwicklung bleibt offen
Eine Frage, die zunächst unbeantwortet bleibt, ist, wie sich die temporären Schulschließungen tatsächlich auf die Leistungen und Kompetenzen von Kindern in der Sekundarstufe ausgewirkt haben. Diese Frage greift das Nationale Bildungspanel (NEPS) auf, das die Familien und Kinder im Bildungsverlauf begleitet und neben der Befragung der Eltern auch verschiedene Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler erhebt. So sollen die Kinder, die während der Schulschließungen die 8. Klasse besuchten, in zukünftigen Befragungen durch Kompetenztests mit einer Kohorte verglichen werden, die regulär durch das Bildungssystem gegangen ist. Somit lassen sich auch Fragen nach dem tatsächlichen Einfluss der pandemiebedingten Schulschließung auf den Bildungserfolg in Zukunft mit den Daten des NEPS ausführlicher beantworten.
Welche Eltern besonders zufrieden mit den Schulen waren sowie weitere Ergebnisse der Auswertung finden sich im vollständigen Bericht "Zufriedenheit in unruhigen Zeiten: Welche Rolle die Kommunikation zwischen Eltern und Schulen während der Schulschließungen gespielt hat", der auf www.lifbi.de/Corona mit weiteren Hintergrundinformationen zum Download bereit steht.
Bisher bereits erschienen sind Auswertungen zu den Themen Schule, Erwerbsleben und Kinderbetreuung.
Über das NEPS
Das Nationale Bildungspanel (NEPS), das am Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) in Bamberg beheimatet ist, besteht aus sechs großen Teilstudien, den sogenannten Startkohorten. Diese umfassen insgesamt mehr als 60.000 getestete und befragte Personen von der Geburt über Ausbildungs- und Erwerbsphase bis hinein in die Nacherwerbsphase sowie 40.000 zusätzlich befragte Personen aus deren Umfeld, etwa Eltern und pädagogisches Fachpersonal. Die Stichproben der Startkohorten wurden repräsentativ für ganz Deutschland gezogen. Die so erhobenen Daten werden anonymisiert und Bildungsforschenden weltweit zugänglich gemacht.
Das NEPS wird getragen von einem interdisziplinär zusammengesetzten, deutschlandweiten Exzellenznetzwerk, in dem zwölf renommierte Forschungsinstitute zusammenarbeiten. Geleitet wird das NEPS von Prof. Dr. Cordula Artelt vom Leibniz-Institut für Bildungsverläufe in Bamberg.
Über das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi)
Das Leibniz-Institut für Bildungsverläufe (LIfBi) an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg untersucht Bildungsprozesse von der Geburt bis ins hohe Erwachsenenalter. Um die bildungswissenschaftliche Längsschnittforschung in Deutschland zu fördern, stellt das LIfBi grundlegende, überregional und international bedeutsame, forschungsbasierte Infrastrukturen für die empirische Bildungsforschung zur Verfügung.
Kern des Instituts ist das Nationale Bildungspanel (NEPS), das am LIfBi beheimatet ist und die Expertise eines deutschlandweiten, interdisziplinären Exzellenznetzwerks vereint. Weitere Großprojekte, an denen das LIfBi beteiligt oder führend ist, sind die Geflüchtetenstudie ReGES, das schulbezogene Inklusionsprojekt INSIDE, die Förderstudie für benachteiligte Kinder und Familien BRISE oder die regionale Studie zu Bildung in Oberfranken BiLO.
Grundlage dafür sind die eigenen Forschungs- und Entwicklungsarbeiten, insbesondere die fundierte Instrumenten- und Methodenentwicklung für längsschnittliche Bildungsstudien, von der auch andere Infrastruktureinrichtungen und -projekte profitieren.
BILDMATERIAL:
- NEPS-Logo ( Download)
- LIfBi-Logo ( Download)
- LIfBi Außenansicht Wilhelmspost( Download)Verwendung nur unter Angabe von: Foto: Jürgen Schabel/Universität Bamberg
PRESSEKONTAKT:
Dr. Florian Mayer Telefon: +49 951 863-3573 Mobil: +49 172 911 82 84 E-Mail: kommunikation@lifbi.de
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