Protest gegen Strafverfolgung 30 HIV-Positiver in Tschechien
Berlin (ots)
Strafanzeigen durch Gesundheitsbehörde aufgrund von Fehleinschätzung. HIV-positive Menschen werden drangsaliert, die Verbreitung von HIV gefördert. Deutsche AIDS-Hilfe: "Schwerer gesundheitspolitischer Fehltritt"
Die Prager Gesundheitsbehörden haben Strafanzeige gegen 30 HIV-positive Männer gestellt, weil sie angeblich Sex ohne Kondom hatten und damit die Weitergabe von HIV riskiert hätten. Dieses Vorgehen der Prager Behörden ist diskriminierend und kontraproduktiv: Es schadet der Gesundheit der Betroffenen und leistet der Verbreitung von HIV Vorschub. Europäische HIV/Aids-Organisationen haben heute die Tschechische Regierung in einem offenen Brief aufgefordert, die Strafverfolgung zu stoppen.
Die Deutsche AIDS-Hilfe unterstützt diesen Protest. Vorstandsmitglied Ulf-Hentschke-Kristal erklärt:
"Wie die tschechischen Behörden hier HIV-positive Menschen drangsalieren, ist erschütternd und darf auf keinen Fall Schule machen. Ihr Vorgehen verletzt Menschenrechte, stigmatisiert Menschen mit HIV und basiert in vielfacher Hinsicht auf einer fachlichen Fehleinschätzung. Für die HIV-Prävention sind die Anzeigen in hohem Maße schädlich."
Fachliche Fehleinschätzung
Die beschuldigten schwulen Männer hatten sich im Laufe des letzten Jahres mit einer oder mehreren sexuell übertragbaren Infektionen angesteckt. Das Prager Hygieneamt schloss daraus, sie hätten Sex ohne Kondom gehabt und gab diese vertraulichen Informationen an die Polizei weiter. Die Behörde rechtfertigt dies mit dem Verbot der "Verbreitung ansteckender menschlicher Krankheiten".
Fakt ist jedoch:
- Die meisten der Männer konnten HIV dank einer gut wirksamen HIV-Therapie nicht weitergeben. - Eine sexuelle Infektion wie Syphilis oder Tripper beweist nicht, dass jemand Sex ohne Kondom hatte. Kondome reduzieren das Risiko solcher Infektionen, eine Übertragung ist aber trotzdem möglich.
Strafverfolgung schadet der HIV-Prävention
Prinzipiell gilt: Strafrechtliche Sanktionen verhindern keine HIV-Übertragungen, sondern tragen sogar zur Verbreitung von HIV bei. Menschen mit HIV die Hauptverantwortung zuzuweisen, unterhöhlt die Botschaft, dass jeder Mensch selbst für seinen Schutz Verantwortung übernehmen muss.
Die strafrechtliche Bedrohung HIV-positiver Menschen kann zudem Menschen vom HIV-Test abschrecken und damit auch eine frühzeitige HIV-Therapie verhindern. Dies fügt der Gesundheit der Betroffenen schweren Schaden zu und führt dazu, dass sie HIV weiter übertragen können.
Wenn HIV-Positive aufgrund einer sexuell übertragbaren Infektion mit einer Anzeige rechnen müssen, werden manche den Arztbesuch scheuen und auf eine Behandlung verzichten. Auch das kann zu gesundheitlichen Schäden führen. Der HIV-Prävention erweist man damit einen Bärendienst, denn sexuell übertragbare Infektionen erhöhen das Risiko einer HIV-Übertragung erheblich.
Strategien gegen HIV an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten
Das Vorgehen der tschechischen Behörden und die tschechische Gesetzgebung widersprechen den Empfehlungen der WHO und von UNAIDS sowie wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die europäischen HIV/Aids-Organisationen fordern die tschechische Regierung darum auf, die Ermittlungen einzustellen und sich im Umgang mit HIV an wissenschaftlich fundierten und erprobten Strategien zu orientieren.
"Die strafrechtliche Verfolgung von Menschen mit HIV ist in jeder Hinsicht inakzeptabel und richtet schweren Schaden an. Tschechien sollte diesen schweren gesundheitspolitischen Fehltritt so schnell wie möglich korrigieren und sich stattdessen an wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten", so DAH-Vorstand Hentschke-Kristal.
Auch in Deutschland ist die (potenzielle) HIV-Übertragung unter bestimmten Bedingungen strafbar. Die Deutsche AIDS-Hilfe tritt aus den genannten Gründen seit Jahren für eine Veränderung der rechtlichen Situation ein.
Offener Brief europäischer HIV/Aids-Organisationen: http://ots.de/Gb3jq
Petition gegen die Strafverfolgung in Tschechien: http://chn.ge/1Og0E1K
Bericht auf aidshilfe.de: http://ots.de/IpOLA
DAH-Position zur Kriminalisierung der HIV-Übertragung: http://ots.de/nIzTL
Pressekontakt:
Deutsche AIDS-Hilfe
Holger Wicht
Pressesprecher
Tel. (030) 69 00 87 - 16
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