150 Milliarden Euro Schaden durch Cum-Ex & Co - dreifach größer als bekannt
Essen (ots)
Internationale Recherche "CumEx-Files 2.0" unter Leitung von CORRECTIV zeigt Schaden in Europa und USA durch unberechtigte Steuererstattungen - Bundesregierung bekommt Betrugsmaschen mit Aktiengeschäften wie Cum-Cum bis heute nicht in den Griff.
Nach neuen Berechnungen beläuft sich der weltweite Schaden durch Cum-Ex, Cum-Cum und vergleichbare Betrugssysteme auf mindestens 150 Milliarden Euro. Darüber hinaus wird erstmals der Schaden geschätzt, der den öffentlichen Kassen durch sogenannte Cum-Fake-Geschäfte, einer Variante der Cum-Ex-Deals, entstanden ist.
Neben Deutschland und den USA wurden zwischen 2000 und 2020 mindestens zehn europäische Staaten Opfer dieses Steuerraubzugs. Das haben gemeinsame Recherchen von 15 internationalen Medienpartnern ergeben, die das gemeinnützige Recherchezentrum CORRECTIV leitete und an der in Deutschland das ARD-Magazin "Panorama" beteiligt war.
Gesamtschaden von fast 36 Milliarden Euro allein in Deutschland
Insgesamt ist dem deutschen Fiskus in den Jahren 2000 bis 2020 allein durch Cum-Cum ein Mindestschaden von 28,5 Milliarden Euro entstanden. Ein Team von Wirtschaftswissenschaftlern der Universität Mannheim unter der Leitung von Professor Christoph Spengel hat zudem den Schaden mit ähnlich gelagerten Aktienschäften wie Cum-Ex und sogenannten ADRs errechnet. Zusammen mit der erstmals berechneten neuen Variante, deren Schäden sich in Deutschland seit 2009 auf mindestens 192 Millionen Euro belaufen, kommt das Team um Spengel allein für Deutschland für den Zeitraum 2000 bis 2020 auf einen Gesamtschaden von mindestens 35,9 Milliarden Euro.
Die weltweite Recherche "CumEx-Files 2.0" zeigt auch, dass die europäischen Aufsichtsbehörden nicht in der Lage sind, den Betrug auf koordinierte Weise einzudämmen. Aus Dokumenten, zu denen die rund 30 an dem Projekt beteiligten Journalistinnen und Journalisten Zugang hatten, geht hervor, dass jedes Land nach seinen eigenen Regeln arbeitet und keine europäische Behörde die Führung übernimmt. Die europäischen Aufsichtsbehörden rechtfertigen sich damit, dass ihnen die Instrumente zur Bekämpfung des Steuerbetruges fehlen, weil sie nicht zuständig seien. Außerdem wüssten die Betrüger, wie sie das System austricksen können, um nicht entdeckt zu werden.
Der Betrug ist wahrscheinlich immer noch möglich. Staatsanwälte, offizielle Stellen, Experten und sogar die Betroffenen bestätigen das. Gegenüber CORRECTIV sagt Spengel: "Alles ist in Deutschland weiterhin möglich. Das glaube ich nicht, das ist so."
Einer der größten Steuerräuber äußert sich
Erstmals in deutschen Medien äußert sich gegenüber dem ARD-Magazin "Panorama" für die Recherche zudem einer der größten Steuerräuber der Welt: Sanjay Shah. Er hält sich seit Jahren in Dubai auf. Gegen ihn ermitteln Behörden in Deutschland, Belgien, Luxemburg und Dänemark. Er allein wird für einen Steuerschaden von mehr als einer Milliarde Euro verantwortlich gemacht. "Er ist sicherlich einer, der am meisten Risiko eingegangen ist. Er hat das schon sehr auffällig gemacht, und deswegen ist er auch relativ schnell aufgeflogen", sagt Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker, die ebenfalls gegen den britischen Staatsbürger ermittelt.
Gegen Sanjay Shah liegt ein internationaler Haftbefehl vor. Sollte er die Vereinigte Arabische Emirate verlassen, drohen ihm die Festnahme und die Auslieferung. Aber das schreckt den Steuerräuber wenig. "Mein Plan ist es, bald wieder in das Geschäft einzusteigen."
Zur Recherche:
Unter dem Namen "CumEx-Files 2.0" haben sich unter Leitung des Recherchezentrums CORRECTIV 15 Medien aus 15 Ländern zusammengetan, um das ganze Ausmaß des Steuerraubs zu recherchieren. Dazu gehören neben dem ARD-Magazin "Panorama" auch die BBC aus Großbritannien, Le Monde aus Frankreich oder NBC aus den USA.
Die Ergebnisse der Recherchen werden auf der Website cumex-files.com zusammengeführt. In den sozialen Medien laufen sie unter dem Hashtag #CumExFiles.
"Panorama" wird heute Abend (Das Erste, 21:45 Uhr) über das Thema berichten. In dem Beitrag kommt auch die Kölner Oberstaatsanwältin Brorhilker ausführlich zu Wort. Unter ihrer Leitung ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen mehr als 1.000 Beschuldigte.
Lesen Sie die ganze Recherche unter cumex-files.com.
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