IS-Angehörige in Syrien: Bundesregierung in Alarmbereitschaft
Berlin/Essen (ots)
Die Bundesregierung geht nach Recherchen von CORRECTIV davon aus, dass sich mehrere Dutzend IS-Angehörige aus Deutschland in nordsyrischen Lagern und Gefängnissen aufhalten. Versorgt und bewacht werden sie derzeit mit Unterstützung der USA. Nun aber steht die Finanzierung in Frage - damit wächst die Gefahr, dass die Lager außer Kontrolle geraten und IS-Mitglieder unbemerkt nach Hause kommen.
Die deutsche Bundesregierung ist wegen der zunehmenden Unsicherheit in den Zeltlagern von al-Hol und Rodsch in Nordsyrien offenbar in Alarmbereitschaft. "Die Situation wird von deutschen Sicherheitsbehörden intensiv beobachtet und analysiert", teilt ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage des Medienhauses CORRECTIV mit. In den umzäunten Camps leben insgesamt rund 43.000 Menschen - vorwiegend Frauen und Kinder von IS-Kämpfern. Es gibt darunter mehr als 50 Nationalitäten, auch deutsche. Manche gelten als ideologisch verhärtet und gewaltbereit.
Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die Entwicklungshilfe zusammenstreichen, bringt nach Recherchen von CORRECTIV die Stabilität in den Lagern Nordsyriens ins Wanken. Bewacht werden A-Hol und Rodsch von Einheiten der kurdischen Autonomieverwaltung, den Syrian Democratic Forces (SDF).
Die Sorge vor einem Ausbleiben der Zahlungen stellt für die Lager ein massives Sicherheitsrisiko dar - die kurdischen Behörden sind von den Zahlungen der USA abhängig. Wie die Versorgung und Kontrolle der Lager künftig aufrechterhalten werden sollen, steht nun in Frage.
Deutsche Sicherheitsbehörden halten es offenbar für möglich, dass IS-Anhänger mit deutscher Staatsangehörigkeit entkommen und sich unbemerkt auf den Heimweg machen könnten. Neben den Lagern gibt es in den kurdischen Regionen Nordsyriens 27 Gefängnisse, in denen teils hochrangige IS-Kämpfer sitzen: "Sollten sich Anhaltspunkte für eine Gefährdung für Deutschland ergeben, beispielsweise durch mögliche Reisebewegungen, setzen die Sicherheitsbehörden umgehend die notwendigen Maßnahmen zur Abwehr der Gefahr um und passen die Gefährdungsbewertungen entsprechend an", teilt das Bundesinnenministerium mit.
Aus Regierungskreisen heißt es, dass sich in den Zeltlagern al-Hol und Rodsch eine niedrige zweistellige Zahl von "Kindern und Müttern mit Deutschlandbezug" aufhalte. Zusätzlich halte sich nach Kenntnis der Bundesregierung Kenntnis "eine niedrige bis mittlere zweistellige Zahl an deutschen Staatsangehörigen" in den Haftanstalten der Region auf. In der Antwort des Bundesinnenministeriums heißt es: "Die Bundesregierung ist in engem Austausch mit der syrischen Übergangsregierung (...), um festzustellen, ob die Versorgung und Verwaltung der Lager auch weiterhin gewährleistet ist."
Recherchen von CORRECTIV zufolge kam es in den vergangenen Tagen bereits zu Verzögerungen und Engpässen bei der Versorgung der Lager. Rodsch und al-Hol gelten als Nährböden für Extremismus. Aktuell können die Hilfsorganisationen nur aufgrund von Ausnahmegenehmigungen noch in den Lagern arbeiten. "Die Entscheidung der Amerikaner ist schockierend, al-Hol ist eine tickende Zeitbombe", sagt ein kurdischer SDF-Kämpfer gegenüber CORRECTIV, "wir brauchen Unterstützung, um die Sicherheit in den Lagern aufrechtzuerhalten. Wir haben ganze Abschnitte voller Leute, die an die Ideologie des IS glauben und viele sind bewaffnet."
Die vollständige Recherche lesen Sie hier.
Pressekontakt:
Gabriela Keller
Senior Reporterin
gabriela.keller@correctiv.org
+49 (0)151/58352062
Anette Dowideit
Chefredakteurin
Anette.Doweideit@correctiv.org
+49 (0)151 26905163
Original-Content von: CORRECTIV, übermittelt durch news aktuell