Deutsche "Geister": Rund 200 IS-Anhänger sind offenbar einfach verschollen
Essen/Berlin (ots)
Seit 2011 sind mehr als 1000 Menschen aus Deutschland in den Nahen Osten gereist, um sich dem Islamischen Staat anzuschließen. Bei 200 von ihnen wissen die deutschen Sicherheitsbehörden nicht, ob sie noch leben - und wenn ja, wo.
Rund 200 Dschihadisten aus Deutschland sind in Syrien verschollen. Wie CORRECTIV von deutschen Sicherheitsbehörden erfuhr, könnten sie getötet worden sein oder aber sich an unbekannten Orten aufhalten. Sie werden im Behördenjargon "Ghosts" genannt und stellen womöglich ein erhebliches Risiko dar. Unter ihnen sollen auch hochrangige Terroristen wie der Deutsch-Schweizer Thomas-Marcel Christen sein, der die Attentäter für die IS-Anschläge in Paris am 13. November 2015 trainiert haben soll, bei dem 130 Menschen starben.
Seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs 2011 reisten nach offiziellen Angaben insgesamt 1150 Personen aus Deutschland aus, um sich der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) anzuschließen. Ungefähr ein Drittel soll getötet worden sein. Mehrere Dutzend von ihnen leben seit Jahren in umzäunten Zeltlagern und Gefängnissen im Nordosten Syriens.
Wie CORRECTIV bereits Mitte Februar berichtete, spitzt sich die Sicherheitslage in den Camps und Haftanstalten zu, seit US-Präsident Donald Trump die MIttel für die Entwicklungshilfe zusammengestrichen und die Behörde USAID lahmgelegt hat - was nach einer aktuellen gerichtlichen Entscheidung offenbar verfassungswidrig war. Denn die Kontrolle und Versorgung der Lager hängt zu wesentlichen Teilen von internationalen Hilfen ab.
In den kurdischen Gebieten im Nordosten Syriens leben mehr als 40.000 Personen in zwei Zeltlagern, es handelt sich überwiegend um Frauen und Kinder von IS-Kämpfern. Zusätzlich gibt es mehrere Haftanstalten mit IS-Kämpfern.
Ob die Sicherheit in Lagern und Gefängnissen aufrechterhalten werden kann, ist nach Einschätzung von Beobachtern von kritischer Bedeutung für die Frage, ob die Terrormiliz sich neu formieren kann. Experten und Menschenrechtsorganisationen fordern seit Jahren, die ausländischen Staatsangehörigen in den Camps geordnet zurückzuholen. Davon ist derzeit aber keine Rede.
Offenbar ist auch die EU alarmiert: Laut einem Bericht des Magazins Politico trifft sich der diplomatische Arm der Europäischen Union - der Europäische Auswärtige Dienst - am heutigen Donnerstag zu einer Dringlichkeitssitzung, um zu diskutieren, wie in Zukunft mit den Zeltlagern Al Hol und Rodsch in Nordsyrien umgegangen werden soll. An dem Treffen sollen alle zuständigen Behörden und EU-Partner teilnehmen; es soll vor allem um die Frage gehen, wie verhindert werden kann, dass Terroristen in ihre Heimatländer zurückkehren.
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