Aktienstudie: "Home Bias" kostet deutsche Anleger über 100 Milliarden Euro Rendite in fünf Jahren
Freiburg i. Br. (ots)
Deutsche Anleger investieren am liebsten in heimische Aktien: 48 Prozent der zwischen 2016 und 2021 getätigten Aktieninvestments flossen in Beteiligungen an deutsche Unternehmen - und das, obwohl ausländische Aktien deutscher Privatanleger in dieser Zeit eine drei Mal höhere Kursrendite erwirtschaftet haben. Die Folge: Anleger verschenkten durch diesen Home Bias seit 2016 über 100 Milliarden Euro an Kursrendite. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des digitalen Vermögensverwalters Whitebox.
Insgesamt haben deutsche Anleger in den vergangenen fünf Jahren 45,7 Milliarden Euro in deutsche Aktien investiert. Das ist fast genau so viel wie in Beteiligungen an ausländischen Unternehmen (50,3 Milliarden Euro, exkl. Fonds und ETFs). Insgesamt stammen nur 42 Prozent der Aktien in den Depots der Deutschen von internationalen Unternehmen. Dabei sind gerade sie es, die in den vergangenen Jahren den Anlegern hohe Gewinne eingebracht haben. Mit durchschnittlich 9,6 Prozent pro Jahr seit 2016 lag die Kursrendite fast drei Mal höher als die von deutschen Aktien (3,3 Prozent, ohne Ausschüttungen).
"Deutsche Anleger haben mit ihren Aktieninvestments seit 2016 eine Kursrendite von 108 Milliarden Euro erzielt. Zwei Drittel dieser Gewinne stammen aus dem Ausland. Trotzdem bestehen die Depots der Deutschen zu 58 Prozent aus deutschen Aktien. Damit verschenken sie eine noch bessere Rendite", sagt Salome Preiswerk, Geschäftsführerin und Co-Gründerin von Whitebox.
Zum Vergleich: Der Anteil der deutschen Wirtschaft am globalen Bruttoinlandsprodukt beträgt lediglich 4,5 Prozent. Hätten die Anleger den Anteil deutscher Aktien in ihren Depots auf diesen Wert angepasst, hätten sie seit 2016 rein rechnerisch eine Rendite von 213 Milliarden Euro erzielen können. "Der ,Home Bias' kostete den Anlegern in fünf Jahren also 105 Milliarden Euro an Rendite. Auch deshalb ist es wichtig, seine Investitionen möglichst breit über verschiedene Regionen zu streuen", betont Preiswerk.
Markt-Timing gefährdet Rendite der Anleger
Auch der Versuch, durch gezieltes An- und Verkaufen von Aktien eine Überrendite zu erzielen, kann den Erfolg der Anleger gefährden. Seit 2001 haben im Durchschnitt gerade einmal fünf Handelstage zu 16 Prozent der Jahresperformance beigetragen. "Wer diese Top-Handelstage verpasst, verschenkt einen großen Teil der Rendite", sagt Preiswerk.
In den vergangenen 20 Jahren gab es im Juli die meisten Handelstage mit der höchsten Tagesrendite des Jahres. Im März hingegen gab es in diesem Zeitraum durchschnittlich die meisten Tage mit den höchsten Kursrückschlägen im Jahr. Aus diesen statistischen Häufungswerten lässt sich jedoch kein Trend für die Zukunft ableiten, betont Preiswerk: "Wie die langfristige Betrachtung seit 2001 zeigt, sind sowohl die Top- als auch die Flop-Handelstage relativ gleichmäßig über das Jahr verteilt", sagt die CEO von Whitebox und fügt hinzu: "Das zeigt: Wer an vermeintlichen Börsenweisheiten wie ,Sell in May and go away' festhält, gefährdet seine Rendite. Anleger sollten sich daher nicht auf solche Sprüche verlassen, sondern ihre Investitionsentscheidungen auf Basis von Fakten und fundamentalen Analysen treffen."
Über die Studie
Für die Studie hat das Beratungsunternehmen Barkow Consulting im Auftrag von Whitebox das Anlageverhalten der Deutschen untersucht. Dafür haben sie unter anderem Daten der Deutschen Bundesbank, der Europäischen Zentralbank, des Statistischen Bundesamtes sowie Angaben der deutschen Börse berücksichtigt und miteinander in Verbindung gebracht. Die Angaben beziehen sich ausschließlich auf private Investoren und Aktieninvestments, Fonds inklusive ETFs wurden nicht berücksichtigt. Stichtag der Untersuchung Anfang August 2021.
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