Trotz Krisen: Erwartung deutscher Verbraucher*innen an soziales Engagement von Unternehmen bleibt hoch
Berlin, Indianapolis. (ots)
Trotz gegenwärtiger Krisen, wie der Anstieg der Inflation und der Energiepreise durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine erwarten weiterhin fast 60 % der deutschen Konsument*innen von Unternehmen, sich gesellschaftlich zu engagieren - ein leichter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Hierbei erwägen etwa 44 % beim Kauf eines neuen Produkts die Folgen für die Umwelt. Das ist das Ergebnis der repräsentativen Studie "Der Corporate Social Mind Report" von Wider Sense, einem Beratungsunternehmen für gesellschaftlichen Wandel, und dem US-amerikanischen Marktforschungsunternehmen INFLUENCE|SG. Für die Studie befragte das Forschungsteam inzwischen zum dritten Mal je 1.000 Personen in Deutschland und 2.000 Personen in den USA.
Untersucht wurde dabei, welche Erwartungen Verbraucher*innen an das Engagement von Unternehmen haben. Demnach sind 58 % der Befragten der Ansicht, dass sich die Anbieter*innen von Produkten und Dienstleistungen, von denen sie etwas kaufen, gesellschaftlich engagieren sollten (16 % vollständige Zustimmung, 42 % teilweise Zustimmung). Zudem bleibt die Forderung nach "Corporate Activism" groß. Auf die Frage, ob Unternehmen auch eine soziale oder politische Haltung einnehmen und sich dafür aktiv einsetzen sollten, antworteten 44 % mit "Ja" (9 % vollständige Zustimmung, 35 % teilweise Zustimmung).
Der Ruf nach einem Corporate Social Mindset wird lauter
"Zum dritten Jahr in Folge zeigt unser Forschungsbericht, dass die deutschen Verbraucher*innen eine zunehmend größere Erwartungshaltung an die Unternehmen haben: Sie wollen ein Corporate Social Mindset sehen.", so Studieninitiator Michael Alberg-Seberich. Dieses Mindset beziehe sich auf eine Reihe von spezifischen Eigenschaften, die ein Unternehmen vorweisen muss, um effektiv sozialen Wandel anzustoßen. Der Geschäftsführer von Wider Sense, einem Beratungshaus für gesellschaftlichen Wandel, untersucht jährlich zusammen mit dem US-Amerikaner Derrick Feldmann, dem leitenden Wissenschaftler der Studie, wie sich die Erwartungen von Konsument*innen an das gesellschaftliche Engagement von Unternehmen verändern.
Idealismus vs. Realismus: Die spürbaren Folgen der Energiekrise
Die diesjährige Studie untersucht zudem die Folgen der Energiekrise auf das Kaufverhalten der Konsument*innen. Auf die Frage, wie die gegenwärtig steigenden Energiepreise die deutschen Verbraucher*innen in ihrem Konsum beeinflusst haben, gaben 50 % der Befragten an, dass sie nun vermehrt auf die Preise von Produkten achten, während 30% aussagten, dass ein starker Einfluss besteht und diese inzwischen auf weniger teure Produkte zurückgreifen müssen. Lediglich 17 % der deutschen Verbraucher*innen kaufen immer noch die gleichen Produkte, unabhängig von der Krise.
Vor allem in Bezug auf nachhaltige, sozial-verträgliche Produkte zeichnen sich die Folgen der erhöhten Preise ab: 40 % der Befragten gaben seit Beginn der Energiekrise weniger Geld dafür aus. Laut Studie ist die Mehrheit deutscher Konsument*innen noch immer dazu bereit, für ein Engagement von Unternehmen tiefer in die eigene Tasche zu greifen. Gefragt wurde nach zwei konkreten Beispielen: Einem Softdrink und einem Pullover. Für ein Getränk mit Informationen zum guten Zweck auf dem Etikett würden fast 60 % der Befragten mehr Geld ausgeben als für ein Getränk ohne diese Angaben. Bei Kleidung ist die Investitionsbereitschaft ähnlich hoch. 56 % der Befragten würden hier mehr Geld für das Produkt ausgeben, sofern sie über das Firmen-Engagement informiert werden. In einem nächsten Schritt wurden den Befragten mehrere Logos gezeigt, die zur Kennzeichnung verschiedener Nachhaltigkeitsstufen verwendet werden und auf vielen Waren zu finden sind. Überraschenderweise konnte der Großteil der Verbraucher*innen die Logos nicht identifizieren. Von sechs Logos ist die Organisation Fairtrade die einzige, die von 78 % der Befragten erkannt wurde, gefolgt vom EU-Biosiegel (43 %) und Demeter (40 %). Auf die Frage, ob das Logo das Kaufverhalten beeinflussen würde, gaben knapp 50 % der Befragten sowohl in Deutschland als auch in den USA an, dass sie sich aufgrund des Logos für einen Kauf entscheiden würden.
Top -Themen der Deutschen: Tiere, Hunger und das Klima
Durch die Folgen der Inflation und gestiegenen Energiepreise, mit denen auch amerikanische, aber ganz besonders deutsche Familien durch den Russland-Ukraine Krieg konfrontiert sind, haben sich auch die
gesellschaftlichen Themen verändert, für die sich Verbraucher*innen engagieren. Themenbereiche, die deutschen Verbraucher*innen dabei besonders wichtig sind: 1) Tiere und Tierrechte, 2) Hunger, 3) die Bekämpfung der Klimakrise und 4) Immigration und Flüchtlingsfragen. Auf Platz 5 der Top-Antworten folgen Menschenrechte, Diskriminierung und soziale Gerechtigkeit. "Die Top-Themen spiegeln wider welche gesellschaftlichen Themen die Verbraucher*innen heutzutage bewegen. Seit Beginn des Kriegs hat Deutschland mehrere hunderttausend Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen - das Thema Immigration ist dadurch deutlich präsenter geworden. Noch präsenter als die Corona-Pandemie, die letztes Jahr noch den fünften Platz belegt hat.", so Yonca Erek, Analystin bei Wider Sense. Auch im Ranking der US-amerikanischen Verbraucher*innen findet sich COVID-19, 2021 noch auf Platz 4, dieses Jahr nicht mehr. Stattdessen steigen zwei komplett neue Themen an die Spitze der amerikanischen Liste: Hunger auf Platz 1 und auf Platz 3 die Bekämpfung der Klimakrise. Ein konstanter Unterschied zu Deutschland ist die Relevanz der Waffenrechte für Verbraucher*innen in den USA. Während das Thema in den letzten beiden Jahren unter den US-amerikanischen Top 5 zu finden war, sind Waffenrechte für Deutsche generell weniger wichtig.
Mit ihrer Studie wollen die Autoren Unternehmen in Deutschland und in den USA dazu anregen, ihre Rolle in einer demokratischen Gesellschaft insgesamt zu überdenken und sich die Frage nach ihrem eigenen Corporate Social Mind zu stellen. Das gleichnamige Buch zeigt Lösungen dafür, wie Unternehmen den heutigen Anforderungen der Konsument*innen gerecht werden.
Über die Studie
Der Bericht "Der Corporate Social Mind Report" ist nach 2020 nun zum dritten Mal erschienen und untersucht die Erwartungen deutscher und US-amerikanischer Verbraucher*innen gegenüber dem gesellschaftlichen Engagement von Unternehmen. Die quantitative Analyse wurde per Online-Umfrage Ende 2022 erhoben und ist repräsentativ (1.000 Personen aus einer bundesweit repräsentativen Stichprobe; 2.000 Personen für die USA).
Über die Autoren
Das Studiendesign basiert inhaltlich auf dem Buch "Das neue Corporate Social Mind Warum Haltung alles ist - und wie Unternehmen sozialen Wandel bewirken", das jetzt auch in deutscher Sprache im Redline Verlag erschienen ist. Darin beschreiben Derrick Feldmann und Michael Alberg-Seberich acht Eigenschaften, die Unternehmen entwickeln müssen, um zu ihrem Corporate Social Mindset zu kommen: 1) Entscheiden Sie mit Blick auf die Gesellschaft, 2) Leben Sie Ihre Unternehmenswerte, 3) Nutzen Sie Ihre Mittel zu Gunsten der Gesellschaft, 4) Hören Sie zu, bevor Sie handeln, 5) Haben Sie eine sozial verantwortliche Stimme, 6) Haben Sie eine Kooperationskultur, 7) Messen Sie soziale Wirkung und 8) Sorgen Sie für gesellschaftliche Innovationen.
Über Wider Sense
Studien- und Buchautor Michael Alberg-Seberich ist Gründer und Geschäftsführer von Wider Sense, einem Beratungshaus für gesellschaftlichen Wandel. Es berät Unternehmen und Stiftungen zu zeitgemäßer Corporate Social Responsibility (CSR), strategischer Philanthropie und zu systemischen Bildungskonzepten.
Pressekontakt:
Lukas Kolig
Kommunikation, Communications
Pronomen: er/ihm (mehr dazu); Pronouns: he/him (read more)
T +49 30 2408824-0
E kolig@widersense.org
widersense.org
Original-Content von: Wider Sense GmbH, übermittelt durch news aktuell