Alle Storys
Folgen
Keine Story von Technische Universität München mehr verpassen.

Technische Universität München

Schwindel ohne Befund: Wahrnehmungsstörung könnten Grund sein

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Corporate Communications Center

Tel.: +49 89 289 23325 - E-Mail: presse@tum.de - Web: www.tum.de

Dieser Text im Web: https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35542/

Hochauflösendes Bildmaterial für die redaktionelle Berichterstattung: https://mediatum.ub.tum.de/1516389

PRESSEMITTEILUNG

Neue Forschungsergebnisse zu Schwindelerkrankungen ohne Befund

Wahrnehmungsstörung könnte Betroffene aus dem Gleichgewicht bringen

Patientinnen und Patienten, die unter funktionellem Schwindel leiden, haben oft eine Odyssee zu unterschiedlichen Ärzten hinter sich, weil sich keine organischen Ursachen feststellen lassen. Ein Experiment an der Technischen Universität München (TUM) klärt nun erstmals mögliche Gründe für die Krankheit auf: Erkrankte haben Probleme in der senso-motorischen Verarbeitung im Gehirn, die denen von Personen mit organischen Schwindel-Ursachen ähneln.

Die Münchner Forscherinnen und Forscher hatten schon vor einigen Jahren die These aufgestellt, dass funktionelle Erkrankungen auf einer fehlerhaften Verarbeitung von Wahrnehmungsreizen beruhen. Das Team um Prof. Nadine Lehnen, Funktionsoberärztin der Psychosomatik am TUM-Universitätsklinikum rechts der Isar, konnte diese These nun mit einer ersten experimentellen Pilotstudie stützen.

Acht an funktionellem Schwindel Erkrankte und elf Gesunde als Vergleichsgruppe nahmen daran teil. Zudem wurden Daten von Schwindel-Patientinnen und -Patienten mit organischen Defekten herangezogen, die bereits in früheren Untersuchungen dasselbe Experiment durchlaufen hatten. Sie hatten entweder eine Kleinhirnstörung oder keine funktionierenden Gleichgewichtsnerven mehr.

Schwindel-Patienten zeigen starke Defizite

Während des Experiments saßen die Teilnehmenden in einem dunklen Raum, wo in schnellem Wechsel links oder rechts an der Wand Lichtpunkte erschienen, zu denen sie blicken sollten. Die Augen- und Kopfbewegungen während der Blickbewegung wurden erfasst. Anschließend erhielten sie einen Helm mit Gewichten, um die Trägheit des Kopfes zu verändern. Beim Drehen wackelte der Kopf dadurch stark. Das Experiment wurde mit und ohne Helm durchgeführt.

Während die Gesunden ihre Bewegung schnell an die neuen Gegebenheiten anpassten und der Kopf bald nicht mehr wackelte, taten sich alle Probanden mit funktionellem Schwindel hierbei schwer. Was das Forschungsteam verblüffte, war die Tatsache, dass sich Letztere dadurch genauso verhielten wie die Probanden mit massiven organischen Schwindelursachen.

"Unsere Ergebnisse machen beeindruckend klar, dass sich funktioneller Schwindel so äußerte wie schwere körperliche Erkrankungen, zum Beispiel nach komplettem Verlust der Funktion der Gleichgewichtsnerven. Das spiegelt wider, wie stark diese Menschen eingeschränkt sind", sagt Nadine Lehnen.

Experiment liefert mögliche Erklärung für funktionellen Schwindel

Auf der Basis von Vorerfahrung, die im Gehirn in Form sogenannter gelernter Modelle gespeichert wird, bilden Menschen eine Erwartung über die sensorischen Eindrücke, die durch eine Bewegung entstehen. Diese Erwartung wird mit den Informationen zum Beispiel von den Gleichgewichtsorganen verglichen. Verhält sich der Kopf anders als normal, passen beide Informationen nicht mehr zusammen. Es entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Erwartung und Realität, was man als "Vorhersagefehler" bezeichnet.

"Gesunde können diesen Fehler problemlos wahrnehmen, verarbeiten und ihre Bewegung anpassen. Bei funktionellen Schwindel-Patienten scheinen die senso-motorischen Eindrücke jedoch nicht korrekt verarbeitet zu werden. Sie verlassen sich primär auf ihr gespeichertes Modell, das aber nicht mehr zur neuen Realität passt", erklärt sie und ergänzt: "Für uns war spannend, dass bei ihnen aber ein Lernen möglich ist - nur eben eingeschränkt." Für sie wäre es deshalb wichtig, diese Menschen mit therapeutischen Ansätze zu behandeln, die dieses Verarbeitungsdefizit berücksichtigen. In einer geplanten großen Studie sollen die aktuellen Ergebnisse noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden.

Publikation:

Nadine Lehnen, Lena Schröder, Peter Henningsen, Stefan Glasauer, Cecilia Ramaioli: Deficient head motor control in functional dizziness: Experimental evidence of central sensory-motor dysfunction in persistent physical symptoms, Progress in Brain Research, 2019, DOI: 10.1016/bs.pbr.2019.02.006

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31325997

Mehr Informationen:

- Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie 
  http://www.psychosomatik.mri.tum.de/
- Hochauflösende Bilder für die redaktionelle Berichterstattung 
  https://mediatum.ub.tum.de/1516389  

Kontakt

Prof. Dr. Nadine Lehnen

Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie

TUM Universitätsklinikum rechts der Isar

Tel.: +49 (0)89 4140 6448

Nadine.Lehnen@mri.tum.de

Die Technische Universität München (TUM) ist mit rund 550 Professorinnen und
Professoren, 41.000 Studierenden sowie 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre
Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften,
Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die
Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie
von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem
Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai,
Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger
und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht.
2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In
internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten
Deutschlands.
Weitere Storys: Technische Universität München
Weitere Storys: Technische Universität München
  • 01.08.2019 – 10:52

    Licht in der Nanowelt: Quantenlichtquellen ebnen den Weg zu optischen Schaltkreisen

    TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Corporate Communications Center Tel.: +49 89 289 10510 - E-Mail: presse@tum.de Dieser Text im Web: https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35626/ Bildmaterial in hoher Auflösung: https://mediatum.ub.tum.de/1515959 PRESSEMITTEILUNG Licht in der Nanowelt Quantenlichtquellen ebnen den Weg zu optischen ...

  • 31.07.2019 – 11:43

    Vaccinations not a risk factor for multiple sclerosis

    TECHNICAL UNIVERSITY OF MUNICH Corporate Communications Center phone: +49 89 289 23325 - email: presse@tum.de - web: www.tum.de This text on the web: http://www.tum.de/nc/en/about-tum/news/press-releases/details/35577/ High resolution images: https://mediatum.ub.tum.de/1516112 NEWS RELEASE Vaccinations not a risk factor for multiple sclerosis Big-data analysis shows no correlation between vaccinations and MS Data from ...

  • 31.07.2019 – 11:41

    Impfungen kein Risikofaktor für Multiple Sklerose

    TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Corporate Communications Center Tel.: +49 89 289 23325 - E-Mail: presse@tum.de - Web: www.tum.de Dieser Text im Web: http://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35576/ Hochauflösendes Bildmaterial für die redaktionelle Berichterstattung: https://mediatum.ub.tum.de/1516112 PRESSEMITTEILUNG Impfungen kein Risikofaktor für Multiple Sklerose Big Data Auswertung zeigt ...