Alle Storys
Folgen
Keine Story von Technische Universität München mehr verpassen.

Technische Universität München

GERDA-Experiment: Fortschritte auf dem Weg zum Verständnis der Neutrino-Eigenschaften

TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN

Corporate Communications Center

Tel.: +49 89 289 10510 - E-Mail: presse@tum.de

Dieser Text im Web: https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35672/

Bildmaterial in hoher Auflösung: https://mediatum.ub.tum.de/1518985

PRESSEMITTEILUNG

Ganz nah dran an den "Geisterteilchen"

Fortschritte auf dem Weg zum Verständnis der Neutrino-Eigenschaften

Um die Vermutung zu belegen, dass Materie ohne Antimaterie erzeugt werden kann, sucht das GERDA-Experiment im Gran Sasso Untergrundlabor nach dem neutrinolosen doppelten Betazerfall. Es hat die weltweit höchste Empfindlichkeit für den Nachweis des gesuchten Zerfalls. Um die Chance einer Entdeckung weiter zu erhöhen, arbeitet das Folgeprojekt LEGEND an einem noch weiter verfeinerten Zerfallsexperiment.

Das Standardmodell der Teilchenphysik ist seit seinen Anfängen nahezu unverändert gültig. Widersprüche zwischen Theorie und Experiment haben sich bislang nur bei Neutrinos gezeigt.

Die Neutrino-Oszillation war dabei die erste Beobachtung, die nicht mit den Vorhersagen übereinstimmte. Sie beweist, dass Neutrinos im Widerspruch zum Standardmodell eine Masse ungleich Null haben. 2015 wurde diese Entdeckung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet.

Sind Neutrinos ihre eigenen Antiteilchen?

Hinzu kommt die Vermutung, dass Neutrinos so genannte Majorana-Teilchen sind: Anders als alle anderen Bausteine der Materie könnten sie ihre eigenen Antiteilchen sein. Dies würde auch eine Erklärung dafür liefern, warum es im Universum so viel mehr Materie als Antimaterie gibt.

Zur Überprüfung der Majorana-Vermutung sucht das GERDA-Experiment nach dem bisher nicht beobachteten neutrinolosen doppelten Betazerfall im Germanium-Isotop 76-Ge: Dabei wandeln sich zwei Neutronen in einem 76-Ge-Kern gleichzeitig in zwei Protonen um, wobei zwei Elektronen emittiert werden. Dieser Zerfall ist im Standardmodell verboten, da die beiden Antineutrinos - die ausgleichende Antimaterie - fehlen.

Die Technische Universität München (TUM) beteiligt sich seit vielen Jahren intensiv am Projekt GERDA (GERmanium Detector Array). Sprecher des neuen Projekts LEGEND ist Prof. Stefan Schönert, der die TUM-Forschungsgruppe leitet.

Das GERDA Experiment verfügt über die höchste Empfindlichkeit

GERDA ist das erste Experiment auf dem Gebiet, das den störenden Untergrund soweit reduzieren konnte, dass der gesuchte neutrinolose doppelte Betazerfall, sofern er existiert, eine Halbwertszeit von mindestens 10^26 Jahren haben muss, das ist das 10 000 000 000 000 000-fache des Alters des Universums.

Die Physiker wissen, dass Neutrinos mindestens hunderttausendmal mal leichter sind als Elektronen, die nächstschwereren Teilchen. Welche Masse sie genau haben, ist allerdings noch unbekannt und ein weiteres wichtiges Forschungsthema.

Interessanterweise korrespondiert die Halbwertszeit des neutrinolosen doppelten Betazerfalls mit einer speziellen Variante der Neutrino-Masse, der Majorana-Masse. Kombiniert man das neue GERDA-Ergebnis mit denjenigen anderer Doppel-Beta-Zerfallsexperimente, so muss diese Masse sogar mindestens eine Million mal kleiner sein als die des Elektrons. Physikalisch ausgedrückt läge die Masse bei unter 0,07 bis 0,16 eV/c^2 [1].

Keine Widersprüche mit anderen Experimenten

Auch andere Experimente grenzen die Neutrino-Massen ein: Die jüngste Analyse der Planck-Mission kommt für die Summe der Massen der drei Neutrino-Arten auf unter 0,12 - 0,66 eV/c^2.

Das Tritium-Zerfallsexperiment KATRIN am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) wird in den kommenden Jahren die Masse des Elektron-Neutrinos mit einer Empfindlichkeit von ca. 0,2 eV/c^2 bestimmen. Die Werte können zwar nicht direkt verglichen werden, sie erlauben es aber, die unterschiedlichen Modelle zu überprüfen. Bislang gibt es keine Widersprüche.

Von GERDA zu LEGEND

Die nun vorgestellten Beobachtungen wurden mit einer Detektormasse von 35,6 kg 76-Ge gemacht. Eine neue internationale Zusammenarbeit unter dem Namen LEGEND wird nun die Detektormasse bis 2021 auf 200 kg 76-Ge erhöhen und die Störungen so weit reduzieren, dass nach fünf Jahren eine Empfindlichkeit von 10^27 Jahren erreicht ist.

Publikation:

The GERDA collaboration: Probing Majorana neutrinos with double beta decay

Science, published online on Thursday 5 September, 2019

DOI: 10.1126/science/ aav8613

Link: https://science.sciencemag.org/lookup/doi/10.1126/science.aav8613

Mehr Informationen:

GERDA ist eine internationale europäische Kooperation von mehr als 100 Physikern aus Belgien, Deutschland, Italien, Russland, Polen und der Schweiz. In Deutschland sind die Technischen Universitäten München und Dresden, die Universität Tübingen und die Max-Planck Institute für Physik und für Kernphysik beteiligt. Die finanzielle Unterstützung in Deutschland kommt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über den Exzellenzcluster Universe und den SFB1258 sowie von der Max-Planck-Gesellschaft.

Prof. Schönert erhielt für vorbereitende Arbeiten zum Projekt LEGEND im Jahr 2018 einen ERC Advanced Grant. Für ihre Arbeiten am KATRIN-Experiment erhielt vor wenigen Tagen auch Frau Prof. Susanne Mertens einen ERC-Grant. Sie wird im Rahmen des Experiments nach sogenannten sterilen Neutrinos suchen.

[1] Massen werden in der Teilchenphysik statt in Kilogramm entsprechend der Einsteinschen Gleichung E=m*c^2 in Elektronenvolt [eV] (als Einheit für die Energie)/Lichtgeschwindigkeit zum Quadrat angegeben, da der Zahlenwert sonst unvorstellbar klein würde: 1 eV/c^2 entspricht 1,8 x 10^-37 Kilogramm.

Homepage des GERDA-Projekts: https://www.mpi-hd.mpg.de/gerda/home.html

Pressebild mit hoher Auflösung: https://mediatum.ub.tum.de/1518985

Kontakt:

Technische Universität München

Prof. Dr. Stefan Schönert

Tel.: +49 89 289 12511

E-Mail: schoenert@ph.tum.de

Technische Universität Dresden

Prof. Dr. Kai Zuber

Tel.: +49 351 463 42250

E-Mail: zuber@physik.tu-dresden.de

Universität Tübingen

Prof. Dr. Josef Jochum

Tel.: +49 7071 297 4453

E-Mail: Josef.Jochum@uni-tuebingen.de

Max-Planck-Institut für Physik, München

Prof. Dr. Allen Caldwell

Tel.: +49 89 323 54207

E-Mail: caldwell@mpp.mpg.de

Max-Planck-Institute für Kernphysik, Heidelberg

Prof. Dr. Werner Hoffmann

Tel.: +49 6221 516 330

E-Mail: Werner.Hofmann@mpi-hd.mpg.de

Prof. Dr. Manfred Lindner

Tel.: +49 6221 516 800

E-Mail: lindner@mpi-hd.mpg.de

Universität Zürich

Prof. Dr. Laura Baudis

Tel.: +41 44 635 5777

E-Mail: lbaudis@physik.uzh.ch

Die Technische Universität München (TUM) ist mit rund 550 Professorinnen und
Professoren, 41.000 Studierenden sowie 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
eine der forschungsstärksten Technischen Universitäten Europas. Ihre
Schwerpunkte sind die Ingenieurwissenschaften, Naturwissenschaften,
Lebenswissenschaften und Medizin, verknüpft mit den Wirtschafts- und
Sozialwissenschaften. Die TUM handelt als unternehmerische Universität, die
Talente fördert und Mehrwert für die Gesellschaft schafft. Dabei profitiert sie
von starken Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft. Weltweit ist sie mit dem
Campus TUM Asia in Singapur sowie Verbindungsbüros in Brüssel, Kairo, Mumbai,
Peking, San Francisco und São Paulo vertreten. An der TUM haben Nobelpreisträger
und Erfinder wie Rudolf Diesel, Carl von Linde und Rudolf Mößbauer geforscht.
2006, 2012 und 2019 wurde sie als Exzellenzuniversität ausgezeichnet. In
internationalen Rankings gehört sie regelmäßig zu den besten Universitäten
Deutschlands. www.tum.de
Weitere Storys: Technische Universität München
Weitere Storys: Technische Universität München
  • 03.09.2019 – 12:12

    EU funding for top-level research at TUM

    TECHNICAL UNIVERSITY OF MUNICH Corporate Communications Center phone: +49 89 289 23325 - email: presse@tum.de - web: www.tum.de This text on the web: https://www.tum.de/nc/en/about-tum/news/press-releases/details/35671/ NEWS RELEASE EU funding for top-level research at TUM ERC Starting Grants: Success for seven chemistry, medicine and physics projects The European Research Council (ERC) has announced that seven of its ...

  • 03.09.2019 – 12:11

    EU-Förderung für Spitzenforschung an der TUM

    TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Corporate Communications Center Tel.: +49 89 289 23325 - E-Mail: presse@tum.de - Web: www.tum.de Dieser Text im Web: https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35669/ PRESSEMITTEILUNG EU-Förderung für Spitzenforschung an der TUM ERC Starting Grants: Sieben Projekte aus Chemie, Medizin und Physik erfolgreich Der Europäische Forschungsrat (ERC) hat entschieden: ...

  • 22.08.2019 – 11:17

    Sternenkollision: 800 Milliarden Grad in der kosmischen Küche

    TECHNISCHE UNIVERSITÄT MÜNCHEN Corporate Communications Center Tel.: +49 89 289 10516 - E-Mail: presse@tum.de - Web: www.tum.de Dieser Text im Web: https://www.tum.de/nc/die-tum/aktuelles/pressemitteilungen/details/35653/ Hochauflösendes Bildmaterial: https://mediatum.ub.tum.de/1518458 PRESSEMITTEILUNG 800 Milliarden Grad in der kosmischen Küche Experiment HADES simuliert die Kollision und das Verschmelzen von ...