Studie zeigt, wie Schulen mit Herausforderungen durch Krisen umgehen
Hamburg, Deutschland (ots/PRNewswire)
Kontinuität und Wandel in Krisenzeiten ( KWiK) ist der Titel einer Studie, die gemeinsam von der Universität Hamburg und der IEA durchgeführt und vom IPN Kiel unterstützt wurde. Insgesamt dreimal wurden Schulleitungen und Lehrkräfte befragt: im Frühherbst 2020, im Sommer 2021 und im Herbst 2022. Ziel war herauszufinden, wie die Schulen den Herausforderungen begegnet sind, die die Corona-Pandemie ihnen gestellt hat. Das Interesse galt vor allem Lösungsansätzen, die sich aus Sicht der Schulen bewährt haben und die Anstöße zur Innovation in der „normalen" Schulpraxis geben. Mehr als 1200 Personen – Schulleitungen und Lehrkräfte – haben sich an der dritten Befragung beteiligt.
Während die Schulen noch damit beschäftigt waren, die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen, hat sich ihnen eine neue Herausforderung gestellt: die Aufnahme und Integration von Kindern und Jugendlichen, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten mussten. Hier zeigt sich, dass die Fähigkeit zur Krisenbewältigung eine dauerhafte Aufgabe für Schulen ist. Umso wichtiger ist es, dass sie Wege finden, den Herausforderungen durch Krisen in ihrem „Normalbetrieb" zu begegnen.
Zu den Ergebnissen der dritten KWiK-Befragung gehört, dass die Schulen den besonderen Wert des Unterrichts in Präsenz betonen. Zwar stellten etwa 70 Prozent der befragten Lehrkräfte heraus, dass sie sich durch die Rückkehr zum Präsenzunterricht nach den Schulschließungen überlastet fühlten. Zugleich aber waren sie bereit, die Belastung in Kauf zu nehmen – denn (so die Antwort einer Lehrkraft): „Präsenzunterricht hilft beim Aufbau einer förderlichen Beziehung zu den Lerngruppen sowie der Schülerinnen und Schüler untereinander, die stets die unterrichtliche Basis darstellt." Beinahe alle befragten Lehrkräfte konstatierten, es hätte ihnen Spaß gemacht, wieder in den Präsenzunterricht zurückzukehren.
Ebenso zuversichtlich sind die Antworten der Befragten zum Einzug der Digitalisierung in die Schulen. Während in der ersten Erhebung die Klagen über fehlende Ausstattung und geringe Erfahrungen mit digitalen Medien breiten Raum einnahmen, überwiegen zwei Jahre später die positiven oder optimistischen Berichte. Die Befragten berichteten über eine deutliche Zunahme der Nutzung digitaler Medien in der Praxis.
Auch die Selbsteinschätzung der Fähigkeiten zum Umgang mit digitalen Medien, die Zuversicht über ihre Nützlichkeit und die Bereitschaft, sich weitere Kompetenzen in diesem Bereich anzueignen, sind gewachsen.
Die Schulen haben also durch die Corona-Pandemie im Bereich Digitalisierung sichtbar aufgeholt. Zugleich wurde der Bedarf nach weiterer Qualifizierung für diesen Bereich deutlich gemacht. Dazu passt, dass die bisherige Anwendung digitaler Medien vor allem im „klassischen" Medieneinsatz liegt: etwa beim Präsentieren von Informationen oder Aufgaben. Für den Einsatz digitaler Verfahren im Unterricht wurden offenbar die ersten Schwellen überwunden; es scheint aber, dass noch Luft nach oben ist, bis die Möglichkeiten der Unterstützung von Bildungsprozessen durch diese Werkzeuge ausgeschöpft werden.
Eine Begleiterscheinung von „Krisen" ist, dass die Diversität der Lebenslagen und Bildungsvoraussetzungen in der Schülerschaft an Gewicht für den möglichen Bildungserfolg gewinnt. Dies hat sich im Kontext der Corona-Pandemie zum Beispiel bei den Möglichkeiten von Familien gezeigt, ihre Kinder beim Lernen im Lockdown zu unterstützen. Im Zusammenhang mit der Zuwanderung von Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine wird besonders die Verschiedenheit der sprachlichen Voraussetzungen für die Teilhabe an Bildung deutlich.
Ein Anliegen der KWiK-Studie ist deshalb herauszufinden, wie die Schulen die Herausforderung wachsender Diversität über Krisenzeiten hinaus meistern. Auch in dieser Hinsicht sind die Ergebnisse ambivalent. Einerseits berichteten die Befragten, dass sie von Erfahrungen mit früheren Zuwanderungen profitieren konnten, um die Neuzuwandernden aus der Ukraine aufzunehmen. Andererseits wurde berichtet, dass zuvor etablierte Maßnahmen abgebaut worden seien und notwendige Unterstützung – beispielsweise durch Übersetzer(innen) oder Dolmetscher(innen) – nicht zur Verfügung stand. Gleichzeitig aber wurde vielfach geäußert, dass Schulen sich in stärkerem Maße auf Diversität in der Schülerschaft einstellen wollen. Immerhin 56 Prozent der Befragten vermeldeten eine Änderung des pädagogischen Konzepts ihrer Schule mit Blick auf sprachliche und kulturelle Heterogenität.
Allerdings gibt es auch hier noch Luft nach oben. Nur 32 Prozent der Lehrkräfte berichteten, dass sie in der Anlage ihres Unterrichts stärker auf individuelle Lernvoraussetzungen Rücksicht nehmen. Zwar finden sich erste Hinweise darauf, dass die Lehrkräfte digitale Medien auch für individualisierende Maßnahmen oder die Kommunikation im mehrsprachigen Kontext einsetzen. Insgesamt aber scheinen diese Möglichkeiten noch wenig Aufmerksamkeit zu erfahren.
Nach den Ergebnissen der KWiK-Studie zu urteilen wäre es ein Gewinn, wenn durch Informationen und Qualifizierungsangebote mehr Aufmerksamkeit auf die Chancen gerichtet würde, die mit der Digitalisierung auch für die Gestaltung der Schule und des Unterrichts im Kontext wachsender Diversität verbunden wären. Dies könnte zur Resilienz von Schulen beitragen – also zu ihren Fähigkeiten, ihre Schülerschaft auch in Krisenzeiten erfolgreich zu bilden.
Weitere Informationen zu KWIK sind zu finden unter: www.iea.nl/de/kwik
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