Das "Gejaule" ist groß: Azubi-Notstand in Deutschland
"Kein Wunder, wenn die Online-Karriereseiten aussehen wie im Jahr 1998"
Dachau
So richtig viel tut sich nicht: Auch im Jahr 2023 blieben weit über 70.000 Ausbildungsstellen in Deutschland unbesetzt. Ein neuer Höchststand. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) sprach jüngst von einem "Passungsproblem" zwischen Bewerberinnen und Bewerbern und den Unternehmen. Die Firmen sind wiederum ratlos und beschweren sich, dass sie teilweise keine einzige Bewerbung erhalten.
Doch ganz aus der Verantwortung dürfe man die Unternehmen nicht nehmen. Im Gegenteil, sagt Jens Meurer, Gründer der "Good News Company" (GNC), einer Karriere-Agentur mit Expertise und Reichweite in den sozialen Medien. Meurer erklärt: "Viele Betriebe jammern, dass sie keine Azubis mehr finden. Schaue ich mir dann mal deren Online-Karriereseite an, dann wundert mich das überhaupt nicht: Die sehen aus wie aus dem Jahr 1998. Das kann doch nicht funktionieren."
Meurer spricht von einem "Gejaule" der Betriebe, die allerdings wenig, bis gar keine Ideen hätten, wie sie mit der Generation Z ("GenZ") in Verbindung treten können: "Wer keine Image- oder Employerbranding-Videos auf seiner Online-Karriereseite hat, der hat den Kampf um die GenZ bereits verloren, bevor er überhaupt losgegangen ist. It's 2024 - aufwachen!"
Die Angst vor dem "Cringe" und wie man sie überwindet
Doch nicht nur das fehlende Knowhow bei den Betrieben sei ein Problem. Auch die Angst vor dem sogenannten "Cringe", also die Sorge, etwas falsch zu machen oder ein peinliches Video zu veröffentlichen, sei bei den Unternehmen groß: "Da bist du als Chef oder Mitarbeiter natürlich zurückhaltend, wenn du weißt, dass du dich auch vollkommen lächerlich machen kannst. Genau diese Schwellenangst können wir den Unternehmen nehmen und ihnen die richtigen Werkzeuge an die Hand geben", so Meurer.
So bietet Meurer mit seiner Firma GNC einen Workshop an, in dem die Mitarbeiter von Unternehmen zu Social-Media-Experten ausgebildet werden können. Teil des Workshops sind Themen wie "10 Mythen über TikTok" oder praktische Übungen wie ein "On-Camera-Training". "Wir fahren hin zu dem Unternehmen und bringen innerhalb von zwei Tagen alles bei, was wir über Social Media wissen. Dazu gehört auch alles rund um Technik und Equipment, das Community Management oder das Analysieren erfolgreicher und nicht erfolgreicher Videos", sagt der Social-Media-Experte.
Aber nicht nur Workshops gehören zum Repertoire von GNC, sondern auch gezielte Kampagnen für Unternehmen, in denen Meurer selbst als Job-Influencer namens "Mr. Karriere" (200.000 Follower auf TikTok) agiert. Hier entsteht "snackable Content" - also kurzer, prägnanter und manchmal humorvoller Inhalt - für Unternehmen, die auf der Suche nach Azubis sind.
Ein Beispiel: Die Kooperation zwischen dem Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus und Mr. Karriere. Das Ergebnis: Über 235.000 Video-Aufrufe, 2500 Likes, über 100 Kommentare und über 650 relevante Klicks auf die Karriereseite von Airbus. Dabei sei gerade der letzte Punkt wichtig: "Um auf eine so hohe Anzahl an relevanten Link-Klicks zu kommen, müssen Unternehmen sonst langwierige und mühsame Arbeit investieren. Da gelten manchmal schon 30 Klicks als Erfolg. Wir schaffen ein Vielfaches davon und das innerhalb von kurzer Zeit."
Nur Reichweite allein ist nicht die Lösung
Zum Schluss beschreibt Meurer noch einen Fehler, der oft in den sozialen Medien gemacht wird. Denn: "Wer Influencer nur anhand von Reichweite auswählt, der kann sein Werbebudget direkt im Kamin räuchern", sagt Meurer.
Was der GNC-Gründer damit meint: Es sei "absoluter Nonsens" einen Influencer mit hoher Reichweite für den Themenbereich Karriere und Ausbildung zu buchen, der aber aus dem Bereich Comedy kommt.
"Die GenZ folgt diesem Influencer aus Entertainment-Gründen und nicht, damit dieser einen Ausbildungsbetrieb bewirbt. Es ist sinnvoller einen Influencer aus dem Bildungsbereich zu engagieren. Hier stimmt das inhaltliche Matching und die Glaubwürdigkeit überein. Wenn ich Halsschmerzen habe, gehe ich doch auch zum HNO-Arzt und nicht zum Schönheitschirurgen", sagt Meurer.
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Jens Meurer
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