Bain-Studie über Herausforderungen für Gesundheitssysteme in Europa
Mehr Kostenkontrolle und Transparenz im Gesundheitswesen: Medizintechnikunternehmen müssen sich breiter aufstellen
München (ots)
- Kliniken würden bei der operativen Diagnostik Kapazitäten abbauen - Entscheidungen über Neuanschaffungen sind zunehmend ökonomisch geleitet - Hersteller von Medizintechnik sollten Wissensvermittlung ausbauen
Angesichts des Kostendrucks innerhalb der Gesundheitssysteme in Europa stehen teure Diagnostikgeräte und Medizinprodukte ganz oben auf der Streichliste von Klinikmanagern. Für rund 39 Prozent liegen die größten Einsparpotenziale in der Begrenzung von vermeintlich überflüssigen Verfahren in der chirurgischen Diagnostik. Bei orthopädischen Medizinprodukten wie Knochenimplantaten sieht nahezu jeder Dritte (29 Prozent) und bei kardiologischen Geräten wie Defibrillatoren fast jeder Vierte (24 Prozent) Möglichkeiten, Kapazitäten abzubauen. Dies bringt die aktuelle Studie "Front Line of Healthcare Report 2016" der internationalen Managementberatung Bain & Company zutage, für die Klinikärzte und Krankenhausmanager in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien befragt wurden.
Beziehung zwischen Ärzten und Medtech-Unternehmen verwässert
Mit zunehmender Kostenkontrolle werden Entscheidungen über die Anschaffung von medizinischen Geräten und Produkten immer mehr nach wirtschaftlichen Kriterien getroffen. Jeder dritte Chirurg (35 Prozent) gibt an, dass bei Kaufentscheidungen inzwischen überwiegend das Klinikmanagement bestimmt. Vor drei Jahren sagten das nur 23 Prozent. Unter diesem Kostendruck stehen nach eigenen Angaben insbesondere die Operateure in Frankreich und Großbritannien.
Für Medizintechnikunternehmen wird es damit schwieriger, in Kliniken die richtigen Ansprechpartner zu adressieren und die Entscheidungsprozesse für Anschaffungen nachzuvollziehen. Das bisherige partnerschaftliche Verhältnis zwischen Chirurgen und Herstellern hat sich gelockert. Die Vertriebsmitarbeiter der Medtech-Unternehmen sind für Ärzte nicht mehr die wichtigste Informationsquelle, um neue diagnostische oder chirurgische Methoden sowie Verfahren kennenzulernen und auszuprobieren. Ihre Bedeutung ist im Vergleich zur letzten Erhebung vor drei Jahren gesunken. Heute nutzen die Ärzte ebenso häufig Fachzeitschriften und medizinische Fortbildungen, um ihr Wissen aufzufrischen (Abb. 1).
Herstellerinformationen sind weniger von Belang
Auch beim Klinikmanagement hat der Stellenwert der Informationen, die direkt vom Hersteller kommen, abgenommen - gegenüber 2013 um minus 11 Prozent. Deutlich häufiger dagegen werden Medizindatenbanken (plus 15 Prozent), Fachartikel (plus 8 Prozent) und einschlägige Webseiten (plus 8 Prozent) genutzt (Abb. 2).
"Medizintechnikhersteller müssen ihren Kunden heute einen echten Mehrwert bieten - nicht zuletzt durch professionelle Trainings im Umgang mit neuartigen diagnostischen Verfahren und Medizinprodukten wie Bioimplantaten", betont Michael Kunst, Bain-Partner und Leiter der Praxisgruppe Healthcare im EMEA-Raum. "Darüber hinaus darf Fachwissen nicht mehr nur aus den eigenen Quellen stammen. Produktwebseiten etwa können dazu genutzt werden, weiterführende Tests und Forschungsergebnisse zu präsentieren."
Über die Studie
Für die Studie "Front Line of Healthcare Report 2016" wurden nahezu 1.200 Ärzte neun verschiedener Fachrichtungen sowie Krankenhausmanager aus knapp 170 Kliniken in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien befragt. Beleuchtet werden die Unterschiede der Gesundheitssysteme in den vier EU-Ländern. Die gleiche Untersuchung hat Bain 2015 in den USA durchgeführt, so dass ein Vergleich mit diesen Ergebnissen in die aktuelle Studie einfließen konnte.
Bain & Company
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