Bund der Freien Waldorfschulen
Begründer der Anthroposophie aktiver Gegner des Antisemitismus
Stuttgart (ots)
Eine wissenschaftliche Studie, die derzeit vom Bund der Freien Waldorfschulen veröffentlicht wird, weist nach, dass Rudolf Steiner, der Begründer der Anthroposophie (1861 - 1925), ein aktiver Gegner des Antisemitismus war. Damit sind anderslautende Behauptungen, die vor allem seit einer "Report"- Sendung im Februar dieses Jahres über Waldorfschulen und deren Begründer Steiner kursierten, als haltlos widerlegt. Angesichts der Schärfe seiner Stellungnahmen sind Antisemitismus-Vorwürfe gegen Steiner als erstaunliche Fehlleistungen zu qualifizieren, die offenbar interessengeleitet sind.
Steiner verurteilte bereits in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts einen der profiliertesten Vertreter des Antisemitismus in Deutschland, den Sozialisten Eugen Dühring, der in Veröffentlichungen für eine Endlösung der "Judenfrage" plädierte. Steiner bezeichnete Dührings Antisemitismus als "barbarisch und kulturfeindlich". In Publikationen taxierte Steiner den "Rassenkampf" als die "widerlichste Form des Parteienstreits". Er setzte sich für Emanzipation und Integration der europäischen Juden ein: "Die Juden brauchen Europa und Europa braucht die Juden." Steiner vertrat Positionen, die mit jenen des liberalen Judentums in Europa übereinstimmten.
In den 90er Jahren verurteilte er die "empörenden Ausschreitungen der Antisemiten" und brandmarkte die "antisemitischen Wüteriche" als Feinde der Menschenrechte. Als überzeugter Liberaler sah er eine Lösung der damals heftig diskutierten "Judenfrage" allein in voller rechtlicher Gleichstellung.
Im Jahre 1900 stellte Steiner den Antisemitismus als "Verhöhnung aller Bildungserrungenschaften" der Neuzeit, als "Ausdruck von geistiger Inferiorität", als "Zeugnis der Abgeschmacktheit" und als "Gegenteil jeder gesunden Vorstellungsart" bloß. In einer Serie von Aufsätzen, die er 1901 für den Berliner "Verein zur Abwehr des Antisemitismus" schrieb, wandte er sich gegen den Germanenmythos der deutschen Rassisten und deren "unsinnige antisemitische Schwätzereien"; in ihrem arischen Eigendünkel sah er eine "verletzende Anmaßung". Die Ausnahmegesetzgebung gegen die Juden in europäischen Ländern verglich er mit "Zuständen der Sklaverei". Die damals grassierenden Rassenantipathien bewertete er als den Ausdruck "dumpfer Instinkte" und erklärte es zur Pflicht jedes vernünftigen Menschen, den Antisemitismus entschieden zu bekämpfen.
Schließlich erwies sich Steiner schon zu Beginn des Jahrhunderts als prophetisch, wenn er den Antisemitismus als kulturelle und politische Verfallserscheinung bezeichnete und vor dessen Gefährlichkeit warnte. Der Antisemitismus vergifte nicht nur die politische Kultur, er gefährde nicht nur die Juden, sondern alle Menschen, weil durch ihn "dumpfe Empfindungen" Gewalt über das Denken und das politische Leben erlangten.
Die Studie ist beim Bund der Waldorfschulen in 70184 Stuttgart, Heidehofstrasse 32, Tel. 0711/21042-16 (-18), Fax -19 zu beziehen.
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