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Deutsche Umwelthilfe e.V.

Umweltjuristen warnen vor Aushöhlung des Umwelt- und Naturschutzrechts

Berlin (ots)

Gemeinsame Pressemitteilung
Öko-Institut, Deutsche Umwelthilfe und das Unabhängige Institut 
für Umweltfragen fordern den Bundestag auf, die Änderungen des 
Bundesrats zu den Umwelt- und Naturschutzgesetzen abzulehnen
Vor einer weiteren Aushöhlung des Umwelt- und Naturschutzrechts 
haben heute Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH), das Öko-Institut und das
Unabhängige Institut für Umweltfragen (Ufu) gewarnt. Sie fürchten, 
dass die Bundesländer über den Bundesrat die bestehenden Umwelt- und 
Naturschutzgesetze bis zur Bedeutungslosigkeit verwässern und 
bewährte Standards im Umwelt- und Naturschutz abschaffen. Die 
Umweltjuristen von DUH, Öko-Institut und Ufu fordern die 
Bundestagsabgeordneten auf, zahlreiche Änderungsvorschläge des 
Bundesrats zu den geplanten Novellen der Umwelt- und 
Naturschutzgesetze abzulehnen.
Die Bundesregierung ist vor drei Jahren mit dem Ziel angetreten, 
ein Umweltgesetzbuch (UGB) ohne Standardabbau zu schaffen. "Es reicht
offenbar nicht, dass das UGB gescheitert ist, nun versuchen die 
Länder auch noch das bestehende Umweltrecht Stück für Stück 
auszuhöhlen", sagte Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin der Abteilung 
Recht bei der Deutschen Umwelthilfe e.V. Nicklas und ihre Kollegen 
von Öko-Institut und Ufu befürchten, dass dies hinter verschlossenen 
Türen zwischen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat geschieht. 
Denn der Bund steht unter enormen Zeitdruck, um die Einzelgesetze 
noch in dieser Legislaturperiode zu verabschieden.
Die Umweltjuristen von Öko-Institut, Ufu und DUH haben den 
Abgeordneten aller Fraktionen heute eine Stellungnahme zu den 
Änderungsvorschlägen des Bundesrats zugeschickt. Sie lehnen darin die
massivsten Änderungsvorschläge zum Bundes-Immissionsschutzgesetz, zur
Umweltverträglichkeitsprüfung und zur sogenannten Eingriffsregelung 
ab. "Wirtschaftliche Interessen werden über den Gesundheitsschutz 
gestellt, wenn sich die Länder durchsetzen", sagte Andreas Hermann, 
stellvertretender Leiter des Forschungsbereichs Umweltrecht und 
Governance des Öko-Instituts. Die Länder wollen im 
Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) die Befugnisse der Behörden 
für die Genehmigung von Anlagenerweiterungen und Neubauten in 
Belastungsgebieten beschneiden, so dass die Schwellen für den 
Gesundheitsschutz gesenkt werden. Bei Umweltverträglichkeitsprüfungen
solle die bislang vorgeschriebene Beteiligung der Öffentlichkeit 
wegfallen. Raumordnungsverfahren sollen ebenfalls ohne Prüfung der 
Umweltauswirkungen durchgeführt werden. "Durch die Änderungsanträge 
würde die Umweltverträglichkeitsprüfung ihrer Substanz weiter 
beraubt", sagte Hendrik Acker vom Öko-Institut. Bürger und Behörden 
könnten dann die entscheidenden Konflikte nicht mehr lösen, obwohl 
deren Lösung für ein friedliches Miteinander von Unternehmen und 
Gesellschaft in sensiblen Gebieten notwendig sei.
Wenn der Bundesrat sich durchsetzt, beschleunigt sich die 
Zerstörung von Biotopen und das Artensterben. Geht es nach den 
Vorschlägen der Länder, wird die bewährte Eingriffsregelung 
ausgehöhlt. Sie fordern nämlich, dass Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen
innerhalb der sogenannten Realkompensation gleichgestellt werden. Das
bedeutet: Naturzerstörung für den Bau von Straßen und Anlagen kann 
mit andersartigen Neupflanzungen abgegolten werden. Nach geltendem 
Recht hat der Ausgleich Vorrang vor dem Ersatz. Das hat auch seine 
Berechtigung. Ausgleich bedeutet nämlich gleichartige Kompensation 
(Biotop wird durch ebensolches Biotop an anderer Stelle 
ausgeglichen), Ersatz bedeutet lediglich gleichwertige Kompensation 
(Biotop wird nicht durch Biotop, sondern etwas anderes ersetzt). 
Somit würde eine gleichartige Kompensation gefährdet und für die 
Biodiversität notwendige Lebensräume gingen verloren.
Die Bundesländer erleichtern durch die Hintertür zudem den Einstieg 
in die Ersatzzahlung. Ersatzzahlungen sollen zukünftig 
"ausnahmsweise" anstelle der vorrangigen Ausgleichs- und 
Ersatzmaßnahmen dann verlangt werden können, "wenn mittels der 
Ersatzzahlung die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege 
besser verwirklicht werden können". Das Ganze soll der 
"Flexibilisierung" der Eingriffsregelung dienen. "Eine 
Flexibilisierung ist aus unserer Sicht nicht erforderlich, da das 
Verfahren seit Jahren etabliert ist und die auftretenden Probleme in 
der Praxis lösbar sind", sagte Nicklas.
Michael Zschiesche, Umweltjurist des Ufu, warnte davor, den 
Mindeststandard eines Gewässerrandstreifens auszuhebeln. Ein 
Randstreifen sei für den Naturschutz von elementarer Funktion. Das 
Umweltforschungszentrum Leipzig empfiehlt einen Abstand von zehn 
Metern zwischen Gewässer und Ufernutzung. "Schon der 
Regierungsvorschlag von nur fünf Metern ist aus naturschutzfachlicher
Sicht kaum zu rechtfertigen, ihn abzuschaffen beschleunigt den 
Artentod", sagte Zschiesche.
Hintergrund
Nach dem Scheitern des Umweltgesetzbuches (UGB) haben sich die 
Bundesregierung und die Regierungsfraktionen entschieden, Teile des 
UGB als einzelne Gesetze auf den Weg zu bringen. Darunter fallen 
Regelungen zum Wasser- und Naturschutzrecht, zum Strahlenschutzrecht 
sowie Regelungen aus dem Einführungsgesetz zum UGB. DUH, Öko-Institut
und Ufu begrüßen grundsätzlich die Verabschiedung dieser 
Einzelgesetze, um die Risiken einer Rechtszersplitterung bzw. 
Rechtsunsicherheiten durch abweichendes Länderrecht zu vermeiden. Die
Föderalismusreform von 2006 hatte festgelegt, dass bis zum 31.12.2009
der Bund  Naturschutz- und Wasserrechte regeln kann, von denen die 
Bundesländer dann nicht mehr abweichen dürfen. Verstreicht die Frist,
können ab dem 1. Januar 2010 die 16 Bundesländer den Natur- und 
Artenschutz und das Wasserrecht in eigener Verantwortung regeln - das
Recht würde völlig zersplittern.
Zu den Gesetzesvorschlägen der Bundesregierung hat der Bundesrat 
am 15.5.2009 Änderungen beschlossen. Darin enthalten sind 
Änderungsvorschläge, die darauf angelegt sind, den seit einigen 
Jahren stattfindenden Abbau von Umweltstandards fortzuführen bzw. die
Ergebnisse der Föderalismusreform abzuschwächen. Es ist zu 
befürchten, dass nach dem Scheitern des UGB der zeitliche Druck bei 
der Verabschiedung der Einzelgesetze noch in dieser Legislaturperiode
von den Ländern genutzt wird, um die vorgenannten Ziele 
durchzusetzen.
Das Öko-Institut, die Deutsche Umwelthilfe und das Unabhängige 
Institut für Umweltfragen begründen in dem heute an die 
Bundestagsabgeordneten verschickten Positionspapier warum die 
Vorschläge des Bundesrats strikt abzulehnen sind. Sie begründen ihre 
Ablehnung vor allem mit einem transparenten und vollzugsfreundlichen 
Umweltrecht sowie der Beibehaltung des derzeitigen Schutz- und 
Anforderungsniveaus des Umweltrechts. Die Ausführungen der 
Umweltjuristen beschränken sich auf die Beschlüsse des Bundesrates 
vom 15.05.2009. Ihre darüber hinausgehenden Vorschläge für eine 
progressivere Ausgestaltung der genannten Gesetze vom 17.03.2009 
bleiben hiervon unberührt und haben vollumfänglich weiterhin Bestand 
(Download unter: www.umweltgesetzbuch.org).

Pressekontakt:

Dr. Cornelia Nicklas, Leiterin Recht, Deutsche Umwelthilfe e. V.,
Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 2400867-18; 0162 - 63 44
657, nicklas@duh.de

Andreas Hermann, LL.M., stellvertretender Leiter des
Forschungsbereich Umweltrecht & Governance, Öko-Institut e. V. - Büro
Darmstadt, Rheinstraße 95, 64295 Darmstadt, Tel.: 06151 8191-28, Fax:
06151 8191-33, a.hermann@oeko.de

Michael Zschiesche, Geschäftsführer Unabhängiges Institut für
Umweltfragen e. V., Greifswalder Straße 4, 10405 Berlin, Tel.: 030
4284993-31, Fax: 030 428004-85, recht@ufu.de

Ulrike Fokken , Sprecherin Politik & Presse, Deutsche Umwelthilfe
e.V., Hackescher Markt 4, 10178 Berlin, Tel.: 030 24 00 867-86, 0151
- 55 01 70 09, fokken@duh.de

Original-Content von: Deutsche Umwelthilfe e.V., übermittelt durch news aktuell

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