Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels: "Wir sind auf dem Mehrweg."
Düsseldorf (ots)
Kommendes Dosenpfand wichtiger Eckpfeiler. 2001 trotz Konjunkturflaute gut behauptet. Leichter Aufwärtstrend 2002. Umstrukturierung zu alleinigem Bundesverband beschlossen.
"Mit einem lachenden und einem weinenden Auge" kommentierte der Geschäftsführende Vorstand des Bundesverbandes des Deutschen Getränkefachgroßhandels e. V. (GFGH), Günther Guder, den Ausgang der Bundestagswahl. "Das Mehrweg-Getränkesystem als wichtigster Pfeiler unseres Geschäfts wird am 1. Januar 2003 durch die Einweg-Pfandpflicht bei einer aktuellen Mehrwegquote von rund 54 Prozent kurz vor dem Kollaps gerettet", begrüßte er die voraussichtliche Fortsetzung der Regierungskoalition. Andererseits erwartet der Spitzenverband der 1.180 Fachgroßhändler "keine entscheidenden Impulse für den privaten Konsum". Zu groß seien der Reformstau und die Belastungen für den Mittelstand und die Bürger.
Immerhin ist der Weg zur Bepfandung von Einweg-Getränkeverpa-ckungen ab dem 1. Januar 2003 jetzt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit frei, nachdem die 10. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin am 2. Oktober den Eil-Rechtsschutzantrag der Firmen REWE und FÜR SIE auf vorläufige Aussetzung der Pfandpflicht abgelehnt hat. "Die Berliner Entscheidung ist eine klare und unmissverständliche Abgrenzung von dem Urteil des lediglich für bestimmte Unternehmen in Nordrhein-Westfalen zuständigen Verwaltungsgerichts Düsseldorf aus September und folgt dem Düsseldorfer Urteil in keinem Punkt", betonte Guder. Der in Berlin im einstweiligen Rechtsschutz ergangene Beschluss führt auch dazu, dass die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht keine aufschiebende Wirkung hat für die Einführung des Pflichtpfandes zum 1. Januar 2003. Außerdem erwartet der Verband innerhalb der nächsten acht Wochen die Aufhebung des Düsseldorfer Verwaltungsgerichtsurteils durch das Oberverwaltungsgericht Münster.
"Wir werden uns jedenfalls im GFGH gesetzeskonform verhalten und appellieren zurzeit dringend an die Industrie und den Einzelhandel, sich auf die Rücknahme und Pfandpflicht vorzubereiten", mahnte Guder die Marktpartner. Ansonsten drohten ab dem 1. Januar 2003 Bußgelder wegen Missachtung der Verpackungsverordnung, Anzeigen wegen unlauteren Wettbewerbs durch Umweltschutzverbände, die Testkäufe angekündigt haben, beziehungsweise die Unverkäuflichkeit von Einweggebinden.
Mit mehr Dienstleistung weg vom Spediteurimage
Im Vertrauen auf die Verpackungsverordnung hatten Getränkefachgroßhandel, Getränke-Einzelhandel und mittelständische Getränkehersteller Milliarden investiert. Rund 250.000 Arbeitsplätze wären bei einem Zusammenbruch des Mehrwegsystems gefährdet, davon alleine 45.000 in den Unternehmen des Bundesverbandes. "Unsere Mitglieder bauten jedoch in den letzten Jahren konsequent ihr Dienstleistungsspektrum aus und damit die Geschäftsbasis über den Transport und das Mehrweg-Handling hinaus", so Guder. Dazu gehören traditionell die Marketing-Unterstützung der Gastronomie durch Finanzierungen und Konzepte sowie der qualifizierte Ausbau der eigenen, rund 7.000 Getränke-Fachmärkte als Einzelhandels-Standbein, Service für Festivitäten und der zunehmende Heimdienst-Sektor.
"Inzwischen haben wir auch in der Informationstechnologie mit der elektronischen Abbildung der Logistik- und Wertschöpfungskette vom Hersteller bis zum Konsumenten die Nase vorn", betont der GFGH selbstbewusst. ECR-Technologien (Electronic Consumer Response) für den Einsatz in der Getränkewirtschaft stehen seit Anfang 2002 zur Verfügung, KEG- und Kasten-Ident-Systeme für die Optimierung der Logistik befinden sich in der ersten Erprobungsphase.
Wirtschaftliche Position durch Kooperation und Konzentration gestärkt
Die 1.180 im Verband organisierten Unternehmen verbuchten im Jahr 2001 12,665 Mrd. Euro Umsatz (plus 0,7 Prozent geg. Vorjahr) und damit rund 88 Prozent des Gesamtumsatzes der Fachgroßhandels-Branche, für die das Statistische Bundesamt ein Umsatzminus von 3,2 Prozent ermittelte. Auch mit dem kleinen Ertragsplus von 0,3 Prozent (2000: 0,9 Prozent) könne man noch zufrieden sein angesichts der wirtschaftlichen Turbulenzen des vergangenen Jahres. Für das erste Halbjahr 2002 zeichnet sich zwar eine Belebung des Umsatzes ab von plus 3,8 Prozent, "allerdings vor dem Hintergrund des schwachen Vorjahres-Zeitraums mit minus 3,2 Prozent und der stattgefundenen Preiserhöhungen der Brauereien", relativiert Günther Guder die immer noch angespannte Lage der Branche.
Sie wird auch deutlich in der fortschreitenden Konzentration auf Fachgroßhandelsebene durch Kooperationen, Fusionen und Betriebsaufgaben. Nach der vorliegenden Umsatzsteuerstatistik waren 1999 (aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor) bundesweit 5.978 Unternehmen tätig, 4,1 Prozent weniger als 1998 und sogar 6,3 Prozent weniger als 1997. Die wirtschaftliche Position sieht Guder allerdings eher gestärkt durch den Konzentrationsprozess: "Die 1999 um 4,1 Prozent verminderte Anzahl aller Betriebe setzte mit 17,336 Mrd. Euro genau 4,1 Prozent mehr um als 1998." Von der rückläufigen Anzahl der Betriebe blieb auch der Bundesverband nicht verschont, dessen Landesverbände aktuell 1.180 Mitglieder registrieren gegenüber 1.240 Anfang 2001.
Verhaltener Optimismus für 2002
Die jährliche Konjunkturumfrage unter den Mitgliedern mit einer repräsentativen Beteiligung von rund 25 Prozent spiegelt für 2002 das gedämpfte Konjunkturklima wider. 40 Prozent der Mitglieder melden für das erste Halbjahr eine gleich bleibende Umsatzentwicklung, 28 Prozent ein Plus und 32 Prozent registrierten Rückgänge. Ähnlich die Investitionsbereitschaft: 37 Prozent wollen weniger oder gleich bleibend investieren und nur 19 Prozent der Mitglieder ein höheres Investment vornehmen.
Die anhaltende Skepsis resultiert auch aus der wirtschaftlichen Entwicklung des gesamten Getränkemarktes. Das Jahr 2002 ist bisher gekennzeichnet durch anhaltende Preisaggressivität im Einzelhandel und vor allem durch die Discounter sowie die sich weiter abzeichnende Konzentration in der Braubranche. Eine weitere Belastung wird die Lkw-Maut ab 1. August 2003, deren 15 Cent pro km jeden Getränkekasten im oberen einstelligen Cent-Bereich treffen wird. "Unsere Mitglieder werden nicht umhin können, diese Erhöhung weiter zu geben, zumal Anfang nächsten Jahres, nach der fünften Stufe der Ökosteuer, nochmals jeder Lkw mit 1.600 Euro belastet sein wird", so Guder.
Ruinöser Wettbewerb im Einzelhandel
Die Umstellung von D- Mark auf Euro nutzten die großen Discounter zu weiteren aggressiven Preissenkungen, die auch den traditionellen Lebensmittel-Einzelhandel im Segment Getränke beeinflussten. Der ConsumerScan der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) weist die Discounter als einziges Segment aus, in dem die Verbraucher mit 11,1 Prozent mehr einkaufen als im Vorjahr. Alle anderen Einzelhandelsschienen verloren dagegen Käufer (LEH minus 4,8, Verbrauchermärkte minus 4,9 und Fachmärkte minus 7,7 Prozent). Auch eine Folge der, so Guder, "Werte vernichtenden Dosen- und PET-Einwegpolitik der Discounter", nachdem die führende Aldi-Gruppe den Richtpreis für die 0,5-l-Dose Bier auf 0,25 Euro festsetzte. Von Januar bis Mai 2002 stiegen die Anteile der Einwegverpackungen, die vom Verbraucher bei Discountern gekauft wurden, gegenüber dem Vorjahres-Zeitraum um 10,7 Prozent auf 58,5 Prozent bei Bier, um 36,6 Prozent auf 67,4 Prozent bei alkoholfreien Getränken (AfG) und um 15,6 Prozent auf 50,5 Prozent bei Wein. AfG in Einweg macht inzwischen 46,8 Anteil aus (Vorjahr: 39,5 Prozent), insbesondere verursacht durch das starke Wachstum von PET-Einweg von 14,4 auf 23,3 Prozent Anteil. Fruchthaltige Getränke befinden sich bereits zu 81 Prozent in Einweg-Gebinden.
Mischgetränke auf dem Vormarsch
Mischgetränke haben die Branche in diesem Jahr kräftig durcheinander gewirbelt. Während beispielsweise der Gesamt-Bierabsatz von Januar bis August 2002 um 0,4 Prozent zurück ging, im August alleine minus 8,9 Prozent gegenüber Vorjahr, erleben Bier-Mischgetränke einen wahren Boom. Mixgetränke wie Bier+Cola, Weizen+Limo oder Radler und Co. steigerten ihren Absatz im ersten Halbjahr 2002 im Einzelhandel um 38,3 Prozent auf mittlerweile 0,9 Mio. Hektoliter. Über 60 Prozent davon in der 0,5-l-Dose. "Aber erfreulicherweise auch knapp 20 Prozent in 0,33-l-Mehrwegflaschen, neun Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2001", hob Guder hervor. Einen ähnlichen Trend zeigen die so genannten Alcopops, Ehen hochprozentiger alkoholhaltiger und alkoholfreier Getränke.
Angespannte wirtschaftliche Lage auf dem Getränkemarkt
Insgesamt bewertet der GFGH-Bundesverband die Lage aller beteiligten Marktpartner in der Getränkebranche, der Hersteller, der eigenen Mitgliederbetriebe, des Einzelhandels und der Gastronomie als "angespannt". Die langjährigen, negativen Tendenzen seien nach wie vor gültig und hätten sich eher noch verstärkt:
* Intensivierung des Verdrängungswettbewerbs der Hersteller * Verdrängungswettbewerb und Konzentration im Einzelhandel * Übernahmen durch ausländische Braukonzerne * Rückläufige Gastronomieumsätze; Ausnahmen: Szenetreffs und Coffeebars
Zum befürchteten Ausverkauf des Getränkefachgroßhandels durch den Einfluss ausländischer Konzerne sei es nicht gekommen, wie es der Verband im vergangenen Jahr auch klar gestellt habe. "Was viele Insider als Fanal für eine sich rasch darstellende, weitere Konzentration und den Ausverkauf des GFGH gewertet haben, sehen wir deutlich gelassen", erklärte Guder. Dafür seien die mittelständischen Strukturen der Branche zu solide und die Unternehmen zum größten Teil mittlerweile gut aufgestellt.
Die rückläufigen Gastronomieumsätze bezeichnete Guder als zum Teil "hausgemacht": "Viele unserer Kunden in der Gastronomie haben Anfang des Jahres eine etwas unglückliche Umstellungspolitik auf den Euro betrieben, so zur Teuro-Diskussion beigetragen und die Gäste verärgert."
Einweg-Logistik: Vogel-Strauss-Politik bei Industrie und Einzelhandel
Die Unternehmen des Getränkefachgroßhandels "stehen Gewehr bei Fuß, ihren Part zu übernehmen für die Organisation der Einweg-Rückführlogistik und die Bepfandung", sagte Günther Guder, der den Verbandsmitgliedern auf der Delegiertenversammlung am 7. Oktober empfahl, die Vorbereitungen weiter voran zu treiben. Dagegen bleiben Abfüller und Einzelhandel zurzeit noch bei ihrer Vogel-Strauss-Politik und machen offiziell keine Anstalten, sich konkret auf den 1. Januar vorzubereiten.
"Wir handeln weiter nach dem Motto: heute mitgestalten, statt morgen gestaltet zu werden", erläuterte Guder die konsequenten Vorbereitungen auf das Inkrafttreten der Einweg-Bepfandung und die Rücknahmelogistik. Der Bundesverband sieht seine Position als Mittler und Wirtschaftskraft im Konzert mit der Getränkeindustrie, dem Einzelhandel und der Gastronomie eher gestärkt. "Wir haben gegen die Übermacht der einwegorientierten Wirtschaft wesentlich dazu beigetragen, das funktionierende Mehrwegsystem zu stützen, die "geräuschlose" Euro-Umstellung maßgeblich mit organisiert, und wir spielen als zentraler Dienstleister eine wachsende Rolle", lautete sein Fazit. 79 Prozent des gesamten Bier-, 88 Prozent des Mineralwasser- und 45 Prozent des fruchthaltigen Getränkeabsatzes managen die Fachgroßhandelsunternehmen.
Zusammenschluss der Landesverbände im Bundesverband
Für die kommenden Aufgaben wird der Bundesverband seine Kräfte weiter bündeln. Konzentrationsprozess, die wachsenden Aufgaben für die Interessenvertretung auf Bundesebene und bei den Generaldirektionen der EU-Kommission in Brüssel bestätigen den bereits im Oktober 2001 gefassten Beschluss, zum 1. Januar 2004 alle Landesverbände aufzulösen zugunsten eines zentralen Bundesverbandes. In der Vorbereitung darauf hatten in den letzten Jahren bereits die Landesverbände Nord und West fusioniert sowie die süd- mittel- und ostdeutschen Landesverbände sich unter einem Dachverband Süd und Ost vereint. Auf der Delegiertenversammlung am 7. Oktober in Berlin wurde jetzt die entsprechende Satzungsänderung beschlossen, der noch formal die Landesverbände zustimmen müssen.
Weitere Informationen über den Bundesverband des Deutschen Getränkefachgroßhandels unter: www.bv-getraenkefachgrosshandel.de
ab 28.10.2002 neue Adresse des Bundesverbandes: Monschauer Straße 7 40549 Düsseldorf
Medienkontakt: Peter Figge PR- & Redaktionsbüro Tel.: 02104.804846; Fax: 02104.804814 E-Mail: peterfigge@compuserve.com GFGH-Jahres-Pressegespräch 10.10.2002/Seite 7 von 7
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