EU-Kommission gewährt Wettbewerbsvorteile für LNG-Terminal Brunsbüttel: Deutsche Umwelthilfe kritisiert Entscheidung und kündigt weitere rechtliche Schritte an
Berlin (ots)
- EU-Kommission bestätigt Freistellungsentscheidung der Bundesnetzagentur für fossiles Megaprojekt unter Erteilung von zusätzlichen Auflagen
- Klimaschädlichkeit des Projekts wurde bei Entscheidung ignoriert: Flüssigerdgasterminal für den Import von Fracking-Gas unvereinbar mit Klimaschutzzielen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert die Entscheidung der EU-Kommission, der German LNG Terminal GmbH Wettbewerbsvorteile für die Errichtung eines Importterminals für verflüssigtes Erdgas in Brunsbüttel zu gewähren. Durch die Bestätigung des bereits im November ergangenen Freistellungsbescheids der Bundesnetzagentur ist das Projekt von wichtigen Bestandteilen der Tarif- und Netzzugangsregulierung entbunden. Die Klimaschutzziele spielten bei den Entscheidungen der Bundesnetzagentur und der EU-Kommission keine Rolle. Das Terminal soll bis zu 8 Milliarden Kubikmeter Flüssigerdgas pro Jahr nach Deutschland importieren. Trotz der Entscheidung bleibt fraglich, ob das klimaschädliche Projekt tatsächlich realisiert werden kann. Die DUH kündigt weiteren Widerstand an.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Mit der Entscheidung der EU-Kommission wird effektiver Klimaschutz in Deutschland erneut blockiert. Dabei ändert das Ergebnis des Prüfprozesses nichts an der Tatsache, dass das fossile Megaprojekt vollkommen aus der Zeit gefallen ist. Es ist vollkommen klar, dass alle geplanten LNG-Terminals in Deutschland nur durch massive Subventionen rentabel sind - die Gewährung von Wettbewerbsvorteilen ist nur die neuste Ergänzung in einer ganzen Reihe von Gefälligkeiten. Behörden und Landes- sowie Bundesregierung scheinen alles Erdenkliche tun zu wollen, um die Errichtung dieser Projekte wider besseren Wissens zu ermöglichen. Insbesondere vor dem Hintergrund des Klimaurteils des Bundesverfassungsgerichts und den verschärften nationalen Klimaschutzzielen ist das inakzeptabel."
Das LNG-Terminal, das voraussichtlich vor allem Fracking-Gas aus den USA importieren soll, wird durch die Entscheidung für 25 Jahre von der Regulierung ausgenommen. Erst dadurch wird das Terminal für potentielle Investoren und Abnehmer von fossilem Gas attraktiver, weil entgegen der sonst geltenden Wettbewerbsregeln unter anderem langfristige Abnahmeverträge für das Erdgas geschlossen werden dürfen. Die Kommission hat ihre Entscheidung dabei mit Auflagen verbunden, wonach sichergestellt werden muss, dass die Freistellung weder eine marktbeherrschende Position des Terminals begünstigt noch die Funktionsfähigkeit des regulierten Gasnetzes beeinträchtigt. Die genaue Ausführung ist noch offen.
Die DUH kritisiert, dass Klimaschutzaspekte bei der Prüfung durch die Kommission keine Rolle spielten, obwohl das EU-Recht hierfür Spielraum bietet. Der positive Bescheid der Bundesnetzagentur, den die Kommission nun unter Auflagen bestätigt hat, beruht zudem auf einem Geheimgutachten, das von der betroffenen Antragstellerin selbst bezahlt wurde.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: "Sonderregeln für den Import von Fracking-Gas: Die Entscheidung der Kommission ist ein Schlag ins Gesicht für alle, die auf eine ambitioniertere Klimapolitik hoffen. Der Erdgasbedarf wird selbst nach den eigenen Prognosen der Bundesregierung fallen. Trotzdem sehen sich die Betreiber in der Errichtung einer massiven, unnötigen und gefährlichen fossilen Infrastruktur bestätigt, die eine Mindestlebensdauer von 30 Jahren hat. Mit einer Gewährung von Wettbewerbsvorteilen für 25 Jahre wird das Ziel Klimaneutralität bis 2045 mit Füßen getreten. Eine angebliche spätere Nutzung für 'grüne Gase' bleibt dabei mangels konkreter Pläne ein vollkommen unglaubwürdiges Märchen der fossilen Lobby, um ihr Geschäftsmodell auch in Zeiten der Klimakrise weiter vorantreiben zu können. Auch wurden dazu offenbar keinerlei Auflagen erlassen - ganz im Gegenteil: Die Ausnahme von der Regulierung gilt explizit nur für fossiles LNG und nicht für klimaschonend produzierten Wasserstoff oder dessen Derivate. Bereits im Februar hatte ein durch uns in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zudem gezeigt, dass eine Freistellung von Wettbewerbsregeln rechtswidrig wäre. Sollte German LNG einen Genehmigungsantrag stellen, werden wir alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um dieses unsinnige und klimafeindliche Projekt aufzuhalten."
Hintergrund
Bereits im Juli 2018 hatte die German LNG Terminal GmbH als Vorhabensträgerin einen Antrag auf Freistellung von der Tarif- und Netzzugangsregulierung gemäß § 28a EnWG eingereicht. Die Bundesnetzagentur hatte diesen Antrag als zuständige nationale Regulierungsbehörde im November 2020 positiv beschieden. Anschließend musste dieser Bescheid nach EU-Recht durch die EU-Kommission geprüft werden. Die DUH hatte daraufhin im Februar 2021 ein Rechtsgutachten bei der Kommission eingereicht, in dem aufgezeigt wird, dass die geplante Freistellung EU-Recht widersprechen würde.
Neben Brunsbüttel laufen auch in Stade Pläne zur Errichtung eines LNG-Importterminals. Auch in Wilhelmshaven war bis vor kurzem ein LNG-Terminal durch das deutsche Energieunternehmen Uniper geplant. Der Konzern beerdigte seine Projekte jedoch aufgrund fehlender Marktnachfrage und nach massiven Protesten der Zivilgesellschaft. Die Deutsche Umwelthilfe stellt sich zusammen mit lokalen Bürgerinitiativen gegen die Terminalpläne.
Links:
Hier finden Sie das Rechtsgutachten der DUH zur Regulierungsfreistellung: http://l.duh.de/p210504a
Pressekontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz
0160 4334014, zerger@duh.de
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