Dosenpfand: Deutsche Umwelthilfe (DUH) erstreitet 42 Urteile gegen Pfandsünder
Einzelhandelsverband HDE ruft auf einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Internetportal zum Rechtsbruch auf
Berlin (ots)
Teile des Handels und der Getränkeindustrie provozieren systematisch Verstöße gegen die Verpackungsverordnung. Testkäufer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH) in Berlin, Düsseldorf, Köln und Hamburg haben seit dem Jahreswechsel mehrere hundert Verstöße gegen das so genannte Dosenpfand gerade bei Kleinstverkaufsstellen festgestellt und abgemahnt, teilte die Umweltorganisation in Berlin mit. Bis heute erwirkte die DUH 42 Gerichtsentscheidungen und eine ebenso große Anzahl strafbewehrter Unterlassungserklärungen. Besonders erschreckend sei das fehlende Unrechtsbewusstsein der Kioskbetreiber, die ganz offensichtlich von ihrem Einzelhandelsverband in juristische Abenteuer gelockt würden.
Vor allem in Berlin wird systematisch gegen geltendes Recht verstoßen. Durch alle Handelsstufen werden nach Recherchen der DUH massenhaft pfandfreie Getränke vorrangig über so genannte Kleinstverkaufsstellen auf den Markt gebracht. Ganze LKW-Ladungen illegaler Ware gelangten in den Handel. In besonders großen Mengen würden unmarkierte Getränke der Einweg-Brauereien Berliner Kindl und Becks angeboten.
"Es ist erkennbare Strategie der Einweglobby, einen Flächenbrand auszulösen und vor allem rechtlich unerfahrene Händler zum Rechtsbruch zu ermutigen", so Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH). "Es ist unglaublich, mit welcher Dreistigkeit Teile des Handels und der Getränkeindustrie den Rechtsstaat seit Jahren herausfordern. Was wir erleben, ist der schleichende Übergang zur organisierten Kriminalität.
Nach Informationen der DUH steckt hinter diesem Handel System und Kalkül: Ausgerechnet auf einer vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Internetseite (www.einzelhandel.de) erklärt beispielsweise der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels (HDE), Holger Wenzel, unter der Überschrift "Import-Dosen sofort pfandfrei" bis zum heutigen Tag: "Ausländische Einweggetränke können ab sofort pfandfrei in Deutschland verkauft werden."
Die DUH hatte bereits vor Wochen dem HDE in diesem Zusammenhang einen "Aufruf zum Rechtsbruch" vorgeworfen. In einem Schreiben fordert die DUH Wirtschaftsminister Wolfgang Clement auf, dem HDE sofort zu untersagen, auf einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Internetportal, Handelsunternehmen, die sich dort informieren wollen, falsch zu informieren und in teure und aussichtslose Gerichtsverfahren zu treiben. "Was Wenzel macht, ist verantwortungslos vor allem gegenüber den kleinen Gewerbetreibenden", so Resch.
Auch der Lebensmittelkonzern REWE hat seinen Kampf gegen die Pfandpflicht immer noch nicht eingestellt. Der ehemalige REWE-Chefjustiziar, Rechtsanwalt Dr. Meier, vertritt die Unternehmensgruppe nach wie vor in mehreren Verfahren. Im Januar 2005 stellte Meier beim OVG Berlin in den Verfahren 2 S 69.04 (Rewe Weiß) und 2 S 71.04 (Rewe Markt Ridders) unter Bezugnahme auf die EuGH-Entscheidungen vom Dezember 2004 erneut Anträge gegen das Dosenpfand. Ebenfalls im Dezember 2004 war sich Meier nicht zu schade, bei der Staatsanwaltschaft Berlin Strafanzeige gegen einen Vorsitzenden Richter am Landgericht Berlin wegen angeblicher Rechtsbeugung zu stellen. Der Richter hatte am 22. Dezember 2004 einem Einzelhändler untersagt, Einweggetränke entgegen der Rechtslage pfandfrei zu verkaufen.
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