EU-Energiepässe für Gebäude: Regierungsentwurf zu Gebäudepässen gefährdet Zehntausende neuer Arbeitsplätze
Berlin (ots)
Deutscher Mieterbund und Deutsche Umwelthilfe: Regierungsentwurf zur Energieeinsparverordnung innovationsfeindlich / Millionen Mieter und Käufer betroffen / Fehlentscheidung zugunsten der Wohnungswirtschaft droht / Jetzt mit verbraucherfreundlichen Standards Investitionen auslösen, Arbeitsplätze schaffen und Klima schützen!
Der ab 2006 EU-weit vorgeschriebene Energieausweis für Gebäu-de droht in Deutschland weitgehend wirkungslos zu bleiben. Nach Informationen des Deutschen Mieterbundes (DMB) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) würde die im Regierungsentwurf der Energieeinsparverordnung vorgesehene Ausgestaltung des neuen Energiepasses weder den Energieverbrauch für potenzielle Mieter oder Käufer transparent machen, noch die erhoffte Sanierungswelle im Altbaubestand auslösen. Die Energievergeudung ginge weiter und würde Mietern bei weiter steigenden Energiepreisen immer höhere Nebenkosten abverlangen. Fortschritte beim Klimaschutz blieben weit unter den erwarteten Möglichkeiten.
Nach der zugrunde liegenden EU-Richtlinie hat ab 2006 jeder, der eine Wohnung neu anmietet oder kauft, das Recht, sich einen Energiepass vorlegen zu lassen. Am morgigen Dienstag soll der mangelhafte Entwurf von den Regierungsfraktionen abschließend beraten werden. DMB und DUH fordern eine grundlegende Überarbeitung.
Zentrales Manko des bisherigen Papiers: Bei der Ausstellung des Energiepasses soll es für alle Häuser mit acht oder mehr Wohneinheiten dauerhaft ausreichen, lediglich den Energieverbrauch früherer Nutzer der Wohnungen anzugeben. Auf eine Bestandsaufnahme der Bauqualität oder der Heizungsanlage des Gebäudes könnte somit verzichtet werden. Der DMB und DUH fordern hingegen den Rahmenvorgaben der EU-Gebäuderichtlinie entsprechend einen "Innovationsausweis", der nachvollziehbar und objektiv Auskunft gibt über den Energiebedarf und die Energie-Qualität des Gebäudes, unabhängig vom individuellen Verhalten früherer Nutzer. Nur so erhalten die Wohnungseigentümer wertvolle Hinweise über den Zustand des Gebäudes und über notwendige Schritte zur effizienten energetischen Sanierung der Häuser. "Der bedarfsorientierte Energieausweis wäre ein Innovationsmotor für Deutschland. Er würde Milliarden-Investitionen in Gebäudesanierung und Klimaschutz auslösen, zehntausende neuer Arbeitsplätze schaffen und nicht zuletzt die nationale Energierechnung senken. Die energetische Sanierung steigert den Wert der Immobilien und hilft Millionen Mietern, Energiekosten zu sparen.Der reine Verbrauchspass, den die Wohnungswirtschaft gebetsmühlenartig fordert, wäre dagegen kaum das Papier wert, auf dem er geschrieben werden soll. Wo wäre da der Modernisierungsanreiz?", fragt Stefan Bundscherer, DUH-Bevollmächtigter für Klimaschutz.
Der Deutsche Mieterbund hat fünf zentrale Kriterien für einen verbraucherfreundlichen Pass erarbeitet: Der Energiepass für Gebäude muss bundesweit gelten, er muss bundesweit einheitlich sein und ein einfaches und verständliches Bewertungsschema enthalten; die Bewertung der Immobilie muss sich am energetisch optimalen Baustandard (Passivhaus) orientieren und an Gütesiegeln, die auf dem Markt bereits eingeführt sind, wie z.B. die Kennzeichnung so genannter "weißer Ware" im Elektrobereich, also von Kühlschränken, Waschmaschinen usw..
Dr. Franz-Georg Rips, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes: "Wir haben jetzt die Chance, ein Gütesiegel auf dem Wohnungsmarkt einzuführen, das echte Transparenz für Mieter und Käufer bringt. Die Regierung muss jetzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen für einen Pass schaffen, der objektive Informationen über den energetischen Zustand eines Gebäudes bietet, Vergleichbarkeit aller Objekte, ob Neubau, Altbau, Einfamilienhaus oder Hochhaus, gewährleistet und eine Klassifizierung enthält, die auch für Verbraucherinnen und Verbraucher ohne Ingenieurstudium verständlich ist."
DMB und DUH fordern, dass sich der Energiepass am Energiebedarf eines Gebäudes orientiert. Unabdingbar seien konkrete gebäudebezogene Modernisierungsempfehlungen. Die Bewertung des Gebäudes müsse in Klassen, beginnend von A (Passivhaus-standard) bis I (Energieverschleuderer), erfolgen. Dies sei notwendig, um die Energieklasse in Immobilien-Inseraten einfach darstellen zu können.
"Die Versuche der Verbände der Hauseigentümer und Vermieter, einen reinen Verbrauchspass auf Basis der Heizkostenabrechnung einzuführen, zielen darauf ab, ein innovatives Instrument von vornherein zahnlos zu machen. Wir wollen strenge energetische Standards, damit der Modernisierungsstau bei Wohngebäuden in Deutschland zügig aufgelöst wird. Dies bringt Transparenz in den Wohnungsmarkt, erspart Mietern und Hausbesitzern Heizkosten und birgt darüber hinaus ein enormes Jobpotenzial für die mittelständische Wirtschaft", fordern Rips und Bundscherer übereinstimmend.
Ein Modellvorhaben der Deutschen Energieagentur (DENA) im Jahr 2004 ergab, dass 70 % der befragten Eigentümer die Modernisierungstipps aus dem bedarfsorientierten Energiepass ganz oder teilweise umsetzen wollten. Bei rund 30% der selbstnutzenden Eigentümer und der privaten Vermieter gab der Pass den Anstoß für eine Modernisierung. Weitere 30% aller Eigentümer nutzen den Pass, um eine geplante Modernisierung zu "optimieren" und energiesparende Maßnahmen zu integrieren, so die DENA.
Nach Angaben von DUH und DMB fallen 95% des Energieverbrauches im Gebäudebestand in Altbauten an, die bis 1982 errichtet wurden - also in einer Zeit ohne jegliche Vorgaben für den Wärmeschutz. Der am Bedarf der Gebäue orientierte "Innovationspass" ist in der Regel für unter 200 Euro zu haben. Bei einem Mehrfamilienhaus liegen die Kosten unter 300 Euro.
Pressekontakt:
Stefan Bundscherer, Bevollmächtigter für Energiewirtschaft und
Klimaschutz, Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH), Hackescher Markt 4,
10178 Berlin, Tel.: 030/258986-23, Fax.: 030/258986-19, Mobil:
0177/3323300, bundscherer@duh.de
Dr. Franz-Georg Rips, Bundesgeschäftsführer, Deutscher Mieterbund
e.V., Littenstr. 10, 10179 Berlin, Tel. 030 22323-0, Fax. 030
22323-100, Email: franz-georg.rips@mieterbund.de
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