Der Tagesspiegel: Der "Tagesspiegel am Sonntag" (6. Januar) bringt zum Thema "Mythos 1968" ein großes Interview mit Hendrik Simons, 52, der als Heintje berühmt wurde
Berlin (ots)
Im Jahr 1968 war Heintje 13, mit seinen Liedern war er 35 Wochen lang die Nummer 1 der Hitparade. Nicht die Doors, die Stones, die BeeGees oder die Beatles waren die Stimme von 68, sondern ein Junge aus Holland, der "Mama" sang und "Heidschibumbeidschi". Heute sagte er, er habe "die finanzielle Dimension der ganzen Sache, meine Wichtigkeit, nicht überblickt". Der Sänger tourt noch immer, zuletzt durch kleinere Städte der neuen Bundesländer, wo er nach der Wende mehr als acht Millionen CDs verkaufte: "Die Leute konnten lange keine Westkünstler live hören, vielleicht erklärt es das. Finanziell war das nett." Insgesamt verkaufte "Heintje" mehr als 40 Millionen Platten, "ich habe ausgesorgt". Er bekomme zwar nur noch ein Zehntel seiner früheren Gagen, "aber bin ich deshalb erfolglos? Quatsch! Ich wusste, dass der Erfolg von Heintje nicht zu toppen ist - wer hat ihn den getoppt? Niemand."
Unter anderem sagte Hendrik Simons (Heintje):
Warum er als "Bravo"-Star selbst die Zeitschrift "Bravo gelesen hat: "Da standen genau die Sachen drin, die man nicht lesen sollte. Mehr noch ging es um die Bilder, da war ein bisschen nackte Haut zu sehen. Ich wollte wie jeder gesunde junge Mensch wissen, was da los ist."
Wie er als Pubertierender die 68er-Zeit erlebt hat: "Mit meinen Eltern konnte ich nie über Sex reden. Meinen Vater und meine Mutter habe ich nie nackt gesehen, das war so in dieser Generation. Die haben sogar im Schlafzimmer ein Tuch über die Türklinke gehängt, damit wir nicht durchs Schlüsselloch spähen konnten. Heute sind wir mit den Kindern viel freizügiger, wir laufen nackt durch die Wohnung und finden daran nichts Schlimmes ..."
Über seine sexuelle Aufklärung: "Ich wurde nicht durch "Bravo" aufgeklärt, sondern durch das Leben. Die Frau war älter als 30, das hilft schon, wenn man noch so jung ist. Danach hatte ich ein ganz schlechtes Gefühl: Darf man das mit 14? Das macht man nicht!"
Wie seine Lieder in die Zeit von Jimi Hendix, den Stones und den Doors passten: "Die Altersgruppe von 14 bis 25 war nicht unbedingt meine Klientel. Ich war für die Kleinen und die Eltern da. Ich habe die heile Welt verkörpert. Ich habe schon mit Leuten am Tisch gesessen, die sagten: Früher konnte ich Sie nicht ausstehen. Ich fragte: Warum, kennen wir uns? Die sagten, nein, aber Heintje wurde von den Eltern immer als Vorbild hingestellt, wenn wir mal frech waren, Heintje war so brav, so nett, so gut erzogen."
Über die Zeit als 18jähriger, als er Millionär war und die große Karriere zuende: "Ich hatte so eine wilde Phase, da habe ich mitgenommen, was kam. Ich habe die eine Frau abgeliefert und bin zur nächsten gefahren. Ich habe nicht darüber nachgedacht, warum die gerade mich wollen. Ich bin zu jeder nett gewesen, aber im Grunde war ich kurz davor, den Respekt vor Frauen zu verlieren. Man sollte niemanden so behandeln, wie ich das getan habe."
Ob er in Diskotheken der große Eintänzer war? "Nein, ich war der Gucker, ich stand ruhig da, Augenkontakt. Die anderen haben sich auf der Tanzfläche verausgabt, ich habe die Mädchen abgeschleppt."
Über sein Image als Schnulzensänger: "Man wirft Sängern wie mir vor, du bist so seicht, so lieb. Aber wenn ich neue Lieder mache wie "Im tiefsten Dschungel fällt Schnee", also etwas Umweltmäßiges, dann traut sich keiner ran! Keine Firma koppelt es als Single aus, kein Redakteur spielt es im Radio. Sie sagen, bring' doch mal anspruchsvolles Niveau, und wenn ich vom Klimawandel singe, heißt es: Jetzt dreht er durch, jetzt wird er verrückt."
Wie es ist, ewig der kleine Heintje zu sein: "Es gab Zeiten, da fand ich es richtig blöd, wenn mich jemand Heintje nannte. Meine Familie und meine Freunde nennen mich Hein. Soll ich den Leuten etwa sagen, dass sie mich nicht mehr Heintje nennen dürfen? Dann wären die doch enttäuscht. Heute schreiben die cleveren Veranstalter "Hein 'Heintje' Simons" aufs Plakat. Ich habe meinen Frieden damit gemacht."
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