Der Tagesspiegel: Normalbürger hinterziehen mehr Steuern als Reiche
Berlin (ots)
Bezieher unterer und mittlerer Einkommen hinterziehen in Deutschland mehr Steuern als Reiche. Das geht aus Berechnungen des Linzer Wirtschaftsprofessors Friedrich Schneider hervor, die dem "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe) vorliegen. Bürger mit einem Monatseinkommen von bis zu 4000 Euro schleusen nach seinen Schätzungen 12 bis 15 Milliarden Euro pro Jahr an der Steuer vorbei. Rechnet man den Schaden hinzu, den Gutverdiener verursachen, gehen dem Fiskus insgesamt bis zu 25 Milliarden Euro verloren. "Steuerhinterziehung ist die Rache des kleinen Mannes an der Gier der Großen", sagte Schneider dem Tagesspiegel.
Allein auf die Einkommensteuer entfallen bei der Steuerhinterziehung durch untere und mittlere Verdiener acht Milliarden Euro, sagte der Ökonom. Der Rest gehe auf das Konto der indirekten Steuern, vor allem der Mehrwertsteuer. So hinterziehen die Bürger Steuern, indem sie etwa im Ausland tanken, geschmuggelte Zigaretten rauchen, selber schwarzarbeiten oder Schwarzarbeiter beschäftigen. "Das Unrechtsbewusstsein schrumpft, wenn die Eliten Gesetze brechen", kritisierte Schneider mit Blick auf den Fall Zumwinkel. Zudem sei Steuerhinterziehung durch Schwarzarbeit weniger schlimm, als wenn ein Manager sein Geld nach Liechtenstein transferiert. "Immerhin leisten Schwarzarbeiter etwas und steigern die Wirtschaftsleistung - dazu trägt die Steuerhinterziehung der Reichen meist nicht bei."
Schneider begrüßte es, dass der Fiskus wie im Fall Zumwinkel auch zu unkonventionellen Ermittlungsmethoden greift, um an die Daten von Steuerhinterziehern zu kommen. "Das ist das Effizienteste, was man tun kann", befand er. Die Straftäter könnten nun nicht mehr hoffen, durch die breiten Maschen des Ermittlernetzes zu schlüpfen. "Das schreckt gewaltig ab und verbessert die Zahlungsmoral der Bürger." Außerdem müsse der Staat mehr Steuerfahnder einstellen und viel mehr Steuerprüfungen vornehmen. "Es würde allein schon eine Menge bringen, wenn die Länder einen Teil der Einnahmen aus den Steuerprüfungen behalten dürften - bislang fließt dieses Geld vollständig an den Bund."
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